OGH 9Ob3/11y

OGH9Ob3/11y30.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, Hon.-Prof. Dr. Kuras, Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadtgemeinde O*****, vertreten durch Dr. Reinfried Eberl, Dr. Robert Hubner, Dr. Robert Krivanec, Dr. Günter Ramsauer, Dr. Christine Berger, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1. Dr. *****G***** und 2. Dr. ***** A*****, wegen 50 EUR sA, Entfernung (7.000 EUR), Wiederherstellung (50 EUR), über die Revision der beklagten Parteien gegen das Berufungsurteil des Landesgerichts Salzburg vom 19. Oktober 2010, GZ 22 R 382/10w-25, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Oberndorf bei Salzburg vom 6. Juli 2010, GZ 2 C 673/09h-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 614,86 EUR (darin 102,48 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Vorinstanzen sind dem Begehren der Klägerin, die Beklagten seien verpflichtet, die auf dem Grundstück 1206 der EZ ***** Grundbuch ***** (öffentliches Gut) errichtete Werbestele zu entfernen, den ursprünglichen Zustand der Pflanzeninsel wiederherzustellen und der Klägerin 50 EUR Benützungsentgelt zu bezahlen, gefolgt, weil kein Kontrahierungszwang der Klägerin zu einer solchen Gestattung bestehe. Die Beklagten könnten die Werbestele einen Meter entfernt auf ihrem Grundstück aufstellen.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision nicht zulässig.

Das Berufungsgericht hat seinen über Antrag der Beklagten abgeänderten Zulässigkeitsausspruch damit begründet, dass es bei der Frage der sachlichen Rechtfertigung der Verweigerung des Vertragsabschlusses auf Umstände Bedacht genommen habe, die vom Erstgericht nicht ausdrücklich festgestellt und teilweise nicht konkret vorgebracht worden seien. Auch liege keine oberstgerichtliche Judikatur zu den Fragen vor, ob der Vertragswerber bei einer Monopolstellung im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung auf eine Ausweichmöglichkeit in den gänzlich privaten Bereich verwiesen werde dürfe, und ob der Vertragswerber im Falle des Bestehens eines Kontrahierungszwangs auf Abschluss eines derartigen Vertrags klagen müsse oder ob er die Rechtswidrigkeit des Unterlassens des Vertragsabschlusses auch in einem Passivprozess erfolgreich einwenden könne.

Es liegt jedoch keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vor:

1. Die von den Beklagten vorgebrachte Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, liegt jedoch nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Die Vorinstanzen haben zutreffend dargelegt, dass der Kontrahierungszwang als Ausnahme vom Prinzip der Abschlussfreiheit nur in den vom Gesetz geregelten Fällen und überall dort besteht, wo die faktische Übermacht eines Beteiligten bei bloß formaler Parität die Möglichkeit der „Fremdbestimmung“ über andere gibt (stRsp seit SZ 44/138, zB 6 Ob 191/05i). Faktische Übermacht hat der Monopolist; er darf daher den Vertragsabschluss nur aus sachlich gerechtfertigten Gründen verweigern (vgl RIS-Justiz RS0016745; RS0030805 [T7]). Unternehmen der öffentlichen Hand können überdies wegen der sie treffenden Pflicht zur Gleichbehandlung gezwungen sein, Rechtsgeschäfte abzuschließen (zB 4 Ob 146/93 mwN, 7 Ob 287/05i).

Dass die Klägerin gegen die sie treffende Pflicht zur Gleichbehandlung verstoßen hätte, widerspräche schon der Feststellung, dass sie grundsätzlich keine Genehmigung für die Aufstellung von Werbetafeln auf öffentlichem Grund erteilt.

Die der Revision zugrunde gelegte anbieterseitige Monopolstellung der Klägerin schließt gedanklich die relevierte Frage nach Ausweichmöglichkeiten auf private Anbieter aus. Sind nämlich zumutbare Ausweichmöglichkeiten vorhanden, wäre eine Monopolstellung zu verneinen (vgl 4 Ob 146/93). Damit könnte nur die sachliche Rechtfertigung der Verweigerung des Vertragsabschlusses geprüft werden.

Ob aber sachliche Gründe vorliegen, aus denen ein Monopolist einen Vertragsabschluss ablehnen darf, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, die hier keine krasse Fehlbeurteilung der Vorinstanzen erkennen lassen und somit keine revisible Rechtsfrage zu begründen vermögen (9 Ob 6/03b).

3. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Beklagten die vermeintliche Rechtswidrigkeit des Unterlassens des Vertragsabschlusses auch in einem Passivprozess erfolgreich einwenden können, ist damit entbehrlich. Es sei nur darauf hingewiesen, dass auch der Abschluss eines Gestattungsvertrags die Beklagten noch nicht zum Belassen der Werbestele berechtigen würde, weil Sondernutzungen auf öffentlichem Grund - kumulativ - auch die behördliche Bewilligung des Straßenverwalters voraussetzen (§ 8 Abs 1 Sbg LandesstraßenG 1972; vgl 6 Ob 191/05i, 7 Ob 287/05i).

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO, wobei die Verdienstsumme hier 290,10 EUR beträgt.

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