OGH 10ObS157/10a

OGH10ObS157/10a9.11.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Gabriele Griehsel (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Josef Wild (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei L*****, vertreten durch Mag. Gottfried Schmutzer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1020 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. September 2010, GZ 9 Rs 95/10x-38, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat hat in der Entscheidung 10 ObS 138/09f (= EvBl 2010/31, 224 [Reisenhofer]) ausführlich begründet, dass sich die Bestimmung des § 8 Abs 3 AlVG in der Fassung vor dem Inkrafttreten des SRÄG 2010, BGBl I 2010/62, nur an das Arbeitsmarktservice und die Sozialversicherungsträger wandte und die im Rahmen der sukzessiven Kompetenz ebenfalls mit der Beurteilung befassten Arbeits- und Sozialgerichte von dieser Bestimmung nicht erfasst wurden. Es bestand daher nach dieser auch im gegenständlichen Verfahren noch maßgebenden Rechtslage keine Einschränkung der freien Beweiswürdigung der Sozialgerichte bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit iSd § 255 ASVG.

Der Revisionswerber macht nunmehr geltend, die Entscheidung 10 ObS 138/09f begründe noch keine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu der darin behandelten Rechtsfrage, weshalb seine außerordentliche Revision zulässig sei. Dazu ist auszuführen, dass das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nach ständiger Rechtsprechung schon dann zu verneinen ist, wenn zu der im Einzelfall aufgeworfenen Rechtsfrage lediglich eine eingehend begründete - das Ergebnis tragende, demnach die jeweils bedeutsame Rechtsansicht nicht bloß als obiter dictum erörternde - Vorentscheidung des Obersten Gerichtshofs vorliegt (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 502 Rz 29 mwN). Der erkennende Senat hat sich in der erwähnten Vorentscheidung 10 ObS 138/09f mit der auch im gegenständlichen Verfahren allein noch strittigen Rechtsfrage einer allfälligen Bindungswirkung eines bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit durch das Arbeitsmarktservice erstellten ärztlichen Gutachtens für das sozialgerichtliche Verfahren über die Gewährung einer Invaliditätspension umfassend auseinandergesetzt und hat eine solche Bindungswirkung im Sinne einer gesetzlichen Beweisregel ausdrücklich verneint, da damit der Grundsatz der freien Beweiswürdigung außer Kraft gesetzt würde (vgl in diesem Sinne auch Pfeil in Dirschmied/Pfeil, AlVG³ 4. Lfg § 8 Erl 4.3 mwN; OLG Wien, SV-Slg 29.518). Da vom Revisionswerber auch keine inhaltlichen Argumente gegen diese Rechtsansicht des erkennenden Senats vorgebracht werden, besteht kein Anlass für ein Abgehen von dieser Rechtsauffassung.

Im Übrigen wurde die Bestimmung des § 8 Abs 3 AlVG durch das SRÄG 2010, BGBl I 2010/62, mit Wirkung ab 1. 7. 2010 dahin abgeändert, dass (nur noch) das Arbeitsmarktservice die vom Pensionsversicherungsträger erstellten ärztlichen Gutachten nach § 351b ASVG anzuerkennen und der weiteren Tätigkeit und Betreuung der arbeitslosen Person zugrunde zu legen hat.

Soweit der Revisionswerber schließlich noch eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens als erhebliche Rechtsfrage geltend macht, weil sich das Berufungsgericht mit seiner Beweisrüge nicht ausreichend auseinandergesetzt habe, ist dem entgegenzuhalten, dass das Berufungsgericht bei der Behandlung seiner Beweisrüge ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass das von ihm vorgelegte arbeitsmedizinische Gutachten des BBRZ bloß kursorische Untersuchungsbefunde enthalte, während die vom Erstgericht eingeholten Gutachten der medizinischen Sachverständigen ausführliche fachspezifische neurologische, psychiatrische und orthopädische Untersuchungsbefunde enthielten. Das Berufungsgericht hat sich damit inhaltlich mit der Beweisrüge auseinandergesetzt. Ein Mangel des Berufungsverfahrens wäre in diesem Zusammenhang nur dann gegeben, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweiswürdigungsrüge überhaupt nicht oder nur so mangelhaft befasst hätte, dass keine nachvollziehbaren Überlegungen über die Beweiswürdigung angestellt und im Urteil festgehalten sind (vgl E. Kodek in Rechberger, ZPO³ § 503 Rz 11 mwN). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.

Da der Revisionswerber somit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, war seine außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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