OGH 10Ob5/11z

OGH10Ob5/11z1.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch und Dr. Schramm sowie die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Dr. Hubert Mayrhofer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei R***** reg. Gen. mbH, *****, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, wegen 1.466.456,48 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 22. November 2010, GZ 1 R 98/10b-28, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt von der (zunächst erst- und nunmehr allein-)beklagten Partei sowie vom ehemaligen Zweitbeklagten (im Folgenden weiterhin Zweitbeklagter), hinsichtlich dessen das Verfahren infolge Eröffnung des Konkursverfahrens unterbrochen ist, die Zahlung von 1.466.456,48 EUR sA an Schadenersatz. Er begründete sein Begehren im Wesentlichen damit, dass die beiden Beklagten als faktische Geschäftsführer seines Hotelbetriebs in Kenntnis der spätestens am 30. 11. 1997 eingetretenen Zahlungsunfähigkeit seines Unternehmens die rechtzeitige Stellung eines Konkursantrags unterlassen hätten. Diese bewusste Konkursverschleppung durch die beiden Beklagten bewirke nach den §§ 1301 ff ABGB ihre solidarische Haftung für den dem Kläger durch die verspätete Konkursantragstellung entstandenen Schaden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren gegen die beiden Beklagten im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass eine zumindest bedingt vorsätzliche Schädigungshandlung (unterlassene Konkursantragstellung) durch die beiden Beklagten aus dem festgestellten Sachverhalt nicht ableitbar sei. Auch sonst sei in der Unterlassung der Stellung eines Konkursantrags kein rechtswidriges Verhalten der Beklagten zu erblicken. Es existiere keine gesetzliche Verpflichtung für die kreditgebende Erstbeklagte zur Stellung eines Konkursantrags, zumal diese keinerlei Geschäftsführungshandlungen im Betrieb des Klägers vorgenommen habe. Auch der Zweitbeklagte habe in seiner Zeit als Manager keine Geschäftsführungstätigkeiten für das Unternehmen des Klägers ausgeübt, sondern dieser habe weiterhin selbst seinen Hotelbetrieb geführt, sodass es ihm jederzeit möglich gewesen wäre, sich einen Überblick über die Finanz-, Vermögens- und Ertragslage seines Unternehmens zu verschaffen und gegebenenfalls einen Konkurseröffnungsantrag zu stellen. Die spätere Tätigkeit des Zweitbeklagten als Zwangsverwalter des vom Kläger betriebenen Unternehmens sei Gegenstand eines anderen beim Erstgericht anhängigen Verfahrens.

Das Verfahren gegen den Zweitbeklagten wurde durch die am 24. 7. 2009 über sein Vermögen erfolgte Konkurseröffnung unterbrochen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers in Ansehung der Erstbeklagten keine Folge. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Klägers ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Soweit der Kläger in seinen Revisionsausführungen weiterhin davon ausgeht, der Zweitbeklagte sei auch während seiner Zeit als Manager faktischer Geschäftsführer des Hotelbetriebs gewesen bzw habe er jedenfalls maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausgeübt, entfernt er sich in unzulässiger Weise von den gegenteiligen Feststellungen der Tatsacheninstanzen. Dies gilt in gleicher Weise auch für das weitere Vorbringen des Klägers, die Erstbeklagte hafte als Kreditgeberin nach § 69 KO iVm § 1311 ABGB, da sie die Geschäftsaufsicht über sein Unternehmen geführt, über eine Vertrauensperson (Zweitbeklagter) das Unternehmen faktisch geleitet und durch eine nur halbherzige Umsetzung des Sanierungskonzepts den Zusammenbruch des Unternehmens in Kauf genommen habe. Im Übrigen handelt es sich bei der Bestimmung des § 69 KO um ein Schutzgesetz iSd S 1311 ABGB zu Gunsten der Gläubiger und nicht des insolventen Unternehmens (9 Ob 99/00z, 9 ObA 416/97k ua; RIS-Justiz RS0027441). Allfällige Schadenersatzansprüche des Masseverwalters im Konkurs des Klägers gegen den Zweitbeklagten aufgrund dessen Tätigkeit als Zwangsverwalter sind nach den unbestritten gebliebenen Ausführungen des Erstgerichts Gegenstand eines anderen beim Erstgericht anhängigen Verfahrens.

Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass - auch unter Berücksichtigung der von der Rechtsprechung zur faktischen Geschäftsführung einer Gesellschaft entwickelten Rechtsgrundsätze (vgl dazu Dellinger in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 69 Rz 113 ff mwN; Schumacher in Bartsch/Pollak/Buchegger, Insolvenzrecht4 II/2 § 69 Rz 183 ff und 223 ff mwN) - im vorliegenden Fall keine Verpflichtung der Erstbeklagten zur Stellung eines Konkursantrags bestanden hat bzw jedenfalls keine Haftung der erstbeklagten Partei wegen unterlassener Konkursantragstellung besteht, steht im Einklang mit dieser Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Im Übrigen konnte vom Erstgericht eine Kenntnis der Organe der erstbeklagten Partei (und auch des Zweitbeklagten) von der spätestens am 30. 11. 1997 eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens des Klägers nicht festgestellt werden, während es dem Kläger als Betriebsführer jederzeit möglich gewesen wäre, sich einen Überblick über die Finanz-, Vermögens- und Ertragslage seines Unternehmens zu verschaffen und gegebenenfalls einen Konkurseröffnungsantrag zu stellen.

Eine solidarische Haftung der beiden Beklagten aufgrund der unterlassenen Antragstellung als Mittäter nach § 1301 ABGB kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil auch die Haftung für eine Unterlassung eine Pflicht zum Tun voraussetzt (vgl Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1301 Rz 1 mwN). Schließlich liegen auch für ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten keine Anhaltspunkte vor.

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