OGH 6Ob122/10z

OGH6Ob122/10z24.6.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** K*****, vertreten durch Poduschka Anwaltsgesellschaft in Perg, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, wegen 10.516,57 EUR sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien als Rekursgericht vom 9. März 2010, GZ 1 R 48/10w-5, womit der Beschluss des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 21. Dezember 2009, GZ 16 C 885/09b-3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt Schadenersatz. Die beklagte Partei habe ihn in Fragen seiner Vermögensanlage entgeltlich beraten. Aufgrund dieser Beratung habe der Kläger Wertpapiere der Immofinanz AG, der Conwert Immobilien Invest AG und der Immoeast AG zu einem Preis von insgesamt 14.970,26 EUR inklusive Spesen erworben. Die Anlageberatung sei infolge schuldhaften Handelns der beklagten Partei fehlerhaft gewesen. Die beklagte Partei habe ihre sich aus §§ 1299 ff ABGB sowie aus §§ 13 ff WAG 1997 ergebenden Aufkärungs-, Informations-, Nachforschungs- und Wohlverhaltenspflichten gröblich verletzt.

Der Kläger hätte einen Kursverlust erlitten, wobei mit einer Erholung bis zum Einstandswert nicht mehr zu rechnen sei. Begehrt werde die Rückabwicklung der vermittelten Geschäfte im Sinne einer Naturalrestitution, also die Rückzahlung des seinerzeitigen Ankaufspreises Zug-um-Zug gegen Übernahme der erworbenen und noch gehaltenen Aktien zuzüglich des entgangenen Zinsgewinnes einer alternativen Veranlagung als positiver Schaden in Höhe von 4 % pa, was einem hypothetischen Zinsgewinn von 1.442,20 EUR entspreche.

Das als Erstgericht angerufene Bezirksgericht wies die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück, weil die Wertgrenze von 10.000 EUR überschritten werde.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

Es ging dabei rechtlich zusammengefasst davon aus, dass Zinsen dann eine Nebenforderung darstellen, wenn und insoweit sie von einer gleichzeitig eingeklagten Hauptforderung abgeleitet werden, ohne dass dabei der Rechtsgrund der geltend gemachten Zinsenforderung entscheidend sei. Hier stellten die Zinsen aber einen eigenen Schadenersatzanspruch dar, der unabhängig von der begehrten Rückabwicklung des Vertrags im Wege der Naturalrestitution bestehe. Dafür spreche auch, dass der Anleger gegen Rückgabe der Aktien die von ihm bei richtiger Beratung gewünschte Veranlagung bekommen solle. Der Oberste Gerichtshof habe bei der Bemessung des Streitwerts und der Kosten auch bereits den Zinsentgang berücksichtigt.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht als zulässig, weil zur Frage der Beurteilung von als positiver Schaden geltend gemachten Zinsentgängen als eigene Hauptforderung eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht vorliege und der Lösung dieser Frage im Hinblick auf die Vielzahl der Verfahren aber über den konkreten Fall hinaus Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss erhobene Revisionsrekurs des Klägers ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, dass der Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht entgegensteht, dass der Kläger in seinem Rekurs eventualiter auch einen Überweisungsantrag nach § 230a ZPO gestellt hat. Von der seinerzeitigen Rechtsansicht, dass der Revisionsrekurs unzulässig ist, wenn gleichzeitig ein Rekurs und ein Überweisungsantrag nach § 230a ZPO gestellt werden, ist der Oberste Gerichtshof mittlerweile abgegangen (RIS-Justiz RS0099922 [T2]). Dieses Ergebnis entspricht auch dem Grundsatz, dass die Gerichte an die von der klagenden Partei bestimmte Reihenfolge der Erledigung von Rekurs und Überweisungsantrag gebunden sind (RIS-Justiz RS0039108). Mit einem Eventualantrag nach § 230a ZPO wird der Überweisungsantrag nämlich nicht nur davon abhängig gemacht, dass der Rekurs selbst erfolglos bleibt, sondern auch davon, dass ein allfälliger Revisionsrekurs erfolglos bleibt (RIS-Justiz RS0039108 [T3]).

In der Sache kommt dem Revisionsrekurs jedoch keine Berechtigung zu:

Unstrittig ist hier, dass dann, wenn der „Streitgegenstand“ hier an „Geld oder Geldeswert“ die Summe von 10.000 EUR übersteigt, die Zuständigkeit des Handelsgerichts und nicht des Bezirksgerichts für Handelssachen gegeben ist (§ 52 JN).

§ 54 JN bestimmt in seinem Abs 1, dass für die Berechnung des für die Zuständigkeit maßgebenden Wertes des Streitgegenstands der Zeitpunkt der Anbringung der Klage entscheidend ist.

Der Abs 2 dieser Bestimmung ordnet dann Folgendes an:

„Zuwachs, Früchte, Zinsen, Schäden und Kosten, die als Nebenforderung geltend gemacht werden, bleiben bei der Wertberechnung unberücksichtigt.“

Unstrittig ist, dass dann, wenn diese „selbständig“ geltend gemacht werden diese Regelung nicht gilt (Mayer in Rechberger ZPO3 § 54 Rz 3; Gitschthaler in Fasching 2 I § 54 Rz 28 mzwN). Im Ergebnis wird darauf abgestellt, ob diese „Nebenansprüche“ abhängig, also „akzessorisch“ von der geltend gemachten Hauptsache sind (Gitschthaler aaO; 2 Ob 31/95; RIS-Justiz RS0042813).

Hier macht der Kläger konkret einen Schadenersatzanspruch wegen rechtswidrigen Verhaltens der Beklagten bei der Anlageberatung geltend. Er begehrt als Teil dieses Schadenersatzanspruchs auch den Zinsgewinn der von ihm eigentlich angestrebten alternativen Veranlagung, und zwar für den Zeitraum vom Beginn der Veranlagung bis zur Geltendmachung des Anspruchs. Darüber hinaus begehrt er die Zinsen aus diesem Schadenersatzanspruch offensichtlich ab dem Zeitpunkt der Geltendmachung. Konkret stützt der Kläger sein Klagebegehren hinsichtlich des entgangenen Zinsgewinns auf Naturalrestitution. Er leitet also sein Begehren nicht daraus ab, dass er den Betrag aus der Rückabwicklung des Aktienaufkaufs bereits früher wieder zurückerhalten hätte müssen und daher für die verspätete Rückzahlung ihm Zinsen zustünden (vgl auch RIS-Justiz RS0046466, 2 Ob 31/95; 3 Ob 611/85), sondern daraus, dass Teil der Naturalrestitution eben auch die Erträgnisse aus der von ihm tatsächlich angestrebten Veranlagung wären (vgl dazu 3 Ob 289/05d, aber etwa auch RIS-Justiz RS0046495).

Damit macht er aber einen selbständigen Anspruch geltend, dessen Beurteilung sich nicht nur als „akzessorisches Nebenprodukt“ der Beurteilung eines Hauptanspruchs ableiten lässt.

Der angefochtene Beschluss erweist sich daher als frei von Rechtsirrtum, sodass dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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