OGH 1Ob38/11m

OGH1Ob38/11m24.5.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Gregor Kohlbacher, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 3.025.048,70 EUR sA und Feststellung (Streitwert 21.000 EUR), über die außerordentlichen Revisionen der klagenden (Revisionsinteresse 21.000 EUR) und der beklagten Partei (Revisionsinteresse 2.351.183,74 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 12. November 2010, GZ 8 R 18/10v-145, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 30. April 2010, GZ 23 Cg 146/05k-135, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

1. Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

2. Der Revision der beklagten Partei wird teilweise Folge gegeben.

a) Das Urteil des Berufungsgerichts wird in seinem klagestattgebenden Teil dahin bestätigt, dass es als Teilurteil zu lauten hat:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 2.150.382,48 EUR samt 4 % Zinsen aus 1.294.464,48 EUR vom 31. 5. 2005 bis 30. 9. 2005, aus 1.067.418,47 EUR vom 1. 10. 2005 bis 31. 12. 2005, aus 1.923.336,47 EUR vom 1. 1. 2006 bis 30. 09. 2006 und aus 1.709.356,97 EUR ab 1. 10. 2006 binnen 14 Tagen zu zahlen.“

b) Im Übrigen, also im Umfang von 200.801,26 EUR samt Zinsen, wird die klagestattgebende Entscheidung des Berufungsgerichts einschließlich der Entscheidungen über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz aufgehoben. Dem Erstgericht wird insoweit eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

c) Die auf den aufgehobenen Teil des Berufungsurteils entfallenden Kosten der Revision der beklagten Partei und der Revisionsbeantwortung der klagenden Partei sind weitere Verfahrenskosten; im Übrigen bleibt die Entscheidung über diese Kosten der Endentscheidung vorbehalten.

Entscheidungsgründe

und

Text

Begründung

Mit rechtskräftigem Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Graz vom 20. 11. 2007 wurde ausgesprochen, dass das auf Zahlung eines Betrags von 2.109.406,25 EUR gerichtete Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht besteht.

Die Klägerin hatte ursprünglich aus dem Titel der Amtshaftung die Zahlung des genannten Betrags als Hauptforderung und von weiteren 253.098,87 EUR als Nebenforderung - hilfsweise auch als (weitere) Hauptleistung - begehrt. Im fortgesetzten Verfahren nach Rechtskraft des Zwischenurteils dehnte die Klägerin mit Schriftsatz vom 31. 7. 2008 das Hauptleistungsbegehren um 673.865,07 EUR aus, begehrte weiters die Feststellung, dass die Beklagte für alle Schäden zu haften habe, die der Klägerin aus der rechtswidrigen Schließung ihres bleiverarbeitenden Betriebs in Zukunft entstehen werden. Später wurde das Feststellungsbegehren auch auf bereits entstandene, aber noch nicht bezifferbare Schäden ausgedehnt.

Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin 2.162.733,44 EUR samt Zinsen zu zahlen und wies das Mehrbegehren von weiteren 862.350,37 EUR samt Zinsen, ein Zinsenmehrbegehren aus dem zuerkannten Betrag sowie das Feststellungsbegehren ab. Dabei ging es von folgenden Feststellungen aus:

Nachdem der von der Klägerin im Rahmen ihrer Sekundärbleihütte betriebene Umkehrflammofen am 24. 5. 2004 von der Behörde (rechtswidrig und schuldhaft) geschlossen worden war, sei dem Geschäftsführer der Klägerin auch aufgrund der ablehnenden Haltung der Behörde, der negativen Einstellung der Bevölkerung und der zugespitzten Situation mit einem Nachbarn bereits im Mai 2004 klar geworden, dass er den Betrieb am bisherigen Standort sinnvoller Weise nicht weiterführen können werde. Er habe auch gewusst, dass eine längere Schließung für den Betrieb wirtschaftlich nicht tragbar sei. Nachdem er ursprünglich geplant hätte, den Betrieb als lebendes Unternehmen in eine andere Gemeinde abzusiedeln, habe er auch dieses Vorhaben aufgegeben, zumal der Amtssachverständige des Landes geäußert habe, es werde für ein Blei verwertendes Unternehmen in der Steiermark keine Bewilligung mehr geben. Auch nach der (den Schließungsbeschluss aufhebenden) Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats vom 27. 10. 2004 wäre eine Wiedereröffnung des Betriebs faktisch unmöglich gewesen. Der zuständige Behördenmitarbeiter habe dem Anwalt der Klägerin mündlich mitgeteilt, dass er für den Fall der Wiedereröffnung des Betriebs am nächsten Tag eine gleiche Maßnahme beschließen werde und eine Wiedereröffnung „null Chancen“ haben werde. Auch aufgrund der Haltung des Amtssachverständigen habe der Geschäftsführer der Klägerin Anfang 2005 den Entschluss gefasst, mit dem Betrieb in eine andere Gemeinde zu übersiedeln und in ein anderes Geschäftsfeld einzusteigen. Der dort eröffnete Gießereibetrieb sei jedoch wirtschaftlich nicht erfolgreich gewesen, weshalb mit 29. 5. 2009 über das Vermögen der Klägerin der Konkurs eröffnet worden sei. Aufgrund der rechtswidrigen Schließung des Betriebs sei die Klägerin nicht in der Lage gewesen, ihren Lieferverpflichtungen für das Jahr 2004 nachzukommen sowie Verträge mit ihren beiden Hauptgeschäftspartnern für das Jahr 2005 zu schließen. Sie habe daher in den Jahren 2004 und 2005 einen „Verdienstentgang“ von 3.062.301,26 EUR erlitten. In diesem Betrag sei Folgendes berücksichtigt: „Der Verdienstentgang für das Jahr 2004 beträgt jedenfalls 908.184,06 EUR, für das Jahr 2005 jedenfalls 855.918 EUR. Aufgrund der Schließung des Unternehmens war die Klägerin dazu gezwungen, 17 Dienstnehmer zu kündigen, wodurch an diese Abfertigungen in Höhe von 144.909,89 EUR ausbezahlt werden mussten. Wegen der Betriebsschließung war es auch notwendig, Rohmaterialien zu entsorgen und sind dafür Kosten in Höhe von 11.944 EUR angefallen. Um zu ihrem Recht zu gelangen, musste die Klägerin die Schließung des Umkehrflammofens bekämpfen, und waren zur Vorbereitung des Verfahrens vor dem UVS verschiedene Aufwendungen notwendig. Der Steuerberater Mag. H. musste den Schaden ermitteln und stellte dafür eine Rechnung über 48.000 EUR. An weiteren notwendigen Vorbereitungskosten für dieses Verfahren entstanden Kosten der Firma V. GmbH in Höhe von 18.322,53 EUR, Kosten des Instituts für Verfahrenstechnik, welches ein Gutachten betreffend die Stilllegung der Anlage erstattete, in Höhe von 8.311,04 EUR, Kosten für das Gutachten Dris. S. betreffend die Fichtennadelprboe von 2.511,66 EUR, Kosten der Zentralanstalt für Meteorologie für eine Ausbreitungsrechnung betreffend Bleistaub in Höhe von 3.700 EUR, Kosten der TU Graz für eine Fichtennadelanalyse in Höhe von 7.655 EUR und Kosten von DI Dr. P. für eine emissionstechnische Beurteilung in Höhe von 476 EUR. Im Verfahren vor dem UVS wegen der Schließung des Umkehrflammofens wurde die Klägerin anwaltlich vertreten und sind dafür Rechtsanwaltskosten in Höhe von 146.646,96 EUR angefallen, welche jedenfalls notwendig waren, um die rechtswidrige Schließung zu bekämpfen. Darüber hinaus musste vor dem UVS auch die Schließung der Raffination bekämpft werden, wofür notwendige anwaltliche Vertretungskosten in Höhe von 6.154,30 EUR entstanden.“ Die Klägerin sei überdies gezwungen gewesen, Kredite aufzunehmen, wobei die Kreditzinsen bei der Berechnung des Verdienstentgangs berücksichtigt seien. In den Folgejahren nach 2005 könne ein weiterer Verdienstentgang nicht ausgeschlossen werden.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, dass das auf den Ersatz von 81.075,33 EUR und 107.374,97 EUR an „frustriertem Aufwand“ gerichtete Begehren mangels Schlüssigkeit abzuweisen sei. Da bereits mit rechtskräftigem Zwischenurteil der Anspruch dem Grunde nach als bestehend erkannt worden sei, sei nur noch zu prüfen, welche Schäden durch die Beklagte tatsächlich verursacht wurden und wie hoch diese seien. Neben dem Verdienstentgang als positivem Schaden seien auch Verfahrenskosten und damit zusammenhängende weitere Aufwendungen, die einer an einem behördlichen Verfahren beteiligten Person durch rechtlich nicht vertretbare Verfahrensschritte erwachsen sind, gemäß § 1 Abs 1 AHG ersatzfähig. Der erlittene Verdienstentgang sei deshalb zu ersetzen, weil die Schließung des Ofens nur für wenige Wochen wirtschaftlich tragbar gewesen wäre und nach der Entscheidung des UVS aufgrund der Haltung der Behörde ein Wiedereröffnen des Betriebs tatsächlich nicht mehr möglich gewesen sei. Ein Teil der letztlich geltend gemachten Schadenersatzansprüche sei allerdings verjährt, habe der Geschäftsführer der Klägerin doch bereits im Mai 2004 nicht mehr mit einer Wiedereröffnung des Betriebs gerechnet womit ihm schon damals erkennbar gewesen sei, dass weitere Schäden entstehen könnten, spätestens aber Anfang 2005, als der Entschluss gefasst wurde, in ein anderes Geschäftsfeld einzusteigen. Da die Klägerin bei Einbringung der Klage weder den gesamten Verdienstentgang für das Jahr 2005 geltend gemacht, noch ein Feststellungsbegehren gestellt habe, seien sämtliche über die ursprüngliche Klage hinausgehenden Ansprüche jedenfalls verjährt, beginne doch bereits mit dem Primärschaden die Verjährungsfrist für künftig vorhersehbare Teilschäden zu laufen. Der Teilbetrag von 241.777,49 EUR habe nicht der Vorbereitung des Amtshaftungsverfahrens gedient, sondern stelle Verfahrensaufwand im Verfahren vor dem UVS dar, weshalb dieser der Hauptforderung zuzuzählen sei. Zuzusprechen seien daher der begehrte Verdienstentgang für das Jahr 2004 von 908.184,06 EUR und für das Jahr 2005 von 855.918 EUR, Dienstnehmerabfertigungen in Höhe von 144.909,89 EUR, Entsorgungskosten von 11.944 EUR und die erwähnten Verfahrenskosten von 241.777,49 EUR, insgesamt somit 2.162.733,44 EUR. Neben den erst später ausgedehnten und damit verjährten Forderungen sowie dem Feststellungsbegehren seien auch die unschlüssigen Teilforderungen von 81.075,33 EUR und 107.374,97 EUR abzuweisen.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es der Klägerin einen weiteren Betrag von 188.450,30 EUR samt Zinsen zuerkannte, nämlich für die vom Erstgericht für unschlüssig erachteten „frustrierten Aufwendungen“. Es erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Auf die bereits als amtshaftungsbegründend erkannte Schließung des Umkehrflammofens seien folgende Schadenspositionen zurückzuführen: „Sonstiger Verdienstentgang für 2004 mangels Erfüllung

der Lieferverpflichtungen EUR 808.184,06

Verdienstentgang für 2004 mangels Lieferung an die

Firma B im November und Dezember 2004 EUR 100.000,00

Entgang der Lieferverträge für 2005

mit der Firma B EUR 733.644,00

mit der Firma F EUR 122.274,00

Aufwendungen für Abfertigungen der gekündigten Dienstnehmer EUR 144.909,89

Entsorgungskosten für das Rohmaterial EUR 11.944,00

EUR 1.920.955,95.“

Dazu kämen die der Hauptforderung zugezählten Kosten von insgesamt 241.777,49 EUR, da durch rechtlich nicht vertretbare Verfahrensschritte herbeigeführte Verfahrenskosten ersatzfähiger Schaden im Sinn des § 1 Abs 1 AHG seien, auch wenn die in Betracht kommende Verfahrensordnung keinen Kostenersatz kenne. Im Verfahren erster Instanz habe die Beklagte trotz Vorlage der entsprechenden Urkunden keinerlei substantiierten Einwendungen gegen diese von Anfang an auch als Teil des Schadenersatzanspruchs geltend gemachten Positionen des Klagebegehrens erhoben, sondern lediglich eingewandt, die in der Klage insoweit geltend gemachten Kosten seien zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung keinesfalls geeignet gewesen. Zur Rechnung des Steuerberaters über 48.000 EUR habe das Erstgericht zwar festgestellt, dass dieser den Schaden habe ermitteln müssen, doch sei dazu in erster Instanz nichts Konkretes vorgebracht worden und nach dem Inhalt der Urkunde dieses Honorar für die im Zeitraum vom 24. 5. bis 27. 10. 2004 erfolgte steuerliche Beratung im Rahmen der Restrukturierung des Unternehmens der Klägerin durch die behördliche Schließung anerlaufen. Schließlich könnten auch Kosten der Schadensfeststellung vor Beginn des Prozesses im ordentlichen Rechtsweg geltend gemacht werden. Für fundierte Ausführungen des Rechtsvertreters der Klägerin in den UVS-Verfahren sei die Beiziehung von Fachleuten unerlässlich gewesen. Gegenteiliges sei von der Beklagten in erster Instanz weder behauptet worden, noch stehe es fest. Vielmehr sei festgestellt worden, dass diese Kosten von zusammen 40.976,23 EUR an (weiteren) notwendigen Vorbereitungskosten des Verfahrens vor dem UVS entstanden seien. Auch hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten von 146.646,96 EUR sei festgestellt worden, dass diese jedenfalls notwendig gewesen seien, um die rechtswidrige Schließung des Ofens zu bekämpfen; weiters, das für die Bekämpfung der Schließung der Raffination notwendige anwaltliche Vertretungskosten von 6.154,30 EUR entstanden seien. Der Zuspruch von 2.162.733,44 EUR durch das Erstgericht sei somit zutreffend erfolgt. Der Klägerin stünde aber darüber hinaus auch noch der Ersatz ihrer geltend gemachten frustrierten Aufwendungen zu. Das Argument des Erstgerichts, diese Positionen seien deshalb unschlüssig, weil sie im prognostizierten Unternehmensergebnis, also in den Verdienstentgängen der Jahre 2004 und 2005, enthalten sein müssten, sei verfehlt, gehe es doch um Rechnungen, die in der Buchhaltung der Jahre 2004 und 2005 nicht ausgewiesen und daher in der Ermittlung des Verdienstentgangs nicht enthalten seien. Diese Positionen mit einer Gesamtsumme von 188.450,30 EUR seien daher zusätzlich zu berücksichtigen. Nach den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichts habe die klagende Partei für die Projektentwicklung 81.075,33 EUR bezahlt und seien ihr Anwaltskosten zur Koordinierung der Anpassung der Anlage an den Stand der Technik und Überführung in das Regime des AWG von 107.374,97 EUR entstanden. Gegen deren Höhe sei von der Beklagten in erster Instanz nichts eingewendet worden.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene (außerordentliche) Revision der Klägerin erweist sich als nicht zulässig, jene der Beklagten hingegen als teilweise berechtigt.

1. Zur Revision der Klägerin:

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen fasste der Geschäftsführer der klagenden Partei (bereits) Anfang 2005 den Entschluss, mit dem Unternehmen an einen anderen Ort zu übersiedeln und in ein anderes Geschäftsfeld einzusteigen, was 2005 auch geschehen ist.

Auf die damit im Widerspruch stehenden Revisionsausführungen, es habe noch im Juni 2005 die Hoffnung bestanden, an einem anderen Standort „den Betrieb wieder zu eröffnen“ und es sei erst zu diesem Zeitpunkt erkennbar gewesen, dass „noch nicht bezifferbare Schäden hinkünftig nicht ausgeschlossen sind“, ist somit nicht einzugehen (RIS-Justiz RS0043312 [T12]; RS0043603 [T8]); darüber hinaus hat die Klägerin bereits in ihrer am 1. 6. 2005 erhobenen Klage davon gesprochen, dass sie über den „letztlich entstandenen Schaden“ noch keine definitive Auskunft erteilen könne. Wurde nun aber bereits Anfang 2005 der Entschluss gefasst, in ein anderes Geschäftsfeld einzusteigen, war auch schon ab diesem Zeitpunkt absehbar, dass mit erheblicher Wahrscheinlichkeit weitere Schäden entstehen werden, die auf die (rechtswidrige) behördliche Schließung des ursprünglichen Betriebs zurückzuführen sind. Dies ergibt sich schon aus der Erfahrungstatsache, dass - insbesondere angesichts der mit der Aufnahme eines neuen Geschäftsbetriebs an einem anderen Standort verbundenen Anlaufkosten sowie der Unsicherheit über den wirtschaftlichen Erfolg eines solchen neuen Betriebs - damit zu rechnen war, dass sich die bisher erzielten Geschäftsgewinne nicht erreichen lassen werden. Dieses (vorhersehbare) Risiko hat sich letztlich auch realisiert, was durch die Eröffnung des Konkursverfahrens im Mai 2009 dokumentiert ist.

Wenn das Berufungsgericht unter den dargestellten Umständen davon ausgegangen ist, dass spätestens Anfang 2005 das Entstehen zukünftiger Schäden vorauszusehen war, Primärschäden bereits vorher eingetreten waren und bei Erhebung des Feststellungsbegehrens mit Schriftsatz vom 31. 7. 2008 die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB bereits abgelaufen war, kann darin keine Fehlbeurteilung erblickt werden (vgl dazu nur Dehn in KBB3 § 1489 ABGB Rz 4 mwN).

Unverständlich sind die Revisionsausführungen zu Beginn und Lauf der Verjährungsfrist im Falle „fortgesetzter Schädigung“. Eine derartige Sachverhaltskonstellation lag hier nicht vor, erfolgte die Schädigung doch durch die (rechtswidrige) Betriebsschließung am 24. 5. 2004, somit durch eine einmalige behördliche Maßnahme. Diese wurde durch die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats für die Steiermark (UVS) vom 27. 10. 2004 aufgehoben. Von einer fortgesetzten Schädigung durch das Aufrechterhalten eines rechtswidrigen Zustands kann jedenfalls über den 27. 10. 2004 hinaus keine Rede sein.

Damit erweist sich die Rechtsansicht des Erstgerichts, die dreijährige Verjährungsfrist sei bei Erhebung des Feststellungsbegehrens bereits abgelaufen gewesen, als unbedenklich. Auf die in der Revision aufgeworfene Frage, ob das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass die klagende Partei in die Rechtsrüge ihrer Berufung keine gesetzmäßigen Ausführungen zur Verjährungsproblematik aufgenommen habe, muss daher nicht eingegangen werden.

2. Zur Revision der Beklagten:

2.1. Zu Unrecht zieht die Beklagte unter der Überschrift „Nichterledigung der Sachanträge“ aus dem Umstand, dass sich das rechtskräftige Zwischenurteil nur auf die Klageforderung von 2.109.406,25 EUR bezogen hat, den Schluss, dass allein deshalb das darüber hinausgehende Klagebegehren nicht zugesprochen hätte werden dürfen. Warum sich eine solche Konsequenz ergeben sollte, wird nicht näher erklärt. Richtigerweise ist vielmehr davon auszugehen, dass sich das Zwischenurteil - insoweit als „Teilzwischenurteil“ - eben nur auf einen Teil der Klageforderung bezogen, zum darüber hinausgehenden Teil aber keine Aussage gemacht hat. Die bloße Tatsache, dass ein Zwischenurteil gefällt wurde, mit dem die (Teil-)Forderung von 2.109.406,25 EUR dem Grunde nach als berechtigt erkannt wurde, steht daher einem Zuspruch des darüber hinausgehenden Klagebegehrens nicht entgegen. Ob dieses nach Grund und Höhe berechtigt ist, war von den Vorinstanzen ohne Bindung an das (Teil-)Zwischenurteil zu entscheiden.

2.2. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, der Schaden sei überwiegend nicht auf ihr zurechenbare Umstände zurückzuführen, weil für die endgültige Schließung des Betriebs andere Ursachen ausschlaggebend gewesen seien, entfernt sie sich von den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen.

Danach hat ein Vertreter der Gewerbebehörde angekündigt, es würde unverzüglich wieder eine Schließung verfügt werden, sofern die Klägerin ihren Betrieb - nach dem aufhebenden Erkenntnis des UVS - wieder aufnehmen würde. Ob es gleichzeitig auch andere Widerstände - etwa von Seiten der Gemeinde oder aus der Bevölkerung - gegeben hat, die eine Wiedereröffnung „faktisch unmöglich gemacht“ hätten, ist unter diesen Umständen von untergeordneter Bedeutung, zumal die Beklagte auch selbst zugesteht, dass die Betriebsschließung für die Klägerin (nur) für einige Wochen verkraftbar gewesen ist. Wenn sich die Klägerin unter den gegebenen Umständen dazu entschlossen hat, ihren bisherigen Betriebsgegenstand aufzugeben, kann weder der Kausalzusammenhang mit der rechtswidrigen Betriebsschließung geleugnet, noch der Vorwurf der (schuldhaften) Verletzung der Schadensminderungspflicht erhoben werden.

2.3. Im Zusammenhang mit dem Einwand, die Anzeige des Betriebs des neuen Umkehrflammofens sei von der Behörde im Bescheid vom 31. 3. 2004 mit einer Befristung bis 30. 6. 2004 genehmigend zur Kenntnis genommen worden, weshalb ab diesem Zeitpunkt ein Betrieb nicht mehr erfolgen hätte dürfen, hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass diese Befristung aufgrund der aufschiebenden Wirkung der von der Klägerin erhobenen Berufung nicht wirksam geworden sei; außerdem sei das Unternehmen bereits spätestens um den 20. 6. 2004 „wirtschaftlich tot“ gewesen.

2.4. Zur Frage der (aufschiebenden) Wirkung der Berufung der Klägerin auf die ausgesprochene Befristung gesteht die Beklagte in ihrer Revision zu, dass gemäß § 64 AVG Berufungen gegen Bescheide aufschiebende Wirkung haben. Ihre Darlegung, die Klägerin habe ihre Berufung zurückgezogen bzw auf deren Erledigung verzichtet, stellt sich als bloße Spekulation dar; insoweit vermag die Beklagte auch auf keine geeigneten Beweisergebnisse zu verweisen. Umso weniger gibt es Anhaltspunkte oder auch nur Behauptungen dafür, dass die Behörde berechtigterweise die Verlängerung der Befristung über den 30. 6. 2004 hinaus hätte verweigern dürfen.

2.5. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Höhe des von ihr zu ersetzenden Schadens im Ergebnis weitgehend unbedenklich.

Wenn in diesem Zusammenhang etwa ausgeführt wird, ein Teilbetrag von 51.500 EUR aus einer mit insgesamt 152.801,26 EUR geltend gemachten Schadensposition (Rechtsanwaltskosten als Rettungsaufwand) sei bereits „in dem vom Sachverständigen ermittelten Verdienstentgang enthalten“, übersieht sie, dass das Berufungsgericht der Klägerin unter dem Titel „Verdienstentgang 2004“ einen Betrag von 908.184,06 EUR zuerkannt hat, wogegen der Sachverständige einen Verdienstentgang von mehr als 1,4 Mio EUR ermittelte. Der Hinweis auf das Sachverständigengutachen - das ersichtlich von den Vorinstanzen zur Ermittlung der entstandenen Teilschäden herangezogen wurde - ist daher nicht geeignet, die Auffassung in Zweifel zu ziehen, der Klägerin stünde auch der Ersatz der gesamten Anwaltskosten von 152.801,26 EUR neben dem pauschal als „Verdienstentgang 2004“ ausgewiesenen Betrag von 908.184,06 EUR zu. Gleiches gilt für die Kostenposition für technische Unterstützung von 40.976,23 EUR, die der Sachverständige in den mit einem erheblich höheren Betrag für das Jahr 2004 ermittelten Verdienstentgang miteinbezogen, das Berufungsgericht hingegen zu dem (erheblich niedriger ausgewiesenen) pauschalen Verdienstentgang hinzugerechnet hat.

Davon, dass die Klägerin keinen Zusammenhang der Dienstnehmerabfertigungen mit der Schließung des Schmelzofens nachgewiesen habe, kann schon deshalb keine Rede sein, weil es nicht den geringsten Hinweis dafür gibt, dass die Auflösung der Dienstverhältnisse aus einem anderen Grund als der Betriebsstilllegung bzw -schließung vorgenommen wurde. Der Einwand, es handle sich um „Sowiesokosten“, weil die Abfertigungsansprüche bei einer Beendigung der Dienstverhältnisse aus jedem anderen Grunde angefallen wären, ist schon deshalb nicht zielführend, weil eben keineswegs davon ausgegangen werden kann, dass die Dienstverhältnisse (aus einem anderen Grund) ebenso beendet worden wären. Die Unklarheit darüber, aus welchen Gründen - und mit welchen abfertigungsrechtlichen Konsequenzen - es allenfalls in fernerer Zukunft zu einer Beendigung der fraglichen Dienstverhältnisse gekommen wäre, muss zu Lasten der Beklagten gehen, da kein Zweifel daran bestehen kann, dass reale Ursache für die Beendigung der Dienstverhältnisse durch Dienstgeberkündigung die rechtswidrigen behördlichen Maßnahmen waren. Entsprechendes gilt für die Entsorgungskosten für Rohmaterialien, wobei ohne Weiteres angenommen werden kann, dass diese Materialien im Falle einer Fortführung des Betriebs bestimmungsgemäß verwertet worden wären.

Zu Unrecht erhebt die Beklagte den Vorwurf, das Berufungsgericht habe im Zusammenhang mit dem für das Jahr 2005 geltend gemachten Verdienstentgang aufgrund des Wegfallens zweier Hauptabnehmer ergänzende Feststellungen ohne Beweiswiederholung getroffen. Richtigerweise wurden die maßgeblichen Feststellungen bereits vom Erstgericht getroffen und vom Berufungsgericht (nur) bestätigt, das in diesem Zusammenhang zusätzlich auf bestimmte Beweisergebnisse hinwies, die bereits dem Erstgericht vorlagen. Auch wenn das Berufungsgericht die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts insoweit etwas präzisiert haben sollte, führte dies doch entgegen der Auffassung der Beklagten keineswegs dazu, dass erst dadurch eine Qualifikation des Verdienstentgangs als positiver Schaden möglich wurde, hat doch bereits das Erstgericht die beiden Vertragspartner als die „Hauptgeschäftspartner“ der Klägerin angesehen. Konnte schon aus diesem Grund angesichts der lang andauernden Geschäftsbeziehung davon ausgegangen werden, dass diese beiden Geschäftspartner der Klägerin als Abnehmer ihrer Produkte ohne das rechtswidrige Eingreifen der Behörde erhalten geblieben wären, bestanden schon für das Erstgericht keine Bedenken dagegen, den insoweit eingetretenen Einnahmenausfall als positiven Schaden zu qualifizieren, was es ersichtlich auch getan hat.

Berechtigt sind hingegen die Bedenken der Beklagten gegen den Zuspruch der Steuerberaterkosten von 48.000 EUR sowie der Rechtsanwaltskosten von 146.646,96 EUR und 6.154,30 EUR.

Zu den Steuerberaterkosten hat die Klägerin vorgebracht, diese seien im Zusammenhang mit der Ermittlung des Schadens nach der behördlichen Schließung der Anlage aufgelaufen. Ungeachtet der erstgerichtlichen Feststellung, der Steuerberater habe den Schaden zur Vorbereitung des Verfahrens vor dem UVS ermitteln müssen und dafür eine entsprechende Rechnung ausgestellt, ging das Berufungsgericht bei seiner rechtlichen Beurteilung davon aus, es sei - entsprechend dem Inhalt dieser Honorarnote - um die steuerliche Beratung der Klägerin im Rahmen der Restrukturierung durch die behördliche Schließung in der Zeit vom 24. 5. bis 27. 10. 2004 gegangen; auch Kosten der Schadensfeststellung vor Beginn des Prozesses könnten im Übrigen im ordentlichen Rechtsweg geltend gemacht werden. Da es demnach den Vorinstanzen nicht gelungen ist, widerspruchsfreie Feststellungen dazu zu treffen, welche Leistungen des Steuerberaters das als Schadenersatz geltend gemachte Honorar abgedeckt hat, wird dies im fortgesetzten Verfahren mit den Parteien zu erörtern und werden schließlich nachvollziehbare Feststellungen zu treffen sein.

Entsprechendes gilt für die beiden Honoraraufstellungen über rechtsanwaltliche Leistungen. Entgegen der Darstellung des Berufungsgerichts hat die Beklagte keineswegs substantiierte Einwendungen gegen diese Schadenspositionen unterlassen und lediglich allgemein die Eignung dieser Kosten insgesamt zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bestritten. Vielmehr hat die Beklagte sowohl die von den Anwälten der Klägerin herangezogene Bemessungsgrundlage bestritten als auch eingewendet, die einzelnen Leistungen seien nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen und es sei an der Klägerin, die Kausalität jedes einzelnen Teilschadens nachzuweisen. Dem kann nicht allein entgegengehalten werden, das Erstgericht habe festgestellt, dass die Rechtsanwaltskosten „jedenfalls notwendig“ gewesen seien, um die rechtswidrige Schließung des Ofens zu bekämpfen bzw es habe sich um für die Bekämpfung der Schließung der Raffination „notwendige anwaltliche Vertretungskosten“ gehandelt. Das Erstgericht wird daher mit der Klägerin insbesondere die Frage der Bemessungsgrundlage und mit der Beklagten insbesondere zu erörtern haben, welche der zahlreichen Einzelleistungen aus welchen Erwägungen bestritten werden. Gegebenenfalls wird letztlich für die Frage, in welcher Höhe der Klägerin Honorarverbindlichkeiten entstanden sind, auf § 273 ZPO zurückzugreifen sein. Letztlich ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass weder behauptet noch festgestellt wurde, dass die Klägerin bereits Zahlungen aufgrund der vorgelegten anwaltlichen „Leistungsaufstellungen“ geleistet hat.

Der Kostenvorbehalt beruht auf den §§ 50 Abs 1, 392 Abs 2, 52 Abs 2 ZPO. Das Erstgericht wird im Endurteil über den Prozesskostenersatz für das gesamte Verfahren abzusprechen haben.

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