OGH 3Ob203/10i

OGH3Ob203/10i11.11.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Dr. Helmut Berger-Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A*****, vertreten durch Dr. Ursula Heber, Rechtsanwältin in Stockerau, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über die „außerordentliche“ Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 16. Juli 2010, GZ 43 R 413/10v-31, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 28. April 2010, GZ 1 C 29/09v-25, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies das (inhaltlich als Oppositionsklage aufzufassende) Begehren, die mit Beschluss des Erstgerichts vom 13. Mai 2009 bewilligte Fahrnis- und Gehaltsexekution zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstands von 3.125 EUR sowie des laufenden Unterhalts von 625 EUR monatlich werde für unzulässig erklärt, ab.

Das Berufungsgericht gab der dagegen vom Kläger erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die gegen dieses Urteil erhobene „außerordentliche“ Revision des Klägers legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Diese Vorgangsweise widerspricht der Rechtslage:

Nach § 502 Abs 4 ZPO idF BGBl I 2009/52 ist in den in § 49 Abs 2 Z 1 und 2 JN bezeichneten familienrechtlichen Streitigkeiten, wozu auch Streitigkeiten über einen Unterhaltsvergleich zwischen Ehegatten zählen (RIS-Justiz RS0046467 [T8]), die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen vier Wochen nach der Zustellung des Berufungsurteils den beim Erstgericht (§ 508 Abs 2 erster Satz ZPO) einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird.

Der Streitwert einer Oppositionsklage, mit welcher der Ausspruch des (gänzlichen oder teilweisen) Erlöschens eines in Geld zu berichtigenden Unterhaltsanspruchs angestrebt wird, ist nach § 58 Abs 1 JN (dreifache Jahresleistung - RIS-Justiz RS0042366) unter Hinzurechnung des betriebenen Unterhaltsrückstands zu ermitteln (RIS-Justiz RS0001624).

Der Entscheidungsgegenstand zweiter Instanz übersteigt somit 30.000 EUR nicht. Er beträgt vielmehr insgesamt 25.625 EUR (625 EUR mal 36 zuzüglich 3.125 EUR).

Der Oberste Gerichtshof ist daher funktionell für die Behandlung der „außerordentlichen“ Revision nicht zuständig: Erhebt in den in § 508 Abs 1 ZPO angeführten Fällen eine Partei ein Rechtsmittel, so ist dieses gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Das gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ bezeichnet wird und wenn es an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist; auch dieser darf nur entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei. Dies gilt ferner auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz nicht iSd § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (stRsp; RIS-Justiz RS0109623).

Die Vorlage der „außerordentlichen“ Revision direkt an den Obersten Gerichtshof ist daher verfehlt. Inwieweit das Rechtsmittel einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen überlassen.

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