Spruch:
Das Urteil des Landesgerichts Linz vom 3. August 2010, GZ 27 Hv 109/10x-11, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 288 Abs 2 zweiter Fall StGB.
Dieses Urteil wird aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Linz verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.
Text
Gründe:
Mit in gekürzter Form ausgefertigtem Urteil des Landesgerichts Linz vom 3. August 2010, GZ 27 Hv 109/10x-11, wurde Günther K***** des Verbrechens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und nach § 288 Abs 2 StGB unter Anwendung des § 43a Abs 2 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen á vier Euro, im Nichteinbringungsfall zu 60 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, sowie zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er am 2. Juli 2008 in Traun vor dem Bezirksgericht Traun in der Verlassenschaftssache nach Ignaz Franz E*****, AZ 6 A 137/07w, verstorben am 19. Februar 2007, als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache durch die Äußerung: „Ich habe letzte Woche weder Herrn M***** noch die beiden anderen Zeugen W***** und S***** getroffen“, falsch ausgesagt und die falsche Aussage mit einem Eid bekräftigt.
Dieser Schuldspruch steht - wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Rechtliche Beurteilung
Das Verbrechen nach § 288 Abs 2 zweiter Fall StGB begeht, wer vor Gericht eine falsche Beweisaussage (Abs 1) mit einem Eid bekräftigt. Durch eine falsche Beweisaussage unter einem gesetzlich nicht vorgesehenen Eid wird der Tatbestand nicht verwirklicht; die falsche Beweisaussage ist diesfalls (nur) nach Abs 1 leg cit strafbar (Plöchl/Seidl in WK² § 288 Rz 47; Fabrizy StGB10 § 288 Rz 9).
Nach den Urteilsannahmen wurde die eidlich bekräftigte falsche Beweisaussage im Verlassenschaftsverfahren nach dem am 19. Februar 2007 verstorbenen Ignaz Franz E***** abgelegt. Nach der Übergangsbestimmung des § 205 des (am 1. Jänner 2005 in Kraft getretenen) Außerstreitgesetzes, BGBl I 2003/111, sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf Verlassenschaftsverfahren anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2004 erstmals bei Gericht oder beim Gerichtskommissär anhängig gemacht wurden, sofern sie nicht schon früher eingeleitet hätten werden können. § 35 des - somit vorliegend anzuwendenden - Außerstreitgesetzes idgF bestimmt, soweit (im Einzelnen) nichts anderes angeordnet ist, für das Beweisverfahren ausdrücklich, dass im Außerstreitverfahren die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder einer Partei nicht stattfindet; Gegenteiliges wird weder in den Bestimmungen über das Verlassenschaftsverfahren (§§ 143 ff leg cit), noch in jenen über das Verfahren über das Erbrecht (§§ 161 ff leg cit), angeordnet.
Die Subsumtion unter den Tatbestand des § 288 Abs 2 zweiter Fall StGB erfolgte daher rechtsirrig. Da die aufgezeigte Gesetzesverletzung geeignet ist, zum Nachteil des Verurteilten zu wirken, war das Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen (§ 292 letzter Satz StPO).
Eine unter einem erfolgte Verletzung auch der Bestimmung des § 270 Abs 4 Z 2 StPO liegt jedoch - entgegen den Ausführungen der Generalprokuratur - nicht vor, weil die gekürzte Urteilsausfertigung all jene Tatsachenfeststellungen enthält (Konkretisierung des gerichtlichen Verlassenschaftsverfahrens sowie Inhalt und Zeitpunkt der inkriminierten Beweisaussage), die für die rechtliche Beurteilung erforderlich sind und diese nachvollziehbar und überprüfbar machen (vgl Danek, WK-StPO § 270 Rz 60; RIS-Justiz RS0125764). Daraus ergibt sich, dass das Erstgericht aus den getroffenen Konstatierungen schlicht einen falschen rechtlichen Schluss gezogen hat, ihm jedoch kein Rechtsfehler mangels Feststellungen ieS unterlaufen ist (zur Abgrenzung vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 605, 611).
Im erneuerten Verfahren wird mit Beziehung auf die in § 586 ABGB in der Fassung vor dem FamErbRÄG 2004, BGBl I 2004/58, als Gültigkeits- bzw Wirksamkeitsvoraussetzung einer mündlichen letzten Anordnung vorgesehen gewesene eidliche zeugenschaftliche Bestätigung derselben Folgendes zu beachten sein:
§ 586 ABGB wurde zwar mit dem (am 1. Jänner 2005 in Kraft getretenen) FamErbRÄG 2004, BGBl I 2004/58, aufgehoben (Art I Z 29), war aber gemäß der Übergangsbestimmung des Art IV § 3 Abs 1 Z 1 und Abs 2 leg cit auf letztwillige Verfügungen, die vor dem 1. Jänner 2005 errichtet wurden (bzw worden sein sollen), weiter anzuwenden.
Auch im Fall einer Anwendbarkeit des § 586 ABGB aF in der vorliegenden Verlassenschaftssache (vgl ON 4 S 33) wäre die hier inkriminierte falsche Beweisaussage über ein in Abrede gestelltes Zusammentreffen des Verurteilten mit Zeugen nicht von der nach § 586 ABGB aF geforderten Eidesleistung umfasst, weil sich diese ausschließlich auf Existenz und Inhalt der behaupteten letztwilligen Verfügung zu beziehen hat (vgl 9 Ob 5/07m). Ob der Angeklagte aber in Bezug auf die Testamentserrichtung einen inhaltlich falschen Eid geschworen hat, ist derzeit nicht Gegenstand des Verfahrens.
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