OGH 8Nc28/10z

OGH8Nc28/10z8.9.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. A***** F*****, Vermögensberater, *****, vertreten durch Plankel Mayrhofer & Partner, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Kraft & Winternitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 22.591,68 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Arbeitsrechtssache wird an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht überwiesen.

Text

Begründung

Der in 8430 Leibnitz wohnhafte Kläger macht mit seiner beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebrachten Klage aus einem mit der Beklagten abgeschlossenen Agenturvertrag einen Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung des § 24 HVertrG geltend. Nach dem Einspruch der Beklagten und einem Schriftsatzwechsel stellte er im weiteren Schriftsatz vom 25. 7. 2010 (ON 8) einen Delegierungsantrag an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht. Lediglich der von der Beklagten als Zeuge angebotene Prokurist weise eine Anschrift in Wien auf; tatsächlich sei dieser aber im Burgenland wohnhaft. Demgegenüber hätten acht Zeugen ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz; auch die übrigen von ihm angebotenen Zeugen seien in der Steiermark wohnhaft. Im Fall der Delegierung werde somit für die weit überwiegende Anzahl der Zeugen das Erscheinen vor dem erkennenden Gericht wesentlich erleichtert. Außerdem sei damit eine erhebliche Reduzierung der Reisezeit sowie der Zeugengebühren verbunden.

Die Beklagte sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus. Dem Kläger sei schon von Anfang an bewusst gewesen, dass er die Klage fernab von seinem Wohnsitz einbringe. So wie der Kläger hätten auch eine Reihe anderer früherer Mitarbeiter der Beklagten unter Einschaltung desselben Rechtsvertreters ihre Ansprüche beim Arbeits- und Sozialgericht Wien geltend gemacht. Ein Delegierungsantrag sei aber nur in jenen Verfahren gestellt worden, in denen dem Klagevertreter offenbar nicht genehme Richter zuständig seien. In dieser Hinsicht sei bemerkenswert, dass eine vom Kläger angebotene Zeugin ihr eigenes Verfahren nach wie vor beim Arbeits- und Sozialgericht Wien führe. Außerdem sei die Einvernahme der vom Kläger angebotenen Zeugen zur Entscheidung der Rechtssache gar nicht erforderlich.

Das Arbeits- und Sozialgericht Wien, das die Delegierung als zweckmäßig erachtet, legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Delegierungsantrag vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist gerechtfertigt.

Neben dem Kläger hat die weit überwiegende Anzahl der bisher angebotenen (fünfzehn) Zeugen ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz bzw sonst in der Steiermark. Dass die Beklagte die Einvernahme eines Zeugen unter ihrer Anschrift in Wien beantragt hat, fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. Im Fall der Delegierung kann somit der überwiegende Teil des Beweisverfahrens vor dem erkennenden Gericht durchgeführt werden, ohne dass der Großteil der Zeugen eine weite und kostspielige Anreise in Kauf nehmen müsste. Auf diese Weise werden durch die kürzeren Anreisewege sowohl Reisezeit als auch Reisekosten gespart. Dies dient jedenfalls der Erleichterung des Gerichtszugangs und der Kostenersparnis und entspricht daher den Zielsetzungen der Delegierung. Die auf diese Weise erzielbare Verfahrenskonzentration samt der damit verbundenen Kosten- ­ und Zeitersparnis ist im Interesse beider Parteien gelegen. Es können daher durchaus eindeutig überwiegende Gründe für die Zweckmäßigkeit der Delegierung ins Treffen geführt werden.

Für die Behauptung der Beklagten, der Kläger bzw sein Rechtsvertreter würde nur in Ansehung unangenehm erscheinender Richter die Delegierung beantragen, bestehen keine stichhaltigen Anhaltspunkte. Es ist zwar richtig, dass der Kläger gemäß § 4 Abs 1 Z 1 ASGG die Klage bereits von Anfang an beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht hätte einbringen können und diese Vorgangsweise auch zweckmäßiger gewesen wäre. Dieser Umstand ändert aber nichts an der Beurteilung, dass sich die Delegierung als zweckmäßig erweist. Es besteht nämlich kein Grundsatz, demzufolge eine Delegierung ausgeschlossen wäre, wenn der Kläger die Unzweckmäßigkeit seiner Vorgangsweise hätte voraussehen können (9 Nc 21/10b mwN).

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