OGH 4Ob155/10p

OGH4Ob155/10p5.10.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** Bundesverband *****, vertreten durch Ferner Hornung & Partner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei I***** H*****, vertreten durch Frieders Tassul & Partner Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 41.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 7. Mai 2010, GZ 5 R 11/10i-41, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte zeigt an sich richtig auf, dass Behandlungsmethoden nur dann in den ärztlichen Vorbehaltsbereich fallen, wenn sie ein gewisses Mindestmaß an Rationalität aufweisen und für ihre Durchführung das typischerweise durch ein Medizinstudium vermittelte umfassende Wissen erforderlich ist (4 Ob 151/06v = SZ 2006/169 - Irisdiagnose mwN). Ein solches Wissen ist aber unabhängig von der „Rationalität“ der Methode dann notwendig, wenn eine auf den Körper einwirkende Behandlungsmethode - hier die „AtlasProfilax-Methode“ - bei Durchführung ohne vorherige ärztliche Abklärung mit einem erheblichen Gesundheitsrisiko verbunden ist. Unter dieser Voraussetzung, die hier nach den Feststellungen der Vorinstanzen vorliegt, ist zumindest die Anordnung der Methode den Ärzten vorbehalten; die Durchführung obliegt nach § 2 Z 1 iVm § 3 Abs 1 MDT-G im konkreten Fall (auch) Personen, die zur Ausübung des physiotherapeutischen Dienstes berechtigt sind (vgl 4 Ob 17/04k = EvBl 2004/128). Die Beklagte verfügt über diese Berufsberechtigungen nicht.

Wegen des von den Vorinstanzen festgestellten Gesundheitsrisikos unterscheidet sich der hier maßgebende Sachverhalt von jenem, der der Entscheidung 4 Ob 62/10m zugrunde lag. Dort war keine Gesundheitsgefährdung bescheinigt, sodass die Rechtsansicht des Beklagten als vertretbar beurteilt werden konnte, er müsse wegen der völligen Irrationalität der „AtlasProfilax-Methode“ nicht über eine ärztliche oder physiotherapeutische Berufsberechtigung verfügen. Steht hingegen die Gesundheitsgefährdung fest, ist die Auffassung der Vorinstanzen, dass die Rechtsansicht der Beklagten unvertretbar gewesen sei, nicht zu beanstanden.

Der in der Revision behauptete Mangel des Berufungsverfahrens liegt nicht vor: Das Vorbringen der Beklagten, sie habe bei der Behandlung keine „weitergehenden Gespräche“ geführt, ist für die rechtliche Beurteilung ihres Verhaltens unerheblich; daher kann auch die (teilweise) unterbliebene Beweisaufnahme zu dieser Frage keinen Verfahrensmangel begründen.

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