OGH 6Ob96/10a

OGH6Ob96/10a24.6.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. E***** B*****, vertreten durch Dr. Michael Schneditz-Bolfras und andere Rechtsanwälte in Gmunden, gegen die beklagte Partei A***** M*****, vertreten durch Dr. Christina Gesswein-Spiessberger, Rechtsanwältin in Gmunden, wegen Abgabe einer Willenserklärung (Streitwert 4.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 27. Jänner 2010, GZ 23 R 214/09y-19, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Gmunden vom 12. Oktober 2009, GZ 3 C 918/08y-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit 185,86 EUR (darin 30,98 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision nicht zulässig:

Das Berufungsgericht hat seinen Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob fallweise „Nachschauten“ (und Besuche) auf einer mit einem Wohnrecht bücherlich belasteten Liegenschaft hinlängliche Ausübungshandlungen zur Hintanhaltung einer Verjährung bilden.

Der Oberste Gerichtshof hat in der bereits vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 4 Ob 248/06h (ecolex 2007/216) im Zusammenhang mit der Verjährung eines Wohnrechts klargestellt:

Die persönliche Dienstbarkeit des Gebrauchs berechtigt zur Nutzung einer fremden Sache ohne Verletzung ihrer Substanz (§ 504 ABGB). Der praktisch wichtigste Fall dieser Dienstbarkeit ist jener des Wohnungsgebrauchsrechts (§ 521 ABGB), das dem Berechtigten auf Lebenszeit (§ 529 ABGB) die Befugnis gewährt, die vom Recht umfassten Gebäudeteile im Rahmen seiner Bedürfnisse zum eigenen Bedarf zu verwenden.

Dienstbarkeiten verjähren durch bloßen Nichtgebrauch (Passivität des Berechtigten), wenn das Recht dreißig Jahre lang nicht ausgeübt wird (§ 1479 ABGB). Bei fortdauernden Servituten beginnt die Verjährungsfrist, wenn die an sich mögliche Rechtsausübung unterbleibt, mit dem Beginn der Ausübungsmöglichkeit, sonst mit der letzten Ausübungshandlung.

Dass zur Vermeidung der Verjährung einer persönlichen Dienstbarkeit eine bestimmte hohe Qualität oder Intensität deren Ausübung innerhalb der Verjährungsfrist erforderlich sei, ist der durch Rechtsprechung und Lehre erläuterten Rechtslage nicht zu entnehmen. Im Gegenteil: Bei persönlichen Dienstbarkeiten gilt umso mehr der Grundsatz, dass nur völlige Zwecklosigkeit deren weiteren Rechtsbestand vernichten kann. Diese Leitlinie ist auch für die Beurteilung der Rechtsausübung von Bedeutung.

Ein Wohnungsgebrauchsrecht wird dann ausgeübt, wenn der Berechtigte die Wohnräume im Rahmen seiner Bedürfnisse benützt. Da beim Wohnungsgebrauchsrecht Benutzungshandlungen unterschiedlichster Art möglich sind, ist in der Frage der Verjährung dieser Dienstbarkeit im Rahmen einer Gesamtschau zu beurteilen, ob das Gebrauchsrecht ausgeübt wird oder nicht.

Dass die Beurteilung eines konkreten Sachverhalts unter Anwendung einer derartigen Gesamtschau und unter Berücksichtigung der erwähnten Leitlinie geradezu zwingend eine solche des Einzelfalls darstellt, liegt auf der Hand (§ 502 Abs 1 ZPO). Da einerseits auch die Revision keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen vermag und andererseits die Beurteilung des von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalts durch das Berufungsgericht nicht korrekturbedürftig erscheint, war die Revision der Klägerin zurückzuweisen; ihr ist jedenfalls der Beweis der völligen Zwecklosigkeit der Wohnküche für den Beklagten nicht gelungen. Dass die Gesamtschau möglicherweise auch zu einem anderen Ergebnis kommen könnte, stellt noch keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen. Die Bemessungsgrundlage richtet sich nach der in der Klage vorgenommenen Bewertung mit „Streitwert nach RATG 261,60 EUR“.

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