Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 1.400,04 EUR (darin enthalten 233,34 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin beauftragte die Beklagte (früher: C***** AG), über Vermittlung einer*****-Beraterin mit dem Erwerb von 200 Anteilen des von der L***** BV emittierten und von L***** Inc garantierten Wertpapiers „D*****“ zum Kurswert von 20.000 EUR und Spesen von 1.000 EUR. Die Beklagte überließ ihren Vertriebspartnern, darunter auch dem *****, eine Werbebroschüre, in der dem Wertpapier „100%ige Sicherheit“ und „100 % Kapitalgarantie“ bescheinigt wurde. Sowohl die Emittentin des Zertifikats als auch die - in der Werbebroschüre nicht genannte - Garantin gehörten dem Konzern der Investmentbank L***** (USA) an. Die Investmentbank L***** geriet Ende September 2008 mitsamt den mit ihr verbundenen Unternehmen (darunter die Emittentin und die Garantin) in die Insolvenz, was auch für Fachkreise überraschend war. Die von der Klägerin erworbenen Wertpapiere wurden daher praktisch wertlos. Der Klägerin war nur wichtig, dass es sich um ein kapitalgarantiertes Produkt handle. Darauf, dass die Kapitalgarantie im Fall einer Insolvenz der Garantin wertlos sei, wurde sie von der Beraterin nicht aufmerksam gemacht. Um nähere Details kümmerte sich die Klägerin nicht.
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin die Aufhebung des Vertrags über den Ankauf von Wertpapieren und die Zahlung von 23.467,07 EUR samt Zinsen Zug-um-Zug gegen die Rückstellung der Wertpapiere. Hilfsweise begehrte sie die Feststellung, dass die Beklagte ihr für jeden Schaden hafte, der ihr aus dem Rechtsgeschäft entstehe. Zusammengefasst brachte sie vor, dass die Beklagte das Wertpapier im Verkaufsprospekt in irreführender Weise als sichere Anlage beworben und das wahre Risiko verschwiegen habe. Insbesondere sei die Klägerin über das Insolvenzrisiko nicht aufgeklärt worden.
Das Erstgericht wies sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil die zu beurteilende Werbebroschüre einer Vielzahl von Anlegern übergeben worden sei und die von der Berufung aufgeworfenen Rechtsfragen damit über den Einzelfall hinaus Bedeutung hätten.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die von der Beklagten beantwortete Revision der Klägerin.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts ist die von der Klägerin erhobene Revision mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Zu der auch hier entscheidenden Rechtsfrage, ob die Klägerin unrichtig informiert wurde, weil sie von der Beklagten weder mündlich noch schriftlich im Werbeprospekt auf die Gefahr der Insolvenz der Emittentin oder der Garantin hingewiesen worden sei, hat der Oberste Gerichtshof erst jüngst in der einen vergleichbar gelagerten Parallelfall betreffenden Entscheidung 4 Ob 20/11m Stellung genommen. Auch dort hatten die Kläger im November 2006 „D*****“ Zertifikate über Vermittlung von ***** erworben. In dieser Entscheidung legte der Oberste Gerichtshof mit eingehender Begründung dar, dass die Beklagte im Anlassfall im Hinblick auf die Einschätzung der Finanzkraft der Emittentin durch die Fachkreise im November 2006 davon ausgehen durfte, dass das Bonitätsrisiko bloß theoretischer, vernachlässigbarer Natur sei (so schon die - dieselbe Werbebroschüre betreffende - Entscheidung 4 Ob 176/10a). Dass die in der Werbebroschüre angeführten exzellenten Ratings der drei führenden Ratingagenturen zum Kaufdatum noch gültig gewesen seien, sei von den Klägern nicht bestritten worden. Unter diesen Umständen sei die in der Werbebroschüre in Form des Ratings enthaltene Information über die Bonität der Emittentin ausreichend gewesen, einer darüber hinausgehenden Aufklärung der Kläger über das allgemeine Bonitätsrisiko habe es nicht bedurft. Schon mangels Verletzung von Aufklärungspflichten sei das auf Irrtum und Schadenersatz gestützte Begehren unberechtigt. Auch auf die Frage der Zurechnung des Verhaltens der*****-Beraterin zur Beklagten komme es daher nicht an.
Nichts anderes gilt auch im vorliegenden, völlig gleichgelagerten Fall. Da der Oberste Gerichtshof zur maßgebenden Rechtsfrage in der - wenngleich erst nach den bekämpften Berufungsurteil ergangen - zitierten Entscheidung bereits eingehend Stellung genommen hat, mangelt es der vorliegenden Revision an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 502 Abs 1 ZPO, die nach ständiger Rechtsprechung noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gegeben sein muss (RIS-Justiz RS0112769). Der Umstand allein, dass sich die hier zu beantwortenden Rechtsfragen in mehreren Parallelverfahren stellten und stellen, bewirkt nicht ihre Erheblichkeit iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0042816). Ebenso wenig liegt die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die Revision war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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