Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens wird der Endentscheidung vorbehalten.
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Der am 3. 6. 1948 geborene Kläger begann am 5. 6. 1972 bei der Beklagten zu arbeiten und ist „definitiver Dienstnehmer“ iSd § 5 des anzuwendenden Kollektivvertrags für die Dienstnehmer der Versorgungsbetriebe und des zentralen Bereichs der Graz AG Stadtwerke für kommunale Dienste. Mit Schreiben vom 18. 12. 2008 kündigte die Beklagte das Dienstverhältnis des Klägers gemäß § 95 Abs 2 KollV mit der Begründung auf, dass dieser bereits ab 1. 10. 2008 Anspruch auf eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer („Hackler“) nach dem ASVG habe.
§ 95 des KollV lautet:
„Abs 1: Die Kündigung und fristlose Entlassung eines definitiven Dienstnehmers (§ 5) ist nur auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses zulässig (§§ 106-108).
Abs 2: Unbeschadet der Bestimmung des Absatzes 1) kann ein Dienstverhältnis durch Kündigung unter Einhaltung der im § 94 angeführten Kündigungsfrist zu dem dort vorgesehenen Kündigungstermin aufgelöst werden, wenn der Dienstnehmer länger als ein Jahr ohne Unterbrechung im Krankenstand ist, soweit er nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt vom zuständigen Sozialversicherungsträger eine Pension wegen Invalidität (Berufsunfähigkeit) erhält. Dies gilt auch, wenn der Dienstnehmer das für Leistungen aus den Versicherungsfällen des Alters in der gesetzlichen Pensionsversicherung jeweils vorgeschriebene Anfallsalter erreicht hat (1. 1. 1991).“
Unstrittig ist, dass der Kläger tatsächlich ab 1. 10. 2008 die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer nach § 253b ASVG in Anspruch hätte nehmen können, aber noch keinen entsprechenden Antrag gestellt hat.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass das zwischen den Streitteilen bestehende Arbeitsverhältnis ungeachtet der Kündigung durch die Beklagte über den 30. 6. 2009 hinaus aufrecht besteht, in eventu, dass die durch die Beklagte mit Schreiben vom 18. 12. 2008 ausgesprochene Kündigung für rechtsunwirksam erklärt wird. Sein Hauptbegehren stützt der Kläger darauf, dass der Kündigungsgrund des § 95 Abs 2 letzter Satz KollV nicht gegeben sei: Damit sei nur das Erreichen des regulären Pensionsalters, nicht jedoch auch der - frühere - Zeitpunkt gemeint, ab dem ein Anspruch auf vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer bestehe, zumal er in diesem Fall mit Pensionseinbußen rechnen müsse. In eventu sei die Kündigung wegen dieser Einbuße, der ihn treffenden Unterhaltsverpflichtung für ein minderjähriges Kind und laufender Kreditrückzahlungen sozial ungerechtfertigt und werde daher nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG angefochten.
Das Erstgericht folgte den Argumenten des Klägers zur Auslegung des § 95 Abs 2 letzter Satz KollV und gab dem Klagehauptbegehren statt.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass es das Klagehauptbegehren mit Teilurteil abwies. Es hat dabei die Frage, ob auch ein Anspruch des Dienstnehmers auf vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer zur Kündigung nach § 95 Abs 2 letzter Satz KollV berechtigt, zutreffend bejaht. Es kann daher auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).
Lediglich ergänzend ist den Argumenten des Revisionswerbers entgegen zu halten:
Der normative Teil eines Kollektivvertrags ist nach den Regeln, die für die Auslegung von Gesetzen gelten, auszulegen. Eine von einem gesetzlichen Begriff abweichende Bedeutung eines verwendeten Wortes muss daher klar und unmissverständlich zum Ausdruck kommen (RIS-Justiz RS0010088, insbes [T9]). Es kann nun kein Zweifel daran bestehen, dass auch die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer ein Fall der gesetzlichen Altersversicherung ist. Der Hinweis auf von anderen Parteien in anderen Kollektivverträgen festgelegte, genauere Differenzierungen lässt keine Rückschlüsse auf die hier zu beurteilende Regelung zu. Zutreffend hat das Berufungsgericht den Zweck der strittigen Bestimmung darin gesehen, eine wegen der Definitivstellung des Dienstnehmers sonst nicht mögliche Kündigung dann zu ermöglichen, wenn durch eine gesetzliche Pensionsversicherung für die soziale Absicherung gesorgt ist. Der Kläger argumentiert, dass bei einer wörtlichen Interpretation schon das bloße Erreichen des vorzeitigen Pensionsalters ohne das Vorhandensein der sonstigen Voraussetzungen (Versicherungsmonate) zur Kündigung berechtige, was jedoch nicht gemeint sein könne; die vorzeitige Alterspension scheide daher als Kündigungsgrund aus. Diese Argumentation geht aber am Ziel der Kündigungsregelung vorbei, die ganz klar einen der Versicherungsfälle des Alters und damit den Bestand eines Anspruchs auf eine gesetzliche Alterspension voraussetzt (vgl 9 ObA 62/07v).
Der Kläger ist daher, wie vom Berufungsgericht richtig erkannt, auf das Korrektiv einer Anfechtung nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG zu verweisen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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