OGH 8Ob93/10z

OGH8Ob93/10z23.11.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin F***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Emberger Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Antragsgegner 1. R***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Siemer-Siegl-Füreder & Partner, Rechtsanwälte in Wien, 2. B*****, vertreten durch Karasek, Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in Wien, 3. S***** GmbH & Co KG, *****, 4. A***** GmbH, *****, 5. O***** GesmbH, *****, die 3.-5. Antragsgegner vertreten durch Schuppich Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, 6. K***** KG, *****, vertreten durch Karasek, Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in Wien, 7. B***** GmbH, *****, 8. M***** GmbH, ***** und 9. A***** GmbH, *****, die 7.-9. Antragsgegner vertreten durch Dr. Johannes Hock sen, Dr. Johannes Hock jun Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Beweissicherung, über den Rekurs der vormaligen Antragsgegnerin F***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Johannes Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 18. Mai 2010, GZ 22 R 11/10p, 22 R 12/10k und 22 R 13/10g-139, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurswerberin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin beantragte im Zusammenhang mit einem Großbauvorhaben die Beweissicherung durch Befundaufnahme eines Sachverständigen.

Das Erstgericht bewilligte den Beweissicherungsantrag ohne Anhörung der Parteien und bestellte einen Sachverständigen zur Durchführung der Beweissicherung.

Die Rekurswerberin beantragte mit Schriftsatz vom 23. 9. 2009 die Aufhebung des Beweissicherungsbeschlusses, weil sie mit der Planung nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt betraut gewesen sei, sodass die Voraussetzungen des Beweissicherungsantrags ihr gegenüber nicht gegeben seien. Daraufhin zog die Antragstellerin den Antrag gegenüber der Rekurswerberin ausdrücklich zurück.

Mit Beschluss vom 28. 9. 2009 (ON 17) wies das Erstgericht den Antrag der Rekurswerberin auf Zuspruch von Kosten für den Schriftsatz vom 23. 9. 2009 ab und ihre Äußerung zum Beweissicherungsantrag zurück. Mit Beschluss vom 9. 10. 2009 (ON 29) wurde ein Antrag der Rekurswerberin, ihr Kosten für die Äußerung zum Beweissicherungsantrag, für die Teilnahme an der Beweissicherungstagsatzung am 24. 9. 2009 und für den Kostenbestimmungsantrag zuzuerkennen, abgewiesen.

Am 14. 10. 2009 beantragte die Rekurswerberin schließlich die Teilnahme an der Beweisaufnahme im Verfahren als Partei. Hilfsweise beantragte sie die Zulassung als Nebenintervenientin auf Seiten der Antragsgegner und lehnte den Sachverständigen ab. Sie habe ein rechtliches Interesse am Ausgang des Beweissicherungsverfahrens, in dem sie daher Partei sei. Sie könne in einem späteren Verfahren für etwaige Mängel verantwortlich gemacht werden, sodass sie ein Recht auf Teilnahme an der Beweisaufnahme habe.

Mit Beschluss vom 10. 12. 2009 (ON 70) wies das Erstgericht die Anträge der Rekurswerberin, sie im Verfahren als Partei beizuziehen bzw sie als Nebenintervenientin auf Seiten der Antragsgegner zuzulassen, ab; den Ablehnungsantrag gegen den bestellten Sachverständigen wies es zurück.

Gegen die Beschlüsse des Erstgerichts vom 28. 9. 2009, 9. 10. 2009 und 10. 12. 2009 erhob die Rekurswerberin jeweils Rekurs. Das Rekursgericht gab mit Beschluss vom 9. 2. 2010 (ON 111) diesen Rekursen nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig sei.

Gegen diesen Beschluss erhob die Rekurswerberin einen Revisionsrekurs. § 528 Abs 2 Z 2 ZPO sei nicht anwendbar, weil ein Fall der Verweigerung des Rechtszugangs einer Partei ohne meritorische Erledigung des Sachantrags dem Fall der Klagezurückweisung aus formellen Gründen gleichzuhalten sei.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Rekursgericht als (Durchlaufgericht) den gegen seinen Beschluss vom 9. 2. 2010 erhobenen Revisionsrekurs zurück.

Ein der Klagezurückweisung aus formellen Gründen analoger Fall liege nicht vor. Es fehle zwar höchstgerichtliche Rechtsprechung, ob im Fall der Anwendung des „materiellen Parteibegriffs“ im Beweissicherungsverfahren die Konformitätsschranke des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO auf einen Antrag einer bislang nicht als Antragsgegnerin geführten Partei auf Beiziehung zum Verfahren anzuwenden sei. Der vorliegende Fall sei jedoch vergleichbar mit der Abweisung eines Beweissicherungsantrags ohne weitere Prüfung. Auch in einem solchen Fall sei ein bestätigender Beschluss der zweiten Instanz jedenfalls unanfechtbar. Der Revisionsrekurs sei daher unzulässig.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Rekurswerberin.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig (RIS-Justiz RS0044547; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 519 Rz 28; E. Kodek in Rechberger, ZPO³ § 528 Rz 2), er ist jedoch nicht berechtigt.

1. Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs gegen bestätigende Beschlüsse des Rekursgerichts jedenfalls (absolut) unzulässig, es sei denn, dass die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen wurde. Die Ausnahmebestimmung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO umfasst nach ständiger Rechtsprechung nur formalrechtlich begründete Klagezurückweisungen (4 Ob 91/07x; SZ 66/118 uva). Die Anfechtung von Konformatsbeschlüssen ist demnach nur für die definitive Versagung des Rechtsschutzes, also die Verweigerung des Zugangs zu Gericht vorgesehen (4 Ob 91/07x; 4 Ob 200/02v). Ein derartiger oder auch nur ein vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor.

2. Der Rekurswerber verkennt nicht, dass der Oberste Gerichtshof in seinen zu dieser Frage ergangenen Entscheidungen die Ausnahmebestimmung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO im Beweissicherungsverfahren nicht als anwendbar und daher den Revisionsrekurs gegen zwei gleichlautende Beschlüsse als jedenfalls unzulässig erachtete (RIS-Justiz RS0084610). Die im Rekurs dagegen vorgebrachten Einwände, die von vornherein nur insoweit beachtlich sein könnten, als dem Rekurswerber die Parteistellung abgesprochen wurde, bieten keinen Anlass, von dieser Rechtsauffassung abzugehen: Das in den §§ 384 ff ZPO geregelte Beweissicherungsverfahren soll dem Beweisverlust oder der erschwerten Benutzung eines Beweismittels vorbeugen. Es dient der vorsorglichen Beweisaufnahme außerhalb eines Erkenntnisverfahrens (Fasching, LB² Rz 922), nicht aber der inhaltlichen Prüfung eines Anspruchs. Das Ergebnis der Beweisaufnahme unterliegt der freien Beweiswürdigung des erkennenden Richters, der die Beweisaufnahme gemäß § 389 Abs 3 ZPO im Lauf des Rechtsstreits auch ergänzen oder wiederholen kann (Fasching aaO Rz 923; Rassi in Fasching/Konecny² III § 389 Rz 7). Nach § 389 Abs 2 ZPO hat das Gericht nach § 272 ZPO zu würdigen, welcher Einfluss den Einwendungen einzuräumen sei, dass die Beweisaufnahme nicht nach den Bestimmungen stattgefunden hat, die für eine im Lauf des Prozesses erfolgende Beweisaufnahme gelten, oder dass der Gegner von der Beweisaufnahme nicht oder nicht rechtzeitig verständigt wurde. Selbst der nicht im Beweissicherungsverfahren beigezogenen Partei ist es in einem streitigen Verfahren daher möglich, dem dort vorgelegten Ergebnis einer Beweisaufnahme aus einem Beweissicherungsverfahren ohne Verlust ihrer Rechte entgegenzutreten. Von einer definitiven Verweigerung des Rechtsschutzes kann daher keine Rede sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.

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