OGH 5Ob114/10s

OGH5Ob114/10s20.12.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Georg Mittermayer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Eigentümergemeinschaft *****, vertreten durch Dr. Bertram Broesigke und Dr. Wolfgang Broesigke, Rechtsanwälte in Wien, wegen Duldung (Streitwert 5.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 30. März 2010, GZ 37 R 493/09p-30, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Döbling vom 24. September 2009, GZ 6 C 612/07z-24, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 373,32 EUR bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt und die ordentliche Revision zulässig sei. Die Frage nach einer Pflicht der Beklagten zur Duldung der Erneuerung der Gasleitung aufgrund eines konkludent zustandgekommenen Vertragsverhältnisses habe über den vorliegen Einzelfall hinaus Bedeutung, gäbe es doch in Wien viele Gebäude mit alten Leitungen, deren Einbau aufgrund nicht mehr auffindbarer Verträge erfolgt sei.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem Ausspruch, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 508a Abs 1 ZPO), hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab. Das ist wie folgt kurz zu begründen (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO):

Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine (vorbeugende) Duldungsklage im Rahmen eines bestehenden Schuldverhältnisses grundsätzlich zulässig sein kann (vgl RIS-Justiz RS0037501). Im Revisionsverfahren ist nur mehr strittig, ob zwischen den Streitteilen - konkludent - ein Vertragsverhältnis zustandekommen ist, welches die beklagte Eigentümergemeinschaft verpflichtet, die Erneuerung der Gasleitung auf den gegenwärtigen Stand der Technik zu dulden.

Ob durch schlüssiges Verhalten ein Vertrag zustande gekommen ist, hängt typischerweise von den Umständen des Einzelfalls ab und stellt daher idR keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0043253; 5 Ob 28/07i; 5 Ob 167/05b). Wenn das Berufungsgericht angesichts des offenbar jahrelang unbeanstandeten Bestandes der Leitungsanlage und deren Nutzung zur vertragskonformen Versorgung einzelner Wohnungseigentümer das konkludente Zustandekommen eines Vertragsverhältnisses (auch) mit der beklagten Eigentümergemeinschaft bejahte, stellt dies jedenfalls keine unvertretbare Beurteilung des vorliegenden Einzelfalls dar (5 Ob 106/03d; 6 Ob 88/02p [jeweils zu einer jahrelang beibehaltenen Nutzung im Lichte des § 863 ABGB]).

Auch die Auslegung des Inhalts eines (hier: durch schlüssiges Verhalten zustandegekommenen) Vertrags ist idR eine Einzelfallbeurteilung ohne darüber hinausgehende Bedeutung (vgl RIS-Justiz RS0042936; RS0042776; RS0044358). Die Ansicht des Berufungsgerichts, die im Ergebnis im „Versorgungsvertrag“ auch eine (Duldungs-)Pflicht zur Erhaltung der Anlage in einem betriebssicheren, dem Stand der Technik entsprechenden Zustand erkennt, stellt ebenfalls keine aufzugreifende Fehlbeurteilung dar, wird doch damit nur die gefahrlose Versorgungsabwicklung gewährleistet.

Mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision unzulässig und zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision zutreffend hingewiesen (RIS-Justiz RS0035979).

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