Spruch:
Der Antrag, das Landesgericht Feldkirch anstatt des Handelsgerichts Wien zur Verhandlung und Entscheidung in dieser Rechtssache zu bestimmen, wird abgewiesen.
Text
Begründung
Mit beim Landesgericht Feldkirch eingebrachter Klage begehrt die Klägerin von der beklagten Versicherungsgesellschaft aus einem Unfallversicherungsvertrag eine Versicherungsleistung in Höhe des Klagsbetrags. Infolge einer Unzuständigkeitseinrede der Beklagten wurde die Rechtssache mit rechtskräftigem Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 14. 4. 2010 gemäß § 261 Abs 6 ZPO an das nicht offenbar unzuständige Handelsgericht Wien überwiesen.
Mit Schriftsatz vom 30. 4. 2010 beantragte die Klägerin die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht Feldkirch. Im Verfahren seien neun (namentlich genannte) Zeugen einzuvernehmen, die alle wie die Klägerin selbst im Sprengel des Landesgerichts Feldkirch wohnhaft seien. Es sei im Sinn des § 31 JN zweckmäßig, das Verfahren an das Landesgericht Feldkirch zu delegieren, da damit eine wesentliche Verkürzung und Verbilligung des Verfahrens verbunden wäre.
Die Beklagte sprach sich gegen eine Delegierung aus. § 31 Abs 1 JN ermögliche lediglich die Übertragung zivilgerichtlicher Streitigkeiten an ein anderes Gericht gleicher Gattung. Dabei sei auch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kausalgerichtsbarkeit zu beachten. Da die Klägerin die Übertragung der Rechtssache vom Handelsgericht Wien an das Landesgericht Feldkirch ohne den Zusatz „als Handelsgericht“ begehre, fehle es an den gesetzlichen Voraussetzungen nach § 31 JN. Im Übrigen sei die beantragte Delegierung auch nicht zweckmäßig.
Das Handelsgericht Wien, das den Delegierungsantrag dem Obersten Gerichtshof vorlegte, schloss sich den Ausführungen der Beklagten an. Bezüglich des Delegationsgrundes der langen und kostspieligen Anreise für die Zeugen und die Klägerin wurde auf die Möglichkeit der Einvernahme mittels Videokonferenzanlagen, die vom Handelsgericht Wien laufend genutzt werde, hingewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Eine Delegierung nach § 31 JN kommt nur in Betracht, wenn klare und überwiegende Zweckmäßigkeitsgründe dafür sprechen. Kann die Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten aller Parteien beantwortet werden und widerspricht eine der Parteien der Delegierung, so ist der widersprechenden Partei in der Regel der Vorzug zu geben (RIS-Justiz RS0046324; RS0046589). Eine Delegierung an ein anderes Gericht soll grundsätzlich die Ausnahme bilden (RIS-Justiz RS0046441). Eine großzügige Anwendung der Delegierungsbestimmungen würde sonst im Ergebnis zu einer unvertretbaren Lockerung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen (RIS-Justiz RS0046589). Die Beurteilung einer Delegierung hat sich auf die Frage der Zweckmäßigkeit aus den Gesichtspunkten der Verfahrensbeschleunigung, Kostenverringerung und Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu beschränken (RIS-Justiz RS0046333).
Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen einer Delegierung hier nicht vor: Zwar sind alle von der Klägerin namhaft gemachten Zeugen und auch die Klägerin im Sprengel des Landesgerichts Feldkirch wohnhaft. Vom Vorlagegericht wurde allerdings zutreffend darauf hingewiesen, dass dieser Umstand allein nicht eine Delegierung rechtfertigt, weil auch in Feldkirch wohnhafte Personen problemlos mittels Videokonfernzanlage (auch das Landesgericht Feldkirch verfügt über eine solche Anlage) vom Handelsgericht Wien vernommen werden können. Das Vorliegen sonstiger Gründe, die für eine Delegierung sprächen, hat die Klägerin nicht behauptet.
Der Delegierungsantrag ist daher abzuweisen. Ob er - wie die Beklagte weiters eingewendet hat - auch schon deshalb scheitern muss, weil die Klägerin nicht die Delegierung an das Landesgericht Feldkirch „als Handelsgericht“ beantragt hat, kann dahingestellt bleiben.
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