OGH 1Ob193/10d

OGH1Ob193/10d25.1.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Dr. E. Solé und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö***** B***** AG, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, Singerstraße 17-19, gegen die beklagte Partei Johann G*****, vertreten durch Proksch & Fritzsche Frank Fletzberger Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 75.053,24 EUR und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 7. Oktober 2009, GZ 23 R 148/09t-68, mit dem das Zwischenurteil des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom 20. Juli 2009, GZ 2 C 527/06d-59, teilweise bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

B e g r ü n d u n g :

Die klagende Partei begehrt ua den Klagsbetrag wegen titelloser Benützung von Teilen des öffentlichen Wassergutes „Attersee“ nach Beendigung des Benutzungsvertrags per 31. 12. 2004. Der Beklagte habe einen neuen Bestandvertrag nicht akzeptiert. Weiters stellte der Beklagte einen Zwischenantrag auf Feststellung.

Der Beklagte bestreitet im Wesentlichen die Aktivlegitimation der Klägerin. Beim Attersee handle es sich um kein öffentliches Wassergut und die klagende Partei sei nicht Fruchtnießer. Der Bund sei nach dem Übergangsgesetz (ÜG) 1920 nicht Eigentümer, sondern nur Treuhänder.

Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil das Zu-Recht-Bestehen des Klagebegehrens dem Grunde nach aus und wies den Zwischenantrag auf Feststellung des Beklagten als unzulässig zurück.

Das Berufungsgericht bestätigte das Zwischenurteil im Betrag von 34.056,16 EUR sA, hob es dagegen im darüber hinausgehenden Umfang auf und verwies insoweit die Rechtssache an das Erstgericht zurück. Dem Rekurs gegen die Zurückweisung des Zwischenantrags auf Feststellung des Beklagten gab es nicht Folge. Es erklärte weder die Revision noch den Rekurs gegen den aufhebenden Teil der Entscheidung noch den Revisionsrekurs für zulässig.

Gegen den bestätigenden Teil des Zwischenurteils richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten, der sich weiter darauf stützt, dass die Vertragsgestaltung zwischen der Republik Österreich und der Österreichischen Bundesforste AG (Sacheinlage der Liegenschaften in die AG und Rückübertragung an die Republik gegen Einräumung eines Fruchtgenussrechts) nichtig sei. Dies sei der Fall, weil die Republik Österreich bzw der Bund im Hinblick auf das ÜG 1920 gar nicht Eigentümer(in) der Liegenschaften gewesen sei. Dass sie im Grundbuch als Eigentümer(in) aufscheine, sei unerheblich. Weiters sei nach § 4 Abs 8 WRG bei zum öffentlichen Wassergut gehörenden Liegenschaften bei sonstiger Nichtigkeit des Rechtsakts die Übertragung des Eigentums erst nach bescheidmäßiger Feststellung der dauernden Entbehrlichkeit für die mit der Widmung als öffentliches Wassergut verbundenen Zwecke (Ausscheidung) bzw die Einräumung eines anderen dinglichen Rechts erst nach bescheidmäßiger Feststellung, dass hiedurch keine Beeinträchtigung der Widmungszwecke nach § 4 Abs 2 WRG eintrete, zulässig. Ein solcher Rechtsakt fehle.

Rechtliche Beurteilung

Zwar ist richtig, dass es keine Judikatur des Obersten Gerichtshofs zu den vom Rechtsmittel relevierten Rechtsfragen zu § 4 Abs 1, 3a und 8 WRG gibt, auf diese kommt es aber für die Entscheidung nicht an:

1. Richtig ist, dass, wie auch in einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (G 270/01 = JBl 2002, 711 ua) festgehalten wurde, die in § 11 Abs 2 Übergangsgesetz (ÜG) 1920 vorgesehene Lösung, wonach eine endgültige Auseinandersetzung über das staatliche Vermögen im „Verfassungsgesetz des Bundes über die finanzielle Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern“ geregelt wird, bis heute nicht erfolgt ist. Damit blieb es aber beim ersten Teil der Regelung, wonach alles übrige staatliche Vermögen (worunter auch unstrittig der Attersee fällt) - zumindest bis dahin - Vermögen des Bundes ist.

§ 11 ÜG 1920 sollte ursprünglich nach § 42 Abs 1 ÜG 1920 erst an dem Tag wirksam werden, an dem das Verfassungsgesetz des Bundes über die finanzielle Auseinandersetzung zwischen dem Bund und den Ländern bzw den Gemeinden in Geltung tritt. § 42 Abs 1 ÜG 1920 wurde aber mit der ÜG-Novelle 1925 ersatzlos gestrichen, sodass § 11 Abs 2 ÜG seither geltendes Recht ist (VfGH G 270/01 ua). Solange die dort in Aussicht gestellte Auseinandersetzung des Bundes mit den Ländern nicht erfolgt ist, bleibt es daher dabei, dass das staatliche Vermögen, also auch der Attersee, solches des Bundes ist, das im Grundbuch als Eigentum der „Republik Österreich (Österreichische Bundesforste)“ einzutragen ist (§ 1 BundesforsteG 1996).

Ob die Republik (der Bund) Volleigentümer oder lediglich treuhänderischer Eigentümer ist, ist für den Beklagten als früheren Bestandnehmer unerheblich. Auch der Treuhänder ist nach außen hin unbeschränkt Verfügungsberechtigter (RIS-Justiz RS0010482).

Solange der Bund mangels Auseinandersetzung mit den Ländern (zumindest nach außen) Eigentümer bleibt, ist aber auch § 4 Abs 1 WRG anzuwenden, der auf die Eintragung als Eigentümer in den öffentlichen Büchern abstellt. Eine zu klärende erhebliche Rechtsfrage besteht hier nicht.

2. Dass Teile der vom Beklagten benutzten Fläche zum 1. 11. 1934 (Inkrafttreten des WRG) nicht mehr als dem Attersee zugehörig erkennbar gewesen wären, hat der Beklagte in erster Instanz nicht vorgebracht. Auch betrifft das angefochtene Zwischenurteil nur solche Flächen, die auch vom Beklagten unbestritten titellos benutzt werden. Hinsichtlich der weiteren Flächen wurde die Entscheidung des Erstgerichts ohnehin aufgehoben.

3. Die Frage, ob die Verträge zwischen der Republik und der klagenden Partei gemäß § 4 Abs 8 WRG nichtig bzw schwebend unwirksam wären, weil insofern keine vorherige Ausscheidung im Sinne dieser Bestimmung erfolgte, bedarf ebenfalls keiner klarstellenden Rechtsprechung durch den Obersten Gerichtshof.

Wie sich aus § 4 Abs 8 WRG ergibt, ist die dort bei Nichtigkeitssanktion vorgesehene Ausscheidungsentscheidung bzw die Entscheidung, dass keine Beeinträchtigung der Widmungszwecke eintritt, nur dann notwendig, wenn die zum öffentlichen Wassergut gehörende Liegenschaft in Privateigentum übergeht. Abgesehen davon, dass es hier zur Rechtsübertragung an ein - wenn auch privatrechtlich organisiertes - ausgegliedertes Unternehmen des Bundes kam, das seinerseits zum größten Teil - wörtlich - denselben gesetzlichen Verpflichtungen wie das öffentliche Wassergut nach § 4 Abs 2 WRG unterliegt (vgl § 4 Abs 5 BundesforsteG 1996), würde auch die Nichtigkeit der Sacheinlage des Bundes erst recht zum Fortbestehen dessen Eigentumsrechts führen. Auch insoweit ist somit eine erhebliche Rechtsfrage nicht zu beantworten.

4. Letztlich ist auch die Frage, ob sich der Bund durch Hinauszögern der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung mit den Ländern iSd § 11 Abs 2 ÜG 1920 verfassungswidrig verhält, für dessen Verhältnis zum Rechtsmittelwerber irrelevant. Selbst wenn dem so wäre, ergäbe sich daraus keine Rechtsgrundlage dafür, dass dieser die titellos benutzte Fläche ohne Entgelt verwenden könnte.

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