OGH 5Ob122/10t

OGH5Ob122/10t20.12.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** AG, *****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer, Dr. Siegfried Sieghartsleitner und Dr. Michael Pichlmair, Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagten Parteien 1. Hugo R***** und 2. Herta Pauline R*****, beide *****, beide vertreten durch Mag. Klaus Rinner, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert 72.000 EUR), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 5. Mai 2010, GZ 6 R 86/10z-18, mit dem infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichts Wels vom 26. März 2010, GZ 5 Cg 93/09i-14, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien binnen 14 Tagen die mit 2.263,52 EUR bestimmten Kosten (darin 377,25 EUR an Umsatzsteuer) ihrer Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Beklagten, über deren Vermögen jeweils 2001 der Konkurs eröffnet worden ist, sind Hälfteeigentümer näher bezeichneter Liegenschaften, ob welchen ein (Belastungs- und) Veräußerungsverbot einverleibt ist, an dem bislang die Verbücherung von Pfandrechten zugunsten der Klägerin für den Beklagten gewährten Kredite scheiterte.

Die Klägerin leitet in ihrer nach Konkurseröffnung eingebrachten Klage aus einem zur Sicherung der den Beklagten gewährten Kredite geschlossenen Pfandrechtsvertrag die Urteilshaupt- und -eventualbegehren ab, die Beklagten seien schuldig, eine Veräußerung und/oder Belastung, insbesondere Verpfändung, ihres jeweiligen Anteils an den bezeichneten Liegenschaften - in eventu unter der Bedingung der Konkursaufhebung, in eventu nach Konkursaufhebung - zu unterlassen.

Das Erstgericht wies die Klage - nach Streitanhängigkeit - unter Berufung auf § 6 Abs 1 KO zurück.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil - soweit überblickbar - keine Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob die aus einem Pfandrechtsvertrag resultierenden Unterlassungsverpflichtungen von der Konkurssperre umfasst seien.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem Ausspruch, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 526 Abs 2 ZPO), hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO ab. Das ist wie folgt kurz zu begründen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO):

1. Nach dem hier - zufolge § 273 Abs 1 IO (BGBl I 2010/29) - noch maßgeblichen § 6 Abs 1 KO können Rechtsstreitigkeiten, welche die Geltendmachung oder Sicherstellung von Ansprüchen auf das zur Konkursmasse gehörige Vermögen bezwecken, nach der Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner weder anhängig gemacht noch fortgesetzt werden. Gemäß § 6 Abs 3 KO können Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die das zur Konkursmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen, insbesondere über Ansprüche auf persönliche Leistungen des Gemeinschuldners, auch während des Konkurses gegen den Gemeinschuldner oder von ihm anhängig gemacht und fortgesetzt werden.

2. Zu den „Gemeinschuldnerprozessen“ gehören nur jene Streitigkeiten, deren Gegenstand gar nicht vermögensrechtlicher Natur ist, und Streitigkeiten vermögensrechtlicher Natur, sofern der Streitgegenstand weder einen Aktivbestandteil noch einen Passivbestandteil der (Sollmasse) Konkursmasse bildet. Letzteres ist aber nur zu bejahen, wenn dem Klagebegehren stattgebende Entscheidungen im Prozess auf den Stand der Sollmasse unmittelbar keinen Einfluss nehmen. Unmittelbar ist deren Einfluss aber auch dann, wenn der Streitgegenstand selbst zwar den Sollstand der Masse nicht berührt, mit vermögensrechtlichen, die Masse betreffenden Ansprüchen aber derart eng verknüpft ist, dass sich das klagsstattgebende Urteil auf deren Bestand oder Höhe rechtsnotwendigerweise unmittelbar auswirkt (RIS-Justiz RS0064115). Prozesse, die die Konkursmasse nur teilweise betreffen, sind vom Masseverwalter zu führen. Bei Ansprüchen, die eng mit solchen verknüpft sind, die der Unterbrechungswirkung unterliegen, kommt eine Teilunterbrechung und Teilfortsetzung des Verfahrens nicht in Betracht, sondern das gesamte Verfahren wird durch die Konkurseröffnung unterbrochen und ist sodann vom/gegen den Masseverwalter fortzusetzen (vgl RIS-Justiz RS0108519). Die Frage nach der Massezugehörigkeit, die das Gericht von Amts wegen zu erheben hat, muss nach objektiven Kriterien beantwortet werden. Das Tatsachenvorbringen des Klägers ist (nur) dann maßgeblich, wenn der streitige Gegenstand nach diesem Tatsachenvorbringen schon von Gesetzes wegen (nicht) zur Masse gehört (1 Ob 159/01s = SZ 74/134 mwN; 8 Ob 101/04t = SZ 2004/159). Diesen Grundsätzen entsprechen die Entscheidungen der Vorinstanzen, mit denen lediglich einzelfallbezogen spezifisch formulierte Klagebegehren zu beurteilen waren:

3. Unstrittig ist, dass die von der Klägerin angesprochenen Liegenschaften jeweils zur Konkursmasse gehören und sich damit die von den Beklagten im Hauptbegehren verlangte Unterlassung unmittelbar auf zur Konkursmasse gehöriges (Liegenschafts-)Vermögen bezieht. Überdies leitete die Klägerin ihre Unterlassungsbegehren allesamt aus Nebenverpflichtungen aus einem mit den Beklagten abgeschlossenen, besagte Liegenschaften betreffenden Pfandrechtsvertrag ab. Die demnach notwendige - alle Haupt- und Eventualbegehren gleichermaßen betreffende - Beurteilung der Rechtswirksamkeit aus diesem Vertrag abgeleiteter Verfügungsbeschränkungen über die Liegenschaften hat ebenfalls unmittelbar vermögensrelevante Auswirkungen auf den Wert dieser Liegenschaften als jeweilige Massebestandteile.

Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO ist der Revisionsrekurs somit unzulässig und zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagten haben auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels zutreffend hingewiesen (vgl RIS-Justiz RS0035979).

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