OGH 2Nc10/11k

OGH2Nc10/11k17.6.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Dr. Christine Kolar, Rechtsanwältin in Irdning, gegen die beklagte Partei M*****, vertreten durch Sattlegger, Dorninger, Steiner & Partner Anwaltssocietät in Linz, wegen 89.372,83 EUR sA, über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Delegierungsantrag wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die im Sprengel des Landesgerichts Linz wohnhafte Klägerin begehrt mit ihrer beim Landesgericht St. Pölten eingebrachten Klage von dem im Sprengel des Landesgerichts St. Pölten wohnhaften Beklagten im Wesentlichen die Zurückzahlung eines Darlehens. Zum Beweis für ihr Vorbringen beantragt sie, abgesehen von der Einsichtnahme in Urkunden, lediglich ihre Einvernahme als Partei.

Der bestreitende Beklagte beantragt die Klagsabweisung und führt zum Beweis für sein Vorbringen, abgesehen von der Einsichtnahme in Gerichtsakten, nur seine Einvernahme als Partei an. Er beantragt die Delegierung des Verfahrens gemäß § 31 JN an das Landesgericht Linz, weil in Linz die Klägerin ihren Wohnsitz, die Beklagtenvertreter ihren Kanzleisitz und der Beklagte seinen Arbeitsplatz habe. Der als Zeuge in Frage kommende Vertragserrichter habe seinen Kanzleisitz in Linz. Nicht näher bezeichnete „mögliche Zeugen“ hätten entweder den Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Linz oder eine gleich weite Anreise nach Linz und St. Pölten.

Die Klägerin stimmt der Delegierung nicht zu.

Das Landesgericht St. Pölten spricht sich für die Delegierung aus.

Rechtliche Beurteilung

Die Delegierung ist nicht gerechtfertigt.

Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Nach ständiger Rechtsprechung soll eine Delegierung nur den Ausnahmefall darstellen und keinesfalls durch eine großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (RIS-Justiz RS0046324; RS0046589).

Für die Zweckmäßigkeit der Zuweisung einer Rechtssache an ein anderes Gericht ist der Wohnort der Parteien und der namhaft gemachten Zeugen maßgebend (RIS-Justiz RS0046540). Auf den Wohnsitz potenziell allenfalls in Betracht kommender, aber noch gar nicht namhaft gemachter Zeugen ist dabei ebensowenig abzustellen (RIS-Justiz RS0046589 [T15]) wie auf den Kanzleisitz der Parteienvertreter (RIS-Justiz RS0046455 [T4]). Angesichts dessen, dass sich die durch eine weitere Anreise nach St. Pölten als nach Linz beschwerte Klägerin gegen die Delegierung ausgesprochen hat und zwischen Linz und St. Pölten ausgezeichnete Verkehrsverbindungen sowohl mit der Bahn als auch mit dem Auto zur Verfügung stehen, hat der Arbeitsplatz des Beklagten in Linz jedenfalls kein solches Gewicht, das im Sinne der zitierten Rechtsprechung ein Abgehen von der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung rechtfertigen würde.

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