OGH 7Ob102/11t

OGH7Ob102/11t6.7.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei W***** K*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Mag. Norbert Marschall, Rechtsanwälte OG in Wien, gegen den Gegner der gefährdeten Partei DI W***** K*****, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 382e EO, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25. März 2011, GZ 45 R 91/11g-19, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 402 Abs 2 iVm 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Judikatur kommt es bei der Beurteilung der Unzumutbarkeit eines weiteren Zusammenlebens nach § 382b EO, was auch für das weitere Zusammentreffen nach § 382e EO gilt, auf das Ausmaß, die Häufigkeit und Intensität der angedrohten oder gar verwirklichten Angriffe sowie bei - ernst gemeinten oder als solche verstandenen - Drohungen auf die Wahrscheinlichkeit deren Ausführung an. Je massiver das dem Antragsgegner zur Last fallende Verhalten auf die körperliche und seelische Integrität des Opfers eingewirkt hat, desto eher wird nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalls von einer Unzumutbarkeit auszugehen sein. Je leichtere Folgen das Verhalten des Antragsgegners gezeitigt hat, je länger es - ohne weitere „einschlägige“ Vorkommnisse - zurückliegt und je mehr sich der Antragsgegner in der Folge bewährt hat, desto eher wird man dem betroffenen Ehegatten das weitere Verbleiben oder Zusammentreffen zumuten können (vgl RIS-Justiz RS0110446). Wird „Psychoterror“ ausgeübt, ist die Auswirkung gerade auf die Gesundheit des Antragstellers von Bedeutung; nicht maßgeblich ist hingegen, was ein Durchschnittsmensch als Psychoterror empfindet (1 Ob 156/10p mwN). Die subjektive Auslegung des Begriffs „Psychoterror“ kann aber nicht so weit gehen, dass jegliches Verhalten, das nicht den normalen Umgangsformen entspricht, aus einer subjektiven Sichtweise heraus die Unzumutbarkeit begründen könnte (RIS-Justiz RS0121302). Die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten einer Person unzumutbar ist, stellt grundsätzlich keine Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0123926, RS0118857).

Die gefährdete Partei (Antragstellerin) konnte die in ihrem Antrag behauptete Bedrohung und Wegnahme der Wohnungsschlüssel durch den Gegner der gefährdeten Partei (Antragsgegner) nicht bescheinigen. Vielmehr steht fest, dass sich der Antragsgegner lediglich gegen das Festhalten durch die Antragstellerin gewehrt hat. Es ist zwar bescheinigt, dass die Antragstellerin - auch aufgrund ihrer Erkrankung - sehr ängstlich auf die Besuche des Antragsgegners im Haus reagiert und sich bedroht fühlt. Nicht bescheinigt ist aber, dass bereits diese ganz vereinzelt vorkommenden Zusammentreffen den Gesundheitszustand der Antragstellerin verschlechtern. Ein die Gesundheit gefährdendes Zusammenleben liegt nicht vor, weil die Streitteile schon seit mehreren Jahren getrennt leben. Die Ansicht des Rekursgerichts, der Antragstellerin sei es nicht gelungen, Tatsachen zu bescheinigen, aus denen sich ableiten ließe, sie werde durch das Verhalten des Antragsgegners so beeinträchtigt, dass ihr sogar ein - wie bisher nur äußerst seltenes - Zusammentreffen unzumutbar sei, ist daher vertretbar. Sollte aber der Antragsgegner ohne einen objektiv notwendigen Anlass mit der Antragstellerin in Zukunft häufiger Kontakt aufnehmen oder mit ihr zusammentreffen, obwohl er weiß, dass sie sich - insbesondere aufgrund ihrer Krankheit - vor ihm fürchtet, und es damit darauf anlegen, sie zu beunruhigen oder auf sie Druck auszuüben, so steht einer neuerlichen Antragstellung nach § 382e EO nichts entgegen.

Die Entscheidung des Rekursgerichts hält sich im Rahmen der oben dargelegten Judikatur. Eine erhebliche Rechtsfrage wurde nicht geltend gemacht. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§§ 528a iVm 510 Abs 3 ZPO).

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