OGH 3Ob100/10t

OGH3Ob100/10t30.6.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö***** GmbH, *****, vertreten durch Berger Saurer Zöchbauer, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei M***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unzulässigerklärung einer Exekution (§ 36 EO), über die „außerordentliche“ Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 26. März 2010, GZ 46 R 48/10i-12, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 20. November 2009, GZ 53 C 5/09t-6, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Berufungsgericht zur Ergänzung seiner Entscheidung durch gesonderte Bewertungsaussprüche zurückgestellt.

Text

Begründung

Die Impugnationsklage richtet sich gegen eine Exekutionsbewilligung nach § 355 EO, die auf drei Verstöße der nunmehr klagenden Partei gegen den Exekutionstitel gegründet war und gegen einen Strafbeschluss, dem ein behaupteter Verstoß gegen den Exekutionstitel zugrunde lag. Die verhängten Geldstrafen betragen 15.000 bzw 20.000 EUR.

Das Berufungsgericht bestätigte das klageabweisende Urteil erster Instanz und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Eine Entscheidung über die dagegen erhobene „außerordentliche“ Revision der klagenden Partei kann derzeit noch nicht ergehen, weil die funktionelle Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs zur Behandlung des Rechtsmittels noch nicht feststeht: Der Entscheidungsgegenstand bei der Unterlassungsexekution besteht nicht in einem Geldbetrag. Im Fall der gemeinsamen Entscheidung über mehrere Strafanträge hat das Gericht zweiter Instanz nach § 355 EO den Entscheidungsgegenstand für jeden einzelnen gesondert zu bewerten (RIS-Justiz RS0120039). Das gilt auch bei Ahndung mehrerer Verstöße mittels einer Entscheidung über einen Sammelstrafantrag. Auch hier ist daher eine gesonderte Bewertung für jeden einzelnen von der zweiten Instanz behandelten Verstoß erforderlich, weil auch das Ergebnis für jede gesonderte Tathandlung unterschiedlich ausfallen kann (3 Ob 54/07y; 3 Ob 238/09k).

Im Anlassfall kann dem Bewertungsausspruch des Berufungsgerichts nicht entnommen werden, dass für die behaupteten drei Verstöße gegen den Exekutionstitel, die Grundlage der Exekutionsbewilligung waren und für den Verstoß gegen den Exekutionstitel, der Gegenstand des Strafantrags war, jeweils ein 30.000 EUR übersteigender Entscheidungsgegenstand vorliege.

Das Gericht zweiter Instanz wird demnach eine gesonderte Bewertung seines Entscheidungsgegenstands für jeden einzelnen Verstoß in sinngemäßer Anwendung des § 423 ZPO nachzutragen haben (RIS-Justiz RS0041371). Je nach dem Ergebnis der Bewertung wird das Rechtsmittel der klagenden Partei als Abänderungsantrag (§ 508 Abs 1 ZPO) vom Gericht zweiter Instanz zu behandeln oder als außerordentliche Revision (§ 507b Abs 3 ZPO) wieder dem Obersten Gerichtshof vorzulegen sein.

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