OGH 3Ob181/10d

OGH3Ob181/10d14.12.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. F***** F***** und 2. A***** F*****, beide vertreten durch Dr. Erich Gugenberger, Rechtsanwalt in St. Georgen, gegen die beklagten Parteien 1. W***** E***** und 2. S***** E*****, beide vertreten durch Mory & Schellhorn OEG, Rechtsanwaltsgemeinschaft in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert 5.800 EUR) und 60 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 9. Juni 2010, GZ 22 R 208/10g-119, womit das Urteil des Bezirksgerichts Neumarkt bei Salzburg vom 2. April 2010, GZ 2 C 1124/03w-115, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Vorinstanzen wiesen das auf Unterlassung der Nutzung eines Grundstücksteils gerichtete Klagebegehren ebenso wie einen Zwischenantrag auf Feststellung der Ersitzungsvoraussetzungen und ein Schadenersatzbegehren wegen rechtswidriger Beseitigung eines Zauns mit der Begründung ab, die Kläger hätten ihr Eigentum an den strittigen Grundstücksteil nicht nachweisen können.

Die Kläger machen als erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO geltend, es fehle Rechtsprechung zur Frage, inwieweit ein Liegenschaftseigentümer verpflichtet sei, die Richtigkeit und Rechtmäßigkeit behördlicher Maßnahmen im Bezug auf den Grenzverlauf zu überprüfen, insbesondere wenn diese die Übernahme des Grenzpunkts in den Grenzkataster zur Folge gehabt hätten.

Rechtliche Beurteilung

Ob den Rechtsvorgängern der Kläger der für die Ersitzung erforderliche gute Glaube an die Rechtmäßigkeit ihres Besitzes zugebilligt werden muss, kann nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. Allgemein gilt, dass der für die Ersitzung erforderliche gute Glaube wegfällt, wenn der Besitzer entweder positiv Kenntnis erlangt, dass sein Besitz nicht rechtmäßig ist, oder wenn er zumindest solche Umstände erfährt, die zu Zweifeln an der Rechtmäßigkeit seines Besitzes Anlass geben (RIS-Justiz RS0010184). Die Beurteilung der Umstände des Einzelfalls geht regelmäßig in ihrer Bedeutung nicht über diesen hinaus. Die Entwicklung allgemein gültiger Grundsätze für im Einzelfall dann immer wieder abweichende Situationen ist nicht möglich. Eine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung liegt nicht vor. Die Auffassung der Vorinstanzen, den Rechtsvorgängern der Kläger könne guter Glaube an die Rechtmäßigkeit ihres Besitzes (bezogen auf den strittigen Grundstücksteil) nicht zugebilligt werden, weil die Festlegung der Grenze seinerzeit nicht einvernehmlich erfolgt sei bzw die Rechtsvorgängerin der Beklagten einer bestimmten Grenzziehung ausdrücklich nicht zugestimmt habe, ist jedenfalls vertretbar.

Auf die weiters aufgeworfene Frage, welche Auswirkung die nachträgliche Herausnahme einer Liegenschaft aus dem Grenzkataster auf die angrenzenden Liegenschaften hat, und wie es sich in diesem Zusammenhang mit dem Gutglaubensschutz nach § 49 VermG verhalte, kommt es in diesem Fall nicht an. Dem klägerischen Standpunkt, den strittigen Grundstücksteil im Vertrauen auf die Richtigkeit des Grenzkatasters (§ 8 VermG) erworben zu haben, steht die Feststellung der Vorinstanzen entgegen, dass den Klägern bzw ihren Rechtsvorgängern zumindest ab 1968 bewusst war bzw sie hätten wissen müssen, dass es in diesem Grundstücksbereich Uneinigkeit zwischen den Streitteilen bzw ihren jeweiligen Rechtsvorgängern in Bezug auf den Grenzverlauf gegeben hat. Die Beurteilung einer allfälligen Unkenntnis als fahrlässig fällt zwar in den Bereich rechtlicher Beurteilung, die diese Beurteilung tragenden Tatsachenfeststellungen sind dem Ersturteil aber zu entnehmen (wenn auch disloziert im Rahmen der Beweiswürdigung).

Die Argumentation der Revisionswerber mit in der Natur vorhandenen Grenzen im Zusammenhang mit dem Rechtserwerb der Beklagten widerspricht den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen, wonach in der Natur ersichtliche Grenzen nicht vorhanden waren.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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