OGH 6Ob119/10h

OGH6Ob119/10h24.6.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Hannes Hammerschmidt und Mag. Gernot Götz, Rechtsanwälte in Spittal an der Drau, gegen die beklagte Partei G***** A***** S*****, vertreten durch Dr. Hans Gradischnig, Rechtsanwalt in Villach, wegen 5.722,88 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 17. März 2010, GZ 3 R 56/10k-13, womit das Versäumungsurteil des Bezirksgerichts Spittal an der Drau vom 12. Jänner 2010, GZ 1 C 1421/09i-8, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 559,15 EUR (darin enthalten 93,19 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO).

Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil eine neuere Rechtsprechung dazu fehle, ob gegen eine trotz vorangehender Belehrung in der Tagsatzung ohne Anwalt erschienene Partei iSd § 185 Abs 1 ZPO vorzugehen ist und daher die Säumnisfolgen erst dann eintreten, wenn zumindest ein Sanierungsversuch im Sinn der genannten Gesetzesbestimmung erfolglos bleibt, oder ob allein der Hinweis auf die bestehende Anwaltspflicht in der Ladung ausreicht, um bei Erscheinen der Partei ohne Anwalt die Säumnisfolgen ohne weiteren Sanierungsversuch eintreten zu lassen.

Eine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO liegt aus folgenden Gründen nicht vor:

In der Berufung hat der Beklagte als Mangelhaftigkeit des Verfahrens gerügt, das Erstgericht habe sein Vorbringen im Einspruch übergangen und die vier von ihm beantragten Zeugen nicht einvernommen.

Diesen behaupteten Verfahrensmangel hat das Berufungsgericht verneint, weshalb er im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden könnte (RIS-Justiz RS0042963).

Im Rahmen der Rechtsrüge der Berufung hat der Beklagte vorgebracht, im Rahmen der richterlichen Anleitungspflicht hätte ihm der Erstrichter die Möglichkeit einräumen müssen, kurzfristig einen im Gerichtsgebäude anwesenden Anwalt mit seiner Vertretung bei der vorbereitenden Tagsatzung zu beauftragen; so hätte der Beklagte die Säumnisfolgen abwehren können.

Damit hat der Beklagte keine unrichtige rechtliche Beurteilung, sondern vielmehr einen Verfahrensmangel des Erstgerichts geltend gemacht (RIS-Justiz RS0037095). Die unrichtige Bezeichnung des Rechtsmittelgrundes schadet nicht (RIS-Justiz RS0041851).

Mit dieser Rüge einer Mangelhaftigkeit hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt, was einen Mangel des Berufungsverfahrens darstellt (RIS-Justiz RS0043144).

In seiner Revision releviert der Beklagte aber keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (§ 503 Z 2 ZPO), sondern rügt (wiederum unter dem tatsächlich nicht angezogenen Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung) ausschließlich seine mangelnde Anleitung durch den Erstrichter, womit - wie ausgeführt - (nur) eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens behauptet wird. In diesem Fall ist aber nach ständiger Rechtsprechung dem Obersten Gerichtshof die Prüfung dieses behaupteten Mangels des erstinstanzlichen Verfahrens verwehrt (RIS-Justiz RS0037325; Zechner in Fasching/Konecny 2 § 503 Rz 122 mwN).

Lediglich ergänzend wird darauf verwiesen, dass nach völlig herrschender Ansicht § 185 Abs 1 ZPO auf die Postulationsunfähigkeit als Folge des unvertretenen Erscheinens einer Partei bei absoluter Anwaltspflicht nicht anzuwenden ist (Schragel in Fasching/Konecny 2 § 185 Rz 2; Fucik in Rechberger 3 § 185 Rz 1).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.

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