OGH 4Ob183/10f

OGH4Ob183/10f9.11.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Daniel Bräunlich Rechtsanwalt GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei G*****, vertreten durch DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 36.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 6. September 2010, GZ 4 R 156/10d-53, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO und § 521a Abs 2 ZPO abgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte ist Pächterin in einem Einkaufszentrum der Klägerin und vertreibt dort ihre Markenware. Nach dem Vertrag darf sie im Umkreis von 4 km kein „gleichartiges oder ähnliches“ Geschäft betreiben, und zwar „weder direkt selbst noch indirekt (zB durch einen Franchisepartner etc)“; sie hat auch eine Beteiligung an solchen Unternehmen oder „irgendeine Mitwirkung an ihrem Betrieb“ zu unterlassen.

Die Beklagte beabsichtigte, in einem innerhalb der 4 km-Zone gelegenen „Outlet-Center“ ein Geschäft zu eröffnen, nahm davon aber aufgrund einer Intervention der Klägerin Abstand. Statt dessen gründete sie nach dem von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommenen Sachverhalt über Strohmänner ein formal selbständiges Unternehmen, das nun das Geschäft im Outlet-Center betreibt und dort Markenware der Beklagten verkauft. Beliefert wird dieses Unternehmen entweder unmittelbar von der Beklagten oder über einen der Strohmänner.

Die Vorinstanzen werteten das Verhalten der Beklagten als indirektes Betreiben eines ähnlichen Geschäfts im Sinn der Konkurrenzklausel und erließen eine auf § 1 UWG gestützte einstweilige Verfügung. Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf:

1. Die Bejahung des Wettbewerbsverhältnisses ist durch die Rechtsprechung des Senats gedeckt (4 Ob 170/99z und 4 Ob 172/03b zum Verhältnis zwischen dem Betreiber eines Einkaufszentrums und den Bestandnehmern eines anderen Einkaufs- bzw Kinozentrums; 4 Ob 331/61, 4 Ob 137/91 und 4 Ob 34/01f zur wettbewerbsrechtlichen Stellung des Verpächters).

2. Ob „Ähnlichkeit“ der Geschäfte vorliegt, ist eine von der Auslegung des Vertrags abhängige Frage des Einzelfalls. Die Auffassung der Vorinstanzen ist jedenfalls vertretbar: Die - wettbewerbsregelnde (RIS-Justiz RS0078846) - Vertragsklausel hat offenkundig den Zweck, den Umsatz der Beklagten im Einkaufszentrum der Klägerin abzusichern. Dieser Umsatz wird wegen der zumindest teilweisen Substituierbarkeit des Angebots auch dann gefährdet, wenn das Geschäft im Outlet-Center anders gestaltet ist als typische Verkaufslokale der Beklagten und wenn dort tatsächlich (nur) Vorsaisonware und „Produkte zweiter Wahl“ angeboten werden.

3. Das Erstgericht hat aus mehreren Indizien geschlossen, dass die Beklagte das Unternehmen im Outlet-Center über eine „Strohmannkonstruktion“ gegründet hat und auf diese Weise mittelbar betreibt. Die Frage, ob dieser Indizienbeweis gelungen ist, gehört zur Beweiswürdigung und kann daher vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden (RIS-Justiz RS0040278; zuletzt 8 ObA 53/10t). Daher ist der Revisionsrekurs nicht gesetzmäßig ausgeführt, wenn die Beklagte weiterhin behauptet, auf den Betrieb im Outlet-Center keinen Einfluss zu haben. Entgegen den Ausführungen des Revisionsrekurses greift die einstweilige Verfügung auch nicht (unmittelbarer) in Rechte Dritter ein; das Verbot der Erfüllung eines mit einem Dritten bestehenden Vertrags ist zulässig (4 Ob 23/06w mwN).

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