OGH 8ObA20/11s

OGH8ObA20/11s29.6.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kuras und Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Helwig Aubauer und Peter Schleinbach als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. G***** A*****, vertreten durch Plankel Mayrhofer & Partner, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Kraft & Winternitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 4.342,02 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 31. Jänner 2011, GZ 7 Ra 143/09i-22, mit dem das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 29. Juni 2009, GZ 6 Cga 1/07w-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin war vom 1. 2. 2002 bis 30. 9. 2003 auf Basis eines Agentenvertrags als Vermittlerin von Finanzdienstleistungen für die Beklagte tätig. Die Vergütungsordnung war integrierender Bestandteil des Vertrags und regelte insbesondere das Entstehen des Vergütungsanspruchs sowie die Abrechnungsmodalitäten. Sie enthält auszugsweise folgende Bestimmungen:

„1. Entstehen des Vergütungsanspruchs

1.1 Der Anspruch auf Vergütung entsteht, wenn der Antrag des Agenten zum Abschluss eines Vertrags zwischen dem Mandanten und der Partnergesellschaft von [der Beklagten] geführt hat.

1.2 Der Agent hat erst dann Anspruch auf Vergütung, wenn der Mandant die Prämie oder sonstige Vermögenswerteleistung bezahlt und [die Beklagte] die ihr daraus zustehende Provision von der Partnergesellschaft zur Gänze erhalten hat.

1.5 Keine Vergütungsansprüche gebühren für die Rückwerbungen von Verträgen, die sich noch in der Stornohaftungszeit befinden oder die wegen Zahlungsverzugs von der Partnergesellschaft gekündigt worden sind.

2. Leistung von Vorschüssen

2.1 Zahlungen und Gutschriften, die [die Beklagte] vor Ablauf der Stornohaftungszeit leistet bzw vornimmt, werden ausschließlich als Vorschuss gewährt. Der Vergütungsanspruch selbst entsteht erst nach Ablauf der Stornohaftungszeit. Werden Verträge vor Ablauf der Stornohaftungszeit aufgelöst oder verändert, werden die anteiligen bereits bevorschussten Vergütungen storniert und das Storno in der Abrechnung ausgewiesen.

3. Abrechnungsmodalitäten

3.1 Die Abrechnung erfolgt monatlich im Rahmen eines Kontokorrentkontos, wobei innerhalb dieses Kontos sämtliche Gutschriften, Belastungen und Zahlungen erfasst werden.

4. Stornoreserve

4.1 Zur Sicherung der bevorschussten Vergütung wird von allen Gutschriften eine Reserve einbehalten.

7. Sonstige Bestimmungen

7.5 … Die von [der Beklagten] erteilten Abrechnungen gelten als sachlich und rechnerisch anerkannt, wenn ihnen nicht innerhalb von einem Monat schriftlich widersprochen wird.“

Die Stornoreserve der Klägerin wies bei Vertragsbeendigung ein Guthaben auf. In der Folge wurde dieses Guthaben verwendet, um den negativen Saldo auf dem Verrechnungskonto der Klägerin, der aufgrund von Stornierungen von durch die Klägerin vermittelten Verträgen entstanden war, auszugleichen.

Die Klägerin begehrte die Auszahlung des Guthabens auf ihrem Stornoreservekonto. Sie habe keine Stornos während der Stornohaftungszeit zu verantworten. Über drohende Stornierungen sei sie nicht informiert worden. Ihr sei auch nicht mitgeteilt worden, wann und aus welchem Grund Vertragsstornierungen erfolgt seien. Im Agentenvertrag sei überdies ein Kompensationsverbot vereinbart gewesen. Bei der einbehaltenen Stornoreserve handle es sich um eine Kaution im Sinn des Kautionsschutzgesetzes. Die Beklagte habe entgegen § 7 Abs 2 MaklerG nicht nachgewiesen, dass sie von den Partnergesellschaften erhaltene Provisionen zurückgezahlt habe. Ebensowenig habe sie nachgewiesen, dass sie zur Rückzahlung verpflichtet gewesen sei und die Partnergesellschaften alle zumutbare Schritte unternommen haben, den Kunden zur Ausführung des Geschäfts zu veranlassen.

Die Beklagte entgegnete, dass sie berechtigt gewesen sei, negative Salden auf dem Verrechnungskonto aus Vertragsstornierungen mit der Stornoreserve auszugleichen. Auf diese Weise seien nur Vorschüsse gegenverrechnet worden, weil vor Ablauf der Stornohaftungszeit die Provisionen nur bevorschusst worden seien. Die Klägerin habe regelmäßig die Provisionsabrechnungen erhalten und dagegen keine Einwände erhoben. Die Bestimmungen des Kautionsschutzgesetzes seien auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anzuwenden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Vor Ablauf der Stornohaftungszeit seien im Stornierungsfall nur Vorschüsse verrechnet worden. Eine vertrags- oder gesetzwidrige Vorgangsweise sei darin nicht gelegen. Das Kautionsschutzgesetz sei von der Beklagten nicht verletzt worden, weil weder eine Kaution bestellt noch ein Darlehen gewährt worden sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Eine Vereinbarung, wonach der Provisionsanspruch erst nach Eingang der Prämie und nur unter der Bedingung erworben werde, dass die Versicherung durch die volle vereinbarte Dauer aufrecht bleibe, widrigenfalls die Provision anteilsmäßig rückzuvergüten sei, sei nicht sittenwidrig. Ein generelles Verbot der kontokorrentmäßigen Abrechnung sei der Vergütungsordnung nicht zu entnehmen. Die Stornoreserve widerspreche auch nicht dem Kautionsschutzgesetz. Zu § 7 Abs 2 MaklerG sei das Vorbringen der Klägerin unsubstanziiert geblieben.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in der Weise abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde.

Mit ihrer vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, die Revision zurückzuweisen, in eventu dieser den Erfolg zu versagen.

Die Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig, weil die Vorinstanzen den relativ zwingenden Charakter des § 9 Abs 3 HVertrG nicht beachtet haben. Die Revision ist im Sinn des subsidiären Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.1 Der Hinweis der Klägerin auf das Kompensationsverbot in Pkt 4.3 des Agentenvertrags ist nicht berechtigt. Pkt 3.1 der Vergütungsordnung sieht ausdrücklich vor, dass die Abrechnung der Provisionen im Rahmen eines Kontokorrentkontos vorgenommen wird. Diese speziellere Regel geht der allgemeinen Bestimmung des Agentenvertrags vor.

Soweit die Klägerin neuerlich die Ansicht vertritt, die Stornohaftungszeit sei nicht konkretisiert, weil Pkt 5.1 der Vergütungsordnung über „die Rückwerbungen von Verträgen“ mangels Bestimmtheit unwirksam sei, weicht sie von der von den Vorinstanzen ermittelten Sachverhaltsgrundlage ab.

1.2 Die Klägerin vermag auch nicht näher zu begründen, warum es sich bei der vorläufig einbehaltenen Stornoreserve entgegen den Überlegungen der Vorinstanzen um eine Kaution im Sinn des Kautionsschutzgesetzes handeln soll. Der Hauptzweck des Kautionsschutzgesetzes liegt darin, den Missbrauch von Sicherstellungen für Erfüllungsansprüche und unbestimmte künftige Schadenersatzansprüche des Dienstgebers (hier des Unternehmers) durch die Verwendung im Geschäftsbetrieb des Dienstgebers vorzubeugen (8 ObA 57/06z). Ein Verstoß gegen die zugrundeliegenden Tatbestände ist nicht erkennbar.

1.3 Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht auf § 7 Abs 2 MaklerG bzw auf sich daraus ergebende „Schutzwirkungen zu ihren Gunsten“ berufen. Eine derartige Schutzwirkung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei der in Rede stehenden Bestimmung nach ihrem Inhalt um die korrespondierende Norm zu § 9 Abs 3 HVertrG, die auch auf das Verhältnis der Streitteile anzuwenden ist, handelt. § 7 Abs 2 MaklerG gelangt daher nur im Verhältnis zwischen der Beklagten und deren Partnergesellschaften zur Anwendung.

2.1 Der Hinweis der Klägerin auf die (relativ zwingende) Beweislastregel des § 9 Abs 3 HVertrG erweist sich jedoch als berechtigt.

Nach der Tatsachengrundlage haben die Vorinstanzen bedenkliche Vertragsstornierungen und Provisionsrückverrechnungen durch die Beklagte verneint. Die Argumentation der Klägerin bezieht sich jedoch nicht auf die Manipulation der Provisionsabrechnungen, sondern darauf, dass die Vorinstanzen in Bezug auf die Rückforderung bereits verdienter Provisionen von einer unrichtigen Behauptungs- und Beweislastverteilung ausgegangen seien und ihr zu Unrecht die Beweislast im Zusammenhang mit den Vertragsstornierungen auferlegt hätten. Zudem beruft sie sich auf die Nichtigkeit der in Pkt 7.5 der Vergütungsordnung vereinbarten Widerspruchspflicht gegen die übermittelten Provisionsabrechnungen.

2.2 Zu den Vertragsstornierungen hat die Klägerin vorgebracht, dass die Beklagte aus sämtlichen von ihr vermittelten Geschäften die Provision von den Partnergesellschaften zur Gänze erhalten habe. Sie bestreite, dass im Fall von Vertragsstornierungen von den Partnergesellschaften alle zumutbaren Schritte unternommen worden seien, um die Kunden zur Ausführung des Geschäfts zu veranlassen. Ebenso bestreite sie, dass die Beklagte lukrierte Provisionen aufgrund von Vertragsstornierungen wieder an die Partnergesellschaften zurückgezahlt habe. Im Fall derartiger Rückzahlungen wäre die Beklagte dazu nicht verpflichtet gewesen.

Mit Rücksicht auf diese Behauptungen kann der Klägerin nicht vorgehalten werden, zur Beweislastregel des § 9 Abs 3 HVertrG kein ausreichendes Vorbringen erstattet zu haben. Die Behauptungen, dass nach dem Entstehen des Provisionsanspruchs die Ausführung der Geschäfte aus Umständen in der Sphäre der Beklagten unterblieben sei und die Beklagte Provisionen nicht zurückgezahlt habe, ist im Zweifel auf sämtliche Provisionsstornierungen zu beziehen.

2.3 Da die Bestimmungen des HVertrG 1993 auch auf den selbständigen Subvertreter anzuwenden sind (1 Ob 204/07t), ist im vorliegenden Fall auf die Beweislastregel des § 9 Abs 3 HVertrG Bedacht zu nehmen. Nach dieser Bestimmung entfällt der Anspruch auf Provision, wenn und soweit feststeht, dass der Vertrag zwischen dem Dritten (Kunden) und dem Unternehmer nicht ausgeführt wird und dies nicht auf Umständen beruht, die vom Unternehmer zu vertreten sind. Für den Fall, dass die Nichtausführung des Vertrags auf einen Zahlungsverzug des Dritten zurückzuführen ist, bestimmt Satz 2 leg cit, dass der Unternehmer nachzuweisen hat, alle zumutbaren Schritte unternommen zu haben, um den Dritten zur Leistung zu veranlassen. In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist geklärt, dass die Behauptungslast dafür, warum es zur Nichtausführung des vermittelten Geschäfts bzw zur Vertragsauflösung (Stornierung) gekommen ist, allgemein nicht den Vertreter, sondern den Unternehmer trifft, weil der Vertreter keinen Einblick in die Sphäre des Unternehmers hat, der im Einzelfall die Vertragsauflösung entweder selbst erklärt oder eine vom Kunden gewünschte Auflösung akzeptiert hat (1 Ob 204/07t).

Der Entfall einer bereits entstandenen Provision bzw deren Rückforderung durch den Unternehmer (hier die Beklagte) ist nach § 9 Abs 3 HVertrG somit nur dann berechtigt, wenn die Nichtausführung des Geschäfts (zB Zahlungsverzug des Kunden; Stornogrund) nicht der Sphäre des Unternehmers zurechenbar ist. Beim echten Untervertreterverhältnis ist die Annahme gerechtfertigt, dass „Unternehmer“ im Verhältnis zum echten Untervertreter nicht der Hauptvertreter, sondern der Vertragspartner des Hauptvertreters ist, weil die „Nichtausführung“ an die Nichterbringung der Leistung durch den Kunden anknüpft. Der entstandene Provisionsanspruch des Untervertreters entfällt daher dann bzw ist dann rückforderbar, wenn die Nichtausführung des Geschäfts nicht dem Vertragspartner des Hauptvertreters zurechenbar ist (Nocker, Kommentar zum Handelsvertretergesetz § 9 Rz 47 mit Hinweis auf die Entscheidung des BGH zu VIII ZR 31/07). Auch in Pkt 7.1 der Vergütungsordnung wird die Nichtausführung des Geschäfts auf den „Mandanten“, also auf die Leistung des Kunden bezogen.

2.4 Im gegebenen Zusammenhang ist entscheidend, dass nach Pkt 1.2 der Vergütungsordnung der Anspruch des Agenten auf die Provision erst dann entsteht, wenn der Kunde die Leistung an die Produktgesellschaft erbracht und die Beklagte von dieser die Provision zur Gänze erhalten hat. Diese Regelung steht mit § 9 Abs 2 HVertrG im Einklang und ist daher gesetzeskonform (vgl Nocker aaO § 9 Rz 48 und 57; Petsche/Petsche-Demmel, Handelsvertretergesetz § 9 Rz 47; auch 1 Ob 204/07t).

Im Fall der Nichtausführung des Geschäfts hat der Handelsvertreter bei Geltendmachung der entstandenen Provision nachzuweisen, dass das Geschäft zur Gänze oder zum Teil nicht ausgeführt wurde, der Provisionsanspruch jedoch bereits entstanden ist (Petsche/Petsche-Demmel aaO § 9 Rz 40). Dass die Umstände für die Nichtausführung des Geschäfts, also der Zahlungsverzug des Kunden bzw die Auflösungs- oder Stornogründe, nicht in seine Sphäre (bzw jene seiner Partnergesellschaft) fallen, hat der die Provision rückfordernde Unternehmer zu beweisen.

Diese Beweislastregel des § 9 Abs 3 HVertrG bezieht sich (nur) auf den Entfall bzw die Rückforderung entstandener (verdienter) Provisionen, sie gilt also erst ab dem Zeitpunkt der Zahlung der Provision durch die Partnergesellschaft an die Beklagte. Eine Rückforderung der Provision beim Agenten (nach Pkt 1.5 der Vergütungsordnung außer bei Zahlungsverzug des Kunden nur innerhalb der Stornohaftungszeit) kommt jedoch insoweit nicht in Betracht, als die Beklagte ihrerseits die Provision aus dem entsprechenden Geschäft nicht an die Partnergesellschaft zurückgezahlt hat, weil die Beklagte in diesem Fall bereichert wäre.

2.5 Solange der Provisionsanspruch im Sinn des Pkt 1.2 der Vergütungsordnung noch nicht entstanden ist, sind die Provisionsbuchungen der Beklagten (auf dem Stornoreservekonto und dem Provisionsverrechnungskonto) als echte Vorschüsse zu qualifizieren. Da es sich in diesem Stadium nicht um die Rückforderung bereits verdienter Provisionen handelt, dürfen derartige Stornoreserven zum kontokorrentmäßigen Ausgleich negativer Salden auf dem Provisionsverrechnungskonto herangezogen werden. Insoweit ist eine vereinbarte Gegenverrechnung im Stornofall zulässig.

2.6 Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen kann sich die Beklagte zur Richtigkeit der Provisionsabrechnung nicht auf Pkt 7.5 der Vergütungsordnung berufen, wonach die erhaltenen Abrechnungen als sachlich und rechnerisch anerkannt gelten, wenn ihnen nicht innerhalb eines Monats schriftlich widersprochen wird. Nach § 27 Abs 1 HVertrG sind unter anderem die Bestimmungen des § 9 Abs 2 und 3 leg cit zugunsten des Vertreters relativ zwingend und nicht abdingbar (1 Ob 204/07t). Eine Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter, derzufolge das Unterlassen eines Widerspruchs gegen die Abrechnung als Anerkenntnis des Saldos der Provisionsabrechnung bzw der Höhe des Provisionsanspruchs gilt, nimmt auf die Zurechnung des Auflösungs- bzw Stornogrundes zur Sphäre einer der Vertragspartner nicht Bezug und verstößt damit gegen die Beweislastregel des § 9 Abs 3 HVertrG. Die Widerspruchspflicht des Agenten mit Richtigkeitsfiktion der Provisionsabrechnungen ist daher unwirksam (Petsche/Petsche-Demmel aaO § 9 Rz 51).

3. Zusammenfassend ergibt sich: Die Rückforderung bereits entstandener Provisionen durch den Unternehmer ist nach der relativ zwingenden Beweislastregel des § 9 Abs 3 HVertrG dem echten Untervertreter gegenüber nur zulässig, wenn der Unternehmer (Hauptvertreter) nachweist, dass die Nichtausführung des Geschäfts (zB Zahlungsverzug des Kunden; Stornogrund) nicht der Sphäre der Produktgesellschaft zuzurechnen ist. Eine Rückforderung ist insoweit ausgeschlossen, als der Unternehmer selbst die Provision aus dem entsprechenden Geschäft nicht an seine Partnergesellschaft zurückgezahlt hat. Vor Entstehen des Provisionsanspruchs handelt es sich bei Provisionsbuchungen um echte Vorschüsse, die im Fall einer Vereinbarung mit negativen Salden aus der Provisionsabrechnung gegenverrechnet werden dürfen.

Da die Vorinstanzen von diesen Grundsätzen abgewichen und von einer unrichtigen Beweislastverteilung ausgegangen sind, haben sie insbesondere zu den Fragen,

- inwieweit nur echte Vorschüsse oder schon entstandene Provisionen auf dem Stornoreservekonto zum Ausgleich negativer Salden auf dem Provisionsverrechnungskonto herangezogen wurden,

- im Fall schon entstandener Provisionen, welcher Sphäre die Nichtausführung des jeweiligen Grundgeschäfts in den Stornofällen zuzurechnen war,

- ob die Beklagte die entsprechenden Provisionen an die jeweilige Partnergesellschaft zurückgezahlt hat,

keine Feststellungen getroffen.

In Stattgebung der Revision waren die Entscheidungen der Vorinstanzen zur Klärung der noch offenen Fragen aufzuheben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG.

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