OGH 1Nc63/10w

OGH1Nc63/10w10.11.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Hans-Joachim S*****, vertreten durch Dr. Michael Kramer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, wegen 4.000 EUR und Feststellung (Streitwert 4.000 EUR), über den Ordinationsantrag der klagenden Partei den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Ordinationsantrag wird abgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger behauptet in seiner direkt beim Obersten Gerichtshof eingebrachten Amtshaftungsklage Amtshaftungsansprüche (Schmerzengeld 4.000 EUR und Feststellung), die er aus „Rechtsverletzungen“ verschiedener Bezirks- und Landesgerichte und Staatsanwaltschaften aus dem Sprengel des Oberlandesgerichts Wien sowie aus angeblich unrichtigen, nicht näher bezeichneten Entscheidungen des Oberlandesgerichts Wien als Rechtsmittelgericht ableitet. Er stellt gestützt auf § 28 Abs 1 JN an den Obersten Gerichtshof den Antrag, für diese Amtshaftungsklage ein örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen, und zwar aus Zweckmäßigkeitsgründen und zur Wahrung der Objektivität in einem Gerichtssprengel eines westlich gelegenen Bundeslandes.

Rechtliche Beurteilung

Die Voraussetzungen für eine Ordination nach § 28 Abs 1 JN liegen nicht vor. Sind für eine bürgerliche Rechtssache die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts im Sinn dieses Gesetzes oder einer anderen Rechtsvorschrift nicht gegeben oder nicht zu ermitteln, so hat der Oberste Gerichtshof aus den sachlich zuständigen Gerichten eines zu bestimmen, welches für die fragliche Rechtssache als örtlich zuständig zu gelten hat, wenn Österreich aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrags zur Ausübung von Gerichtsbarkeit verpflichtet ist (Z 1), der Kläger österreichischer Staatsbürger ist oder seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz im Inland hat und im Einzelfall die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre (Z 2), die inländische Gerichtsbarkeit, nicht aber ein örtlich zuständiges Gericht vereinbart worden ist (Z 3). Grundvoraussetzung ist zunächst, dass ein Gerichtsstand in Österreich nicht gegeben oder nicht zu ermitteln ist (Mayr in Rechberger³ § 28 JN Rz 1). Die örtliche Zuständigkeit des sachlich zuständigen Landesgerichts, in dessen Sprengel die „Rechtsverletzung“ begangen wurde, ließe sich grundsätzlich nach § 9 Abs 1 AHG bestimmen, wenn dies auch die Zuständigkeit unterschiedlicher Landesgerichte für die aus nicht identen anspruchsbegründenden Sachverhalte abgeleiteten jeweiligen Ansprüche bedeuten könnte. Nur wenn über einen Anspruch, der aus einem rechtswidrigen und schuldhaften Organverhalten im Ausland abgeleitet wird, zu entscheiden wäre, wäre nach § 28 Abs 1 Z 2 JN analog ein österreichisches Landesgericht als zuständig zu bestimmen (Schragel, AHG³ Rz 247 und 256 mwN).

Die vom Kläger angesprochene notwendige Delegierung nach § 9 Abs 4 AHG setzt die Einleitung eines Verfahrens durch eine bei dem nach § 9 Abs 1 AHG zuständigen Gericht eingebrachte Klage voraus (1 Nc 80/07s mwN); sie ist daher in diesem Fall nicht zulässig.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte