OGH 15Os62/11y

OGH15Os62/11y25.5.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Mai 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bütler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wolfgang N***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 17. Jänner 2011, GZ 41 Hv 14/10i-92, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wolfgang N***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB und mehrerer Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (1.) sowie der Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (2.) und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (3.) schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung -

1. zwischen dem 12. und 23. April 2010 in Bregenz Sarah F***** wiederholt mit Gewalt zur Duldung von dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlungen, nämlich zum Analverkehr genötigt, indem er sie an den Hüften festhielt und durch Zurückhalten an den Schultern und am Bauch verhinderte, dass sie aufstehen und weggehen konnte, obwohl sie dies wollte und darüber hinaus mitteilte, dass sie den Analverkehr aufgrund von Schmerzen nicht fortsetzen wolle, wobei eine der Taten eine schwere Körperverletzung, nämlich eine posttraumatische Belastungsstörung, verbunden mit einer 24 Tage übersteigenden Gesundheitsschädigung zur Folge hatte.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; diese verfehlt ihr Ziel.

Soweit die Mängelrüge die erstgerichtlichen Annahmen, der Angeklagte hätte erkannt und gewusst, dass Sarah F***** an einer intellektuellen Grenzbegabung und einer Alkoholunverträglichkeit leide, und er habe diese Situation ausgenützt (US 7 f), als unbegründet kritisiert (Z 5 vierter Fall), spricht sie keine entscheidenden Tatsachen an (zum Begriff s Ratz, WK-StPO § 281 Rz 399), wird dem Angeklagten doch kein sexueller Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person (§ 205 StGB) zur Last gelegt.

Als unvollständig begründet (Z 5 zweiter Fall) bekämpft die Rüge die Feststellungen, wonach Sarah F***** nicht wollte, dass der Angeklagte anal in sie eindringt (US 10), und dass er dabei Gewalt angewendet habe (US 10 letzter Absatz). Das Erstgericht habe sich mit - von der Beschwerde im Übrigen isoliert zitierten - entgegenstehenden Angaben in der kontradiktorischen Vernehmung des Tatopfers (ON 24) nicht auseinandergesetzt. Entgegen diesem Vorbringen sind die Tatrichter ausdrücklich auf Widersprüche zwischen der polizeilichen und der kontradiktorischen gerichtlichen Vernehmung und auf die Abschwächungen der Belastungen durch die Zeugin in letzterer eingegangen, haben dies aber mit mängelfreier Begründung auf die posttraumatische Belastungsstörung sowie auf die geistige Behinderung der Zeugin zurückgeführt (US 19 f). Zufolge des Gebots der gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe war das Erstgericht auch nicht dazu verhalten, sich mit jedem Detail der Aussage der insgesamt für glaubwürdig befundenen Zeugin auseinanderzusetzen (RIS-Justiz RS0106642; RS0098778).

Mit der Berufung auf den Zweifelsgrundsatz schließlich wird keine Nichtigkeit aus Z 5 aufgezeigt, sondern in unzulässiger Weise die dem Schöffensenat vorbehaltene Beweiswürdigung bekämpft (RIS-Justiz RS0102162).

Die das zur Z 5 erstattete Vorbringen wiederholende Tatsachenrüge (Z 5a), das Erstgericht habe die Aussage der Sarah F***** unvertretbar gewürdigt, ist nicht geeignet, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) meint, das Erstgericht gehe rechtsirrig „auf objektiver Tatseite vom Begriff der Gewalt“ aus. Indem sie dabei aber von einer eigenständigen Interpretation der Aussagen des Tatopfers aus argumentiert statt auf Basis der erstgerichtlichen Feststellungen, verfehlt sie den Bezugspunkt prozessordnungsgemäßer Anfechtung. Nach den Konstatierungen hielt der Angeklagte das Opfer nämlich bei den Vorfällen „an den Hüften fest, auch an den Schultern und am Bauch, und zwar so brutal, dass er zum einen in sie anal eindringen konnte, zum anderen, dass es ihr nicht möglich war, vom Angeklagten wegzukommen“ (US 10).

Auch der weitere Einwand, der das Vorliegen eines Nötigungsvorsatzes und das Wissen des Angeklagten um das fehlende Einverständnis des Opfers bestreitet, geht nicht von den entgegenstehenden Konstatierungen der Tatrichter aus (US 11 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte