OGH 8Ob19/11v

OGH8Ob19/11v22.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj B***** F*****, geboren am *****, über den Revisionsrekurs der Mutter U***** F*****, vertreten durch Dr. Stefan Gloß, Dr. Hans Pucher, Mag. Volker Leitner, Mag. Christian Schweinzer, Mag. Georg Burger, Dr. Peter Gloß, Rechtsanwälte in St. Pölten, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 24. November 2010, GZ 23 R 451/10m-165, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Lilienfeld vom 29. September 2010, GZ 1 P 8/07k-S-160, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Der Antrag, der Oberste Gerichtshof wolle beim Verfassungsgerichtshof der Republik Österreich den Antrag stellen, § 104a AußStrG als verfassungswidrig aufzuheben, wird zurückgewiesen.

2. Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern des Kindes ist seit dem Jahr 2008 geschieden, der Mutter kommt derzeit die alleinige Obsorge zu.

Bereits im Jahr 2007 wurde über Antrag des Vaters das Verfahren über die Regelung des Besuchsrechts eingeleitet. Nach Durchführung eines von laufenden, vor Gericht in zahlreichen Schriftsätzen ausgetragenen Kontroversen der Eltern geprägten Verfahrens räumte das Erstgericht dem Vater zuletzt mit Beschluss vom 10. 7. 2009 ein Besuchsrecht an jedem Samstag einer ungeraden Kalenderwoche von jeweils 9:00 Uhr bis 20:00 Uhr ein.

Dieser Beschluss erwuchs in Rechtskraft, dennoch setzten sich die Konflikte der Eltern über die Ausübung bzw Verhinderung des Besuchsrechts fort. Die gerichtlich geregelten Besuche fanden unstrittig nie im vollen beschlussmäßigen Ausmaß statt, wobei die Eltern die Verantwortung dafür jeweils dem anderen Teil zurechneten. Von der Mutter gegen den Vater geäußerte Verdächtigungen in Richtung eines Kindesmissbrauchs erwiesen sich als substanzlos, werden aber dennoch ständig wiederholt.

Die Mutter vertritt den Standpunkt, das Kind sei von sich aus nicht bereit, mit dem Vater häufiger in Kontakt zu treten. Um es nicht weiter zu irritieren, könne sie als Mutter auf dieses Verhalten keinen Einfluss nehmen. Der Vater bewertet das distanzierte Verhalten der Tochter als Entfremdungssyndrom aufgrund negativer Beeinflussung und Übertragung der aus dem Paarkonflikt resultierenden persönlichen Aversionen durch die Mutter.

Am 4. 12. 2009 beantragte die Mutter die Aussetzung des Besuchsrechts und eine anschließende Kürzung der Besuchszeiten auf jeden zweiten Samstag von 14:00 bis 18:00 Uhr, außerdem beschränkt auf Tennisspielen und Freizeitgestaltung in St. Pölten.

In weiterer Folge kam es entgegen dem Bemühen des Vaters nur noch zu ganz sporadischen, kurzen Besuchskontakten. Das Kind selbst wurde am 3. 3. 2010 vor dem Erstgericht über seine Kontaktwünsche zum Vater befragt und erklärte, ihn nur zum Tennisspiel treffen zu wollen und auch nur dann, wenn es selbst vorher telefonisch darum ersuche.

Am 17. 6. 2010 brachte der Vater einen Antrag auf Übertragung der alleinigen Obsorge auf ihn ein. Die Mutter instrumentalisiere das Kind, unterbinde die Besuchskontakte und fördere damit die Entwicklung eines Entfremdungssyndroms, sodass das Kindeswohl gefährdet sei.

Eine Gesprächsbasis zwischen den Eltern ist nicht mehr vorhanden, eine Einigung zwischen ihnen ist nicht zu erzielen. Die Mutter lehnt jedes Zusammentreffen und auch jeden sonstigen Kontakt mit dem Vater ab. Für das Kind stellt der zwischen den Eltern bestehende Konflikt eine massive Belastung dar. Es besteht ein enormer Loyalitätskonflikt der Minderjährigen, der sich immer wieder in Verhaltensauffälligkeiten unterschiedlichster Form und Ausprägung zeigt.

Durch die intensiven Auseinandersetzungen der Eltern ist sie dieser Belastung nicht nur weiterhin ausgesetzt, sie wird sogar immer mehr in diesen Konflikt einbezogen, indem ihr die Entscheidung und damit die Verantwortung darüber zugewiesen wird, ob ein Besuchskontakt zum Vater stattfinden soll oder nicht. Die vom Gericht getroffenen Entscheidungen brachten keine Entspannung der Situation.

Mit Beschluss vom 29. 9. 2010 bestellte das Erstgericht für die Minderjährige einen Kinderbeistand gemäß § 104a AußStrG für das fortzusetzende Verfahren über die Obsorge und das Recht auf persönlichen Verkehr. Das Kind sei durch die jahrelangen Auseinandersetzungen der Eltern und deren festgestellte Auswirkungen massiv belastet.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs der Mutter nicht Folge und erklärte den angefochtenen Beschluss gemäß § 44 Abs 1 AußStrG für sofort vollstreckbar.

Nach den bisherigen Verfahrensergebnissen bestehe kein Zweifel daran, dass massive persönliche Probleme zwischen den Eltern vorlägen, die einen schweren Loyalitätskonflikt beim Kind zur Folge hätten. Die Besuchsrechtsausübung von der Entscheidung des 12-jährigen Kindes abhängig zu machen, das sich der massiven Ablehnung der Mutter gegen den Vater bewusst sei, stelle eine für das Kind belastende Überwälzung der elterlichen Verantwortung dar. Die Bestellung eines Kinderbeistands nach § 104a AußStrG entspreche daher der im Gesetz definierten Zielsetzung und stelle eine Chance für das Kind dar, gemeinsam mit einer familienfremden Person seine Position im Konflikt zwischen den Eltern zu überdenken und unabhängig von deren Vorstellungen seine Meinung und Wünsche zu äußern.

Die im Rekurs geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung des § 104a AußStrG über die Auswahl des Beistands, insbesondere im Hinblick auf eine Verletzung des Prinzips der Trennung von Justiz und Verwaltung, teilte das Rekursgericht nicht.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, welche Voraussetzungen bei der Bestellung eines Kinderbeistands nach § 104a AußStrG vorliegen müssen, noch nicht bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Vater beantwortete Revisionsrekurs der Mutter ist aus den vom Rekursgericht ausgeführten Gründen zulässig (allgemein zur Zulässigkeit vgl ErläutRV 486 BlgNR 24. GP 4), er ist aber nicht berechtigt.

1. Festzuhalten ist, dass der Oberste Gerichtshof über den Revisionsrekurs in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden hat. Die Durchführung der beantragten Revisionsrekursverhandlung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Oberste Gerichtshof auch im Außerstreitverfahren nur über Rechtsfragen entscheidet und daher keine Beweisaufnahmen oder -ergänzungen durchzuführen hat. Die Revisionsrekurswerberin hatte in ihrem Rechtsmittel ausreichende Gelegenheit zur Darlegung ihres Rechtsstandpunkts (vgl 10 Ob 23/08t; 6 Ob 126/00y uva; RIS-Justiz RS0043689).

2. Die Verfahrensparteien sind nicht berechtigt, einen Antrag an den Obersten Gerichtshof beim Verfassungsgerichtshof auf Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens gemäß Art 89 Abs 2 B-VG zu stellen. Der im Spruch wiedergegebene Antrag der Revisionsrekurswerberin ist daher zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0058452, RS0053805, RS0054189).

Die im Rechtsmittel dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Bestimmungen des mit BGBl I Nr 137/2009 eingeführten, am 1. 7. 2010 in Kraft getretenen § 104a AußStrG werden vom erkennenden Senat auch nicht geteilt.

Die Regelung, wonach das Gericht die Person des Kinderbeistands aufgrund des Vorschlags des im Gesetz genannten operativen Trägers zu bestellen hat, bedeutet nicht, dass das Gericht an den ersten ihm erstatteten Vorschlag gebunden wäre, sondern nur, dass sich seine Auswahl auf den Kreis der bei der Justizbetreuungsagentur unter Vertrag stehenden Personen beschränkt (Barth/Gröger, Das neue Kinderbeistandgesetz im Überblick, iFamZ 2010, 221 [223]). Eine Verletzung des Grundsatzes der Trennung von Justiz und Verwaltung wird dadurch nicht bewirkt, zumal der Umstand, dass die Anzahl der geeigneten und verfügbaren Kandidaten begrenzt ist, keine Besonderheit des Verfahrens nach § 104a AußStrG darstellt. Dieses Problem ist allen Konstellationen wesensimmanent, in denen ein Gericht externe Personen im Interesse von Verfahrensparteien mit bestimmten Aufgaben zu betrauen hat, zB Besuchsbegleiter (§ 111 AußStrG), Sachverständige, Kuratoren oder Sachwalter. Die Beschränkung des als Kinderbeistand in Frage kommenden Personenkreises und die Möglichkeit, eine Namhaftmachung aus wichtigen Gründen zu widerrufen, dient nach den Intentionen des Gesetzgebers einerseits der Kontrolle der finanziellen Bedeckung, aber auch der Qualitätssicherung (Barth/Haidvogl, Der Kinderbeistand, RZ 2007, 14; Reiter/Kloiber/Haller, Das Kinderbeistand-Gesetz, EF-Z 2010/96 [134]). Die getroffene Regelung ist objektiv geeignet, diese Zwecke zu erfüllen (vgl Figdor, iFamZ 2010, 228).

Soweit die Revisionsrekurswerberin mangelnde eigene Mitwirkungsrechte der Eltern bei der Auswahl moniert, ist entgegenzuhalten, dass durch die bloße Auswahl der Person des Kinderbeistands, dem keine Vertretungsbefugnis zusteht, dessen Eignung durch das besondere Bestellungsverfahren gesichert wird und der hinsichtlich der übertragenen Aufgabenkreise unmittelbar und ausschließlich der Aufsicht des Gerichts untersteht, die Rechte des gesetzlichen Vertreters nicht berührt werden (zum vergleichbaren Kollisionskurator: RIS-Justiz RS0006147 [T1]).

Der Revisionsrekurs vermag daher keine begründeten Bedenken gegen die Verfassungskonformität der Regelung aufzuzeigen.

3. Der im Rechtsmittel erhobene Vorwurf einer Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens, weil die Parteien vor der Fassung des angefochtenen Beschlusses nicht im Rahmen einer ausdrücklich beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Rekursgericht angehört worden seien, ist unbegründet.

Eine unmittelbare Beweiswiederholung nach § 52 Abs 2 AußStrG ist nur dann erforderlich, wenn das Rekursgericht von Feststellungen des Erstgerichts abzuweichen gedenkt, die auf in erster Instanz unmittelbar gewonnene Beweise gestützt wurden. In allen anderen Fällen obliegt die Durchführung einer mündlichen Rekursverhandlung dem Ermessen des Rekursgerichts, das an einen darauf abzielenden Parteienantrag nicht gebunden ist (RIS-Justiz RS0126460; RS0122252; RS0120357). Die Begründung des Rekursgerichts, dass der Rekurs überhaupt keine erkennbare Beweisrüge enthielt, deren Behandlung eine mündliche Rekursverhandlung erfordert hätte, ist zutreffend.

4. Der im Revisionsrekurs behauptete Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens, der darin bestehen soll, dass den Parteien keine Stellungnahme zur beabsichtigten Bestellung eines Beistands eingeräumt wurde, ist nicht mehr aufzugreifen. Die Parteien sind im Außerstreitverfahren berechtigt, auch noch im Rekurs neue Tatsachen und Beweismittel vorzubringen, wenn sie dartun können, dass sie an der Unterlassung der früheren Geltendmachung höchstens eine entschuldbare Fehlleistung trifft (§ 49 AußStrG). Das Rekursgericht ist folgerichtig im Außerstreitverfahren auch dann berechtigt, in der Sache zu entscheiden, wenn dem Rekurswerber in erster Instanz kein rechtliches Gehör gewährt wurde, sofern der erstinstanzliche Beschluss - wie hier - selbst aufgrund der Angaben im Rekursverfahren zu bestätigen ist (§ 58 Abs 2 AußStrG).

5. Ein Kinderbeistand ist nach § 104a Abs 1 AußStrG in Verfahren über die Obsorge oder über das Recht auf persönlichen Verkehr Minderjährigen unter 14 Jahren zu bestellen, wenn dies im Hinblick auf die Intensität der Auseinandersetzung zwischen den übrigen Parteien zur Unterstützung des Minderjährigen geboten ist und dem Gericht geeignete Personen zur Verfügung stehen.

Der Kinderbeistand ist als ein „Vertreter“ des Kindes im Sinn des Art 12 der Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes zu sehen und ein Mittel zur Durchsetzung seines auch verfassungsgesetzlich verankerten Rechts auf angemessene, seinem Alter und seiner Entwicklung entsprechende Beteiligung und Berücksichtigung seiner Meinung in allen das Kind betreffenden Angelegenheiten (Art 4 Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern, BGBl 4/2011).

Das Interesse und Wohl des betroffenen Kindes steht im Zentrum der Beurteilung, ob die Bestellung eines Kinderbeistands nach den Umständen des Falls geboten ist. Für die Berücksichtigung von gegenläufigen Interessen anderer Verfahrensbeteiligter, einschließlich des von der Mutter ins Treffen geführten Interesses an der Vermeidung von Verfahrenskosten, bieten Wortlaut und Zweck des Gesetzes keine Grundlage.

6. Ob in einem Obsorge- und Besuchsrechtsverfahren eine Auseinandersetzung von der in § 104a AußStrG geforderten Intensität stattfindet, kann immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. Es obliegt dem gebundenen Ermessen des Gerichts, ob es diese Voraussetzung für erfüllt erachtet (Barth/Gröger aaO, 221).

Die erforderliche Intensität wird nach dem Zweck der Bestimmung zu bejahen sein, wenn eine gütliche Einigung der Streitparteien nicht möglich ist und die Eltern so deutliche Differenzen aufweisen, dass sie sachlichen Argumenten nicht mehr zugänglich sind (ErläutRV 486 BlgNR 24. GP; Barth/Haidvogl aaO, 14). Im Hinblick auf das maßgebliche Auslegungskriterium des Kindeswohls gebietet die Auseinandersetzung der Eltern jedenfalls dann eine Unterstützung durch einen Kinderbeistand, wenn das Kind durch das Verfahren emotional schwerwiegend belastet und in einen Loyalitätskonflikt verstrickt wird.

7. Soweit der Revisionsrekurs meint, die Vorinstanzen hätten keine als Entscheidungsgrundlage tauglichen Feststellungen getroffen, sondern nur den bisherigen Verfahrensgang wiedergegeben, ist dies aktenwidrig, weil mit den eingangs wiedergegebenen Feststellungen über das Fehlen jeder Gesprächsbasis zwischen den Eltern und die Auswirkungen dieser Situation auf die Psyche des Kindes unvereinbar. Der Revisionsrekurs verkennt auch, dass sich gerade aus dem bisherigen Verfahrensgang, insbesondere den wechselseitigen Behauptungen und Vorwürfen, Berichten und Anschuldigungen, die wesentlichen Informationen über die Intensität der Auseinandersetzung der Eltern gewinnen lassen.

Angesichts des im Akt dokumentierten, seit Jahren praktisch ohne Pause schwelenden und an Schärfe eher zunehmenden Konflikts haben die Vorinstanzen die von den Eltern geführte Auseinandersetzung ohne Rechtsirrtum als intensiv iSd § 104a AußStrG qualifiziert.

Fest steht auch, dass das Kind einem enormen Loyalitätskonflikt ausgesetzt ist und deshalb in der Vergangenheit bereits wiederholt Verhaltensauffälligkeiten gezeigt hat. Die Minderjährige wird sogar immer mehr in den Konflikt der Eltern hineingezogen, indem ihr die Entscheidung und damit Verantwortung darüber zugeschoben wird, ob ein Besuchskontakt zum Vater stattfinden soll oder nicht. Es liegt damit geradezu ein Modellfall jener Situation vor, die der Gesetzgeber bei Schaffung des § 104a AußStrG vor Augen hatte (vgl Barth/Haidvogl aaO [15]).

8. Der Revisionsrekurs verkennt Wesen und Zweck des Kinderbeistands, wenn er meint, die Anliegen der Minderjährigen würden ohnehin durch die Mutter vertreten und sie habe darüber hinaus bereits bei der Anhörung durch den Erstrichter und gegenüber der Sachverständigen Gelegenheit gehabt, ihren Standpunkt im Verfahren zu Gehör zu bringen. Einem älteren (hier: 12-jährigen) Kind ist bereits bewusst, dass alle Äußerungen, die es im Rahmen des Verfahrens gegenüber Sachverständigen und dem Richter tätigt, nicht geheim bleiben, sondern im Verfahren verwertet und den zerstrittenen Eltern bekannt werden. Ein Kind, das im Zentrum eines intensiven Besuchsrechts- oder Sorgerechtsstreits steht, kann sich nicht einmal der Diskretion seiner Eltern sicher sein, sondern muss jederzeit damit rechnen, dass sogar seine Äußerungen gegenüber einem Elternteil allein im Verfahren zitiert, interpretiert und als Argument gegen den anderen Teil verwendet werden. Das Kind muss daher bei jeglicher Äußerung zu verfahrensrelevanten Themen mitbedenken, wie die Eltern und das Gericht wohl darauf reagieren könnten und welche Konsequenzen dies für den häuslichen Frieden und die familiären Beziehungen haben würde. Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass eine solche Lage für jedes Kind emotional ungemein belastend wirkt.

In dieser Situation soll der Kinderbeistand die Rolle eines persönlichen, neutralen Ansprechpartners des Kindes im Verfahren ausfüllen, es durch Informationen über die Problematik von Trennungen entlasten und ihm das Gefühl der Verantwortlichkeit für die Situation nehmen (vgl Barth/Haidvogl aaO, 14; ErläutRV 486 BlgNR 24. GP). Er ist - im Gegensatz zum betreuenden, selbst konfliktbelasteten Elternteil - als Außenstehender auch in der Lage, dem Kind die Besonderheiten und den Gang des gerichtlichen Verfahrens sachkundig sowie ohne einseitige emotionale Beeinflussung zu erklären.

Das Kind kann sich seinerseits dem Kinderbeistand, der zur Verschwiegenheit verpflichtet ist und nur die Kindesinteressen zu verfolgen hat, anvertrauen, ohne befürchten zu müssen, dass das Gesagte gegen seinen Willen im Verfahren den übrigen Beteiligten bekannt wird. Der Kinderbeistand soll dem Kind eine Stimme geben, wenn es sich äußern möchte, aber nur soweit es will (vgl Barth/Gröger, iFamZ 2010, 221 [223]).

9. Die im Revisionsrekurs geäußerten Zweifel, ob die Bestellung des Kinderbeistands im vorliegenden Fall die bezweckte Stärkung der Position des Kindes erreichen kann, sind nicht schon vorgreifend im Bestellungsverfahren zu prüfen. Es liegt auf der Hand, dass der Erfolg der Tätigkeit des Beistands wesentlich von der Erfüllung der elterlichen Pflicht der derzeit obsorgeberechtigten Mutter abhängen wird, trotz ihrer eigenen ablehnenden Haltung mit dem bestellten Kinderbeistand zu kooperieren und dessen Kontakt mit dem Kind zu fördern. Besondere Gründe, die einen Erfolg der Beistellung ausnahmsweise von vornherein ausschließen würden, werden nicht aufgezeigt. Der Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die Bestellung eines Kinderbeistands nach den Umständen des vorliegenden Falls geboten war, ist vollinhaltlich beizupflichten.

10. Die im Revisionsrekurs enthaltenen Wiederholungen von im Besuchsrechtsverfahren eingebrachten Argumenten, Vermutungen und Verdächtigungen, insbesondere aber auch das Vorbringen über die Konflikte der Eltern im nachehelichen Aufteilungsverfahren, sind für die Entscheidung inhaltlich ohne Relevanz, unterstreichen allerdings die Richtigkeit der Beurteilung der Vorinstanzen bezüglich der Intensität und Nachhaltigkeit der Auseinandersetzung der Eltern.

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