OGH 4Ob182/10h

OGH4Ob182/10h9.11.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen S***** E*****, geboren am *****, und P***** E*****, geboren am *****, vertreten durch das Amt für Jugend und Familie - Rechtsvertretung Bezirke 3, 11, Wien 3, Karl-Borromäus-Platz 3, wegen Unterhalt, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters Dr. T***** E*****, vertreten durch Dr. Alfred Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. Juli 2010, GZ 45 R 210/10f-14, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 8. Februar 2010, GZ 3 PU 267/09k-8, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht bestimmte auf Antrag der beiden Kinder den vom Vater zu leistenden Unterhalt wie folgt: für beide Kinder jeweils einen rückständigen Betrag (gestaffelt nach unterschiedlichen Zeiträumen in unterschiedlicher Höhe) sowie einen laufenden Unterhalt ab 1. 7. 2009 von 582 EUR bzw 452 EUR monatlich.

Dem Rekurs des Vaters gab das Rekursgericht mit seinem nach dem 30. 6. 2009 gefassten Beschluss (Art 16 Abs 4 Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl I Nr 52/2009) nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Den gegen diesen Beschluss erhobenen „außerordentlichen Revisionsrekurs“ der Antragsteller an den Obersten Gerichtshof, worin der Antrag gestellt wird, der Oberste Gerichtshof möge den angefochtenen Beschluss abändern, hilfsweise aufheben und die Rechtssache an das Gericht erster oder zweiter Instanz rückverweisen, legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor. Diese Vorgangsweise widerspricht der geltenden Rechtslage:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 dieses Gesetzes - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts - beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung). Die Zulassungsvorstellung, die mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird.

Im vorliegenden Fall übersteigt der Gegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, nicht 30.000 EUR:

Unterhaltsansprüche mehrerer Kinder beruhen nicht auf dem selben tatsächlichen und rechtlichen Grund, sondern sind nur gleichartige, auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche; eine Zusammenrechnung findet daher nicht statt (RIS-Justiz RS0112656). Bei der Ermittlung des Entscheidungsgegenstands des Rekurs- oder Berufungsgerichts in Unterhaltsverfahren kommt es dann, wenn (auch) laufende Ansprüche zu beurteilen sind, grundsätzlich auf den 36-fachen Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags an, der zum Zeitpunkt der Entscheidung der zweiten Instanz zwischen den Parteien noch strittig war; der neben dem laufenden Geldunterhalt geltend gemachte Rückstand ist der dreifachen Jahresleistung nicht hinzuzurechnen (RIS-Justiz RS0114353).

Da der Entscheidungsgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, somit für beide Antragsteller unter 30.000 EUR liegt, wäre ihr Rechtsmittel nicht dem Obersten Gerichtshof - auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird -, sondern vielmehr dem Rekursgericht vorzulegen gewesen. Dies wird das Erstgericht nunmehr nachzuholen haben. Ob der im Rechtsmittel gestellte Antrag, der Oberste Gerichtshof möge den Revisionsrekurs für zulässig erachten, den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS-Justiz RS0109505 [T34]; RS0109516).

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