OGH 3Ob50/11s

OGH3Ob50/11s22.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Dr. O*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Betroffenen, vertreten durch Mag. Bertram Schneeberger, Rechtsanwalt in Hartberg, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 6. Dezember 2010, GZ 1 R 400/10s-90, womit dem Rekurs des Betroffenen gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Hartberg vom 31. August 2010, GZ 11 P 46/08p-78, nicht Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Betroffenen wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Für den am 7. Juli 1939 geborenen Dr. O***** wurde mit rechtskräftigem Beschluss des Erstgerichts vom 7. Mai 2009 (ON 25) RA Dr. M***** zum Sachwalter für folgenden Kreis von Angelegenheiten bestellt: Vermögensverwaltung (einschließlich der grundbücherlichen Durchführung des Übergabsvertrags auf den Todesfall, Vertretung des Betroffenen vor Ämtern, Behörden und Gerichten sowie Abschluss größerer Rechtsgeschäfte.

Der Betroffene ist aufgrund eines Schenkungsvertrags vom 6. Dezember 2006 Eigentümer einer Liegenschaft im Ausmaß von 84.718 m² mit einem darauf errichteten Haus.

Am 30. August 2010 (ON 77a) beantragte der Sachwalter die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung eines Kaufvertrags vom 26. August 2010 hinsichtlich des Verkaufs einzelner Waldgrundstücke im Ausmaß von 46.845 m². Im Zuge eines öffentlichen Interessententermins hätte sich lediglich eine Person bereit erklärt, die Grundstücke zum Schätzwert von 34.500 EUR zu erwerben. Damit seien die Interessen des Betroffenen am ehesten gewahrt.

Mit Beschluss vom 31. August 2010 genehmigte das Erstgericht den Kaufvertrag vom 26. August 2010. Aufgrund der Vermögenslage des Betroffenen sei ein Verkauf der Waldgrundstücke, die nicht vom Betroffenen selbst bewirtschaftet würden, sinnvoll.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Betroffenen nicht Folge und ließ den Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu. Im vorliegenden Fall stehe fest, dass gegen den Betroffenen eine Reihe von Exekutionen laufe; der Schuldenstand aufgrund rechtskräftig verhängter Verwaltungsstrafen betrage insgesamt 40.228,43 EUR. Durch die Gehaltsexekution auf den Pensionsbezug des Betroffenen würden die aushaftenden Verwaltungsstrafen nur geringfügig reduziert. Der Republik Österreich stehe es jederzeit frei, einen Zwangsversteigerungsantrag betreffend die Gesamtliegenschaft einzubringen. Aufgrund des Schuldenstands sei der Verkauf der Waldgrundstücke notwendig, insbesondere um eine drohende Zwangsversteigerung hintanzuhalten. Sie liege im überwiegenden Interesse des Betroffenen, weil mit dem Erlös die Verwaltungsstrafen großteils abgedeckt werden können und auf diese Weise die Gefahr einer Zwangsversteigerung der Gesamtliegenschaft abgewendet werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Betroffenen gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 62 AußStrG) unzulässig.

1. Im Sachwalterbetreuungsverfahren steht der betroffenen Person, die des Gebrauchs der Vernunft nicht gänzlich beraubt und deswegen geschäftsunfähig ist, bei Uneinigkeit zwischen ihr und dem Sachwalter über eine Maßnahme, die der Genehmigung des Pflegschaftsgerichts bedarf, ein eigenes Rekursrecht gegen eine dem Willen des Sachwalters folgende gerichtliche Entscheidung auch dann zu, wenn die bekämpfte Entscheidung in den Wirkungskreis des Sachwalters fällt (RIS-Justiz RS0124785; zuletzt 3 Ob 230/10k).

2. Die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Veräußerung von Grundbesitz setzt den offenbaren Vorteil des Betroffenen voraus (2 Ob 196/05w mwN). Diese Frage muss das Gericht nach seinem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere unter Bedachtnahme auf die wohlverstandenen Interessen der Betroffenen beurteilen. Dem Willen des Gesetzgebers entsprechend muss dabei ein sehr strenger Maßstab angelegt werden, um das unbewegliche Vermögen des Betroffenen zu erhalten (RIS-Justiz RS0081749 [T3]).

Die Entscheidung, ob die Veräußerung einer Liegenschaft in diesem Sinne dem Wohl des Betroffenen dient, ist nur dann einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof zugänglich, wenn den Vorinstanzen ein grober Fehler unterlaufen wäre (RIS-Justiz RS0007104). Ein solcher ist aber nicht zu erkennen, zumal auch im Rechtsmittel selbst keine nachvollziehbaren Gründe angeführt werden, die gegen die Veräußerung der Waldgrundstücke sprechen. Der Umstand, dass der Betroffene anstelle der Zahlung der Verwaltungsstrafen ein Antreten der Ersatzfreiheitsstrafe bevorzugt hätte, lässt außer Acht, dass auf diese Weise die drohende Zwangsversteigerung der gesamten Liegenschaft, also nicht nur der Waldgrundstücke nicht abzuwenden wäre, weil eine Ersatzfreiheitsstrafe nur bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe in Betracht kommt und eine Wahlfreiheit fehlt (§ 16 Abs 1 und § 54b VStG).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht.

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