OGH 10ObS32/11w

OGH10ObS32/11w29.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Krüger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Schleinbach (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Berufsunfähigkeitspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Dezember 2010, GZ 8 Rs 79/10m-39, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Auffassung der Rechtsmittelwerberin ist das Berufungsgericht nicht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen. Dieses hat die klagende Kindergartenpädagogin, die Zusatzausbildungen im Sonderkindergarten- und Frühförderungsbereich aufweist, auf die mit ihrem eingeschränkten medizinischen Leistungskalkül vereinbare Tätigkeit einer Leiterin eines Kindergartens oder eines Kinderheims verwiesen, die selbst Kindergruppen nicht mehr führt. Den Feststellungen der Vorinstanzen zufolge sind für diese Tätigkeit auch in einem größeren Kindergarten oder Kinderheim wesentliche Kenntnisse und Fähigkeiten ihrer bisherigen Tätigkeit als Kindergartenpädagogin erforderlich. Ein zweitägiges betriebswirtschaftliches Seminar samt allenfalls einzelnen berufsbegleitenden Kursen reicht nach der Feststellung des Berufungsgerichts aus, die notwendigen administrativen Kenntnisse für die Leitung eines Kindergartens zu erwerben.

Mit dieser Beurteilung steht das Berufungsgericht nicht in Widerspruch zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 10 ObS 348/02b, SSV-NF 16/135. In diesem Fall wurde ausgesprochen, dass eine Kindergartenleiterin, die bisher neben der Betreuung einer Gruppe von Kindern die anfallenden administrativen Aufgaben erledigte, nach § 273 Abs 2 iVm § 255 Abs 4 ASVG auf die Tätigkeit einer Kindergartenleiterin in größeren Kindergärten oder Horten mit ausschließlich administrativen Aufgaben verwiesen werden kann. Die Klägerin meint, das Berufungsgericht weiche von dieser Rechtsprechung ab, weil sie nur kurzzeitig einen kleinen Kindergarten pädagogisch, nicht aber administrativ geleitet habe. Sie übersieht, dass es in dieser Entscheidung um die Frage ging, ob der den besonderen Tätigkeitsschutz nach § 255 Abs 4 ASVG genießenden 57-jährigen Kindergartenleiterin die beschriebene Änderung der Tätigkeit zumutbar war. Der Oberste Gerichtshof bejahte dies. Aus der Entscheidung kann nicht abgeleitet werden, dass eine Kindergartenpädagogin nur dann auf die Tätigkeit einer Leiterin eines Kindergartens verwiesen werden kann, wenn sie schon Kenntnisse der Administration hat.

Nach den Feststellungen kann die Klägerin bei der Ausübung der Tätigkeit einer Leiterin eines Kindergartens oder Kinderheims einen Kernbereich ihrer Ausbildung und bisherigen Tätigkeit verwerten, sodass die Verweisungstätigkeit den in der Berufsgruppe Kindergartenpädagoginnen erworbenen Berufsschutz erhält. Sie benötigt nur eine Zusatzausbildung in einem die Verweisbarkeit nicht hindernden zeitlichen Ausmaß (vgl RIS-Justiz RS0050891), um die qualifizierte Tätigkeit ausüben zu können.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs reicht eine Anzahl von 100 Arbeitsplätzen in einer Verweisungstätigkeit in Österreich für die Annahme eines Arbeitsmarkts (RIS-Justiz RS0084743 [T4]).

Mit den Ausführungen zum behaupteten Verstoß des berufskundlichen Sachverständigengutachtens gegen logische Denkgesetze bekämpft die Revisionswerberin in Wirklichkeit die nicht revisible Beweiswürdigung der Vorinstanzen.

Da die Revisionswerberin somit keine für die Entscheidung des Verfahrens relevante Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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