Spruch:
Die außerordentliche Revision des Klägers wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der am 25. 7. 1970 geborene Kläger ist verheiratet. Er hat drei Kinder, den am 21. 10. 1998 geborenen Is*****, den am 8. 4. 2001 geborenen E***** und den am 19. 12. 2005 geborenen Ib*****. Alle Familienmitglieder sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und genießen in Österreich den Status subsidiär Schutzberechtigter nach dem AsylG 2005. Seit 21. 3. 2007 hat der Kläger keine Leistungen aus der Grundversorgung mehr erhalten.
Strittig ist (nach Klagseinschränkung) nur mehr der Anspruch des Klägers auf Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum vom 21. 3. 2007 bis 18. 6. 2008. In diesem Zeitraum war der Kläger unselbständig erwerbstätig; seine Gattin, die nicht über eine Beschäftigungsbewilligung verfügt, war nicht erwerbstätig. Der Kläger hatte für seinen Sohn Ib***** Anspruch auf Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und hat für ihn auch tatsächlich Familienbeihilfe bezogen.
Im Zeitraum vom 1. 4. 2007 bis 31. 12. 2007 erzielte der Kläger ein unselbständiges Einkommen von 8.868,78 EUR; der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte gemäß § 8 KBGG errechnet sich auf dieser Grundlage mit 15.372,55 EUR. Dieser Betrag übersteigt den für das Jahr 2007 geltenden Grenzbetrag (§ 2 Abs 1 Z 3 KBGG) um 772,55 EUR.
Aufgrund der Anhebung der Zuverdienstgrenzen mit Wirksamkeit vom 1. 1. 2008 und der Vorlage des Einkommensteuerbescheids des Klägers für 2008 hat die beklagte Vorarlberger Gebietskrankenkasse den Anspruch des Klägers auf Kinderbetreuungsgeld und auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld rückwirkend neu bemessen. Ausgehend von dem vom Kläger erzielten Arbeitseinkommen ergab sich für den Zeitraum vom 1. 1. 2008 bis 18. 6. 2008 (170 Tage) ein maßgeblicher Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8 KBGG) von 16.955,90 EUR, der den Grenzbetrag für 2008 um 755,90 EUR überschritt. Der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld wurde dementsprechend mit 10,08 EUR pro Tag und der Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld mit 1,61 EUR pro Tag neu bemessen; die entsprechenden Beträge wurden dem Kläger bereits überwiesen.
Der Kläger begehrt einen restlichen Betrag von 1.987 EUR an Kinderbetreuungsgeld mit der Begründung, dass die Zuverdienstgrenze auf subsidiär Schutzberechtigte nicht oder nur eingeschränkt anzuwenden sei. In subsidiär schutzberechtigten Familien habe nämlich nur jener Elternteil Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld, der erwerbstätig sei und keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalte. Die Bestreitung des Familienunterhalts sei jedoch mit einem unter der Zuverdienstgrenze liegenden Einkommen nicht zu schaffen. Folgerichtig wäre § 2 KBGG teleologisch dahin zu reduzieren, dass entweder die Bestimmungen über die Zuverdienstgrenze nicht auf subsidiär Schutzberechtigte anzuwenden seien oder dass die Zuverdienstgrenze nur vom überwiegend betreuenden Elternteil eingehalten werden müsse.
Das Erstgericht wies das eingeschränkte Klagebegehren im Hinblick auf den klaren Wortlaut des § 2 Abs 1 KBGG ab. Zufolge Überschreitung der Zuverdienstgrenze habe der Kläger für den Zeitraum vom 21. 3. bis 31. 12. 2007 keinen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld; für den Zeitraum vom 1. 1. bis 18. 6. 2008 gehe der Anspruch des Klägers nicht über den bereits an ihn ausgezahlten Betrag hinaus.
Auch das Berufungsgericht, das der Berufung des Klägers nicht Folge gab, verwies auf den klaren Wortlaut des § 2 Abs 1 KBGG (in der Fassung BGBl I 2006/168). Für den Kläger sei auch aus der - bis 10. 10. 2006 umzusetzenden - Richtlinie 2004/83/EG vom 29. 4. 2004 („Status-Richtlinie“) nichts zu gewinnen, weil die Mitgliedstaaten nach der allgemeinen Regel des Art 28 Abs 1 der Richtlinie befugt seien, die Sozialhilfe auf Kernleistungen zu beschränken. Das österreichische Kinderbetreuungsgeld stelle weder eine Leistung der Sozialhilfe noch eine „Kernleistung“ dar, wie sich auch aus Art 4 Abs 1 lit h der VO (EWG) 1408/71 ergebe. Auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes (weil Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte unterschiedlich behandelt würden) sei zu verneinen.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision des Klägers ist im Hinblick auf die vorhandene höchstgerichtliche Rechtsprechung zur fraglichen Thematik nicht zulässig.
Der Kläger wiederholt in seinem Rechtsmittel seinen Standpunkt, dass eine subsidiär schutzberechtigte Familie, in der mehrere Kinder leben und in der nur ein Elternteil über eine Beschäftigungsbewilligung verfüge (und durch seine Erwerbstätigkeit erst einen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld schaffe), vom Bezug von Kinderbetreuungsgeld ausgeschlossen sei, wohingegen der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld bei asylberechtigten Personen und solchen, die sich nach §§ 8 f NAG in Österreich aufhalten, keine Erwerbstätigkeit voraussetze. Damit werde eine gleichheitswidrige Lage zwischen subsidiär Schutzberechtigten einerseits und Asylberechtigten bzw Personen, die sich nach §§ 8 f NAG aufhalten, geschaffen (der Gleichheitssatz gelte auch im Verhältnis von Fremden untereinander). Eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung bestehe auch im Verhältnis zwischen subsidiär Schutzberechtigten mit nur einem Kind (in solch einer Familie könnten die Unterhaltspflichten auch mit einem unter den Zuverdienstgrenzen liegenden Einkommen erfüllt werden) und subsidiär Schutzberechtigten mit mehreren Kindern. Insgesamt bestünden somit erhebliche Bedenken gegen die Verfassungskonformität des § 2 Abs 1 Z 3 KBGG.
Mit diesen Argumenten hat sich der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung 10 ObS 53/08d (= SSV-NF 22/44) in den wesentlichen Zügen auseinandergesetzt. In dieser Entscheidung wurde darauf hingewiesen, dass das Kinderbetreuungsgeld keine Sozialhilfeleistung im Sinne der Richtlinie 2004/83/EG ist; weiters wurde ausgeführt, dass gegen § 2 Abs 1 Z 5 lit c KBGG, wonach nur subsidiär Schutzberechtigte, die keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind, Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld haben, keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Der Oberste Gerichtshof hat die Differenzierung zwischen Asylberechtigten bzw nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannten Flüchtlingen einerseits und subsidiär Schutzberechtigten nach dem AsylG 2005 andererseits für sachlich gerechtfertigt erachtet, weil der Status des Asylberechtigten ein dauerndes Einreise- und Aufenthaltsrecht gewährt, während es sich bei subsidiär Schutzberechtigten um Fremde handelt, die lediglich ein vorübergehendes, verlängerbares Einreise- und Aufenthaltsrecht besitzen. Da dem Gesetzgeber - nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs - bei der Gewährung familienfördernder Maßnahmen ein großer Gestaltungsspielraum zukommt, darf der Gesetzgeber entsprechende Ansprüche von einer qualifizierten Nahebeziehung zum Inland abhängig machen. Ausgehend von dieser Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (zuletzt B 1397/06) ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn der Gesetzgeber beispielsweise den Anspruch auf Familienbeihilfe einer Personengruppe (Asylwerbern) vorenthält, der eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz nicht zukommt.
Diese Grundsätze sind auch auf die Einhaltung der Zuverdienstgrenzen in Bezug auf den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld zu übertragen. Es ist zweifellos richtig, dass der Zugang zum Kinderbetreuungsgeld für eine Person wie den Kläger - unter Bedachtnahme auf die Einhaltung der Zuverdienstgrenzen - schwieriger ist als beispielsweise für eine asylberechtigte Person oder auch für einen Familienvater mit nur einem Kind; im Hinblick auf den beschriebenen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Gewährung familienfördernder Leistungen liegt darin aber noch keine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gebots der Gleichbehandlung von Fremden untereinander, ist doch für die Differenzierung ein bereits oben erwähnter vernünftiger Grund (Nahebeziehung zum Inland) erkennbar; außerdem ist die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig (zu diesen beiden Kriterien siehe zuletzt VfGH U 2839/09).
Ausgehend von der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs und des Obersten Gerichtshofs sieht sich der Senat zu der vom Kläger angeregten Antragstellung auf Überprüfung des § 2 Abs 1 Z 3 KBGG durch den Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst.
Die außerordentliche Revision des Klägers ist somit mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
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