OGH 13Os47/10a

OGH13Os47/10a17.6.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Juni 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr.Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Lässig, Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Rumpl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Jolanthe S***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. Jänner 2010, GZ 91 Hv 132/08k-52, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Jolanthe S***** im zweiten Rechtsgang (zum ersten: 13 Os 110/09i) des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 und 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie von 10. Oktober 2003 bis 17. August 2004 in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, durch Täuschung über Tatsachen, indem sie vorspiegelte, sie sei rückzahlungswillig und -fähig, Nada und Ivan F***** zur Gewährung von elf Krediten in der Höhe zwischen 100 und 8.500 Euro, insgesamt 27.200 Euro, mithin zu Handlungen verleitet, welche die Genannten in diesem Betrag am Vermögen schädigten.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden Verteidigungsrechte durch die Abweisung des Beweisantrags auf zeugenschaftliche Vernehmung des „N. L*****“ zum Beweis dafür, dass dieser (sinngemäß) für die Angeklagte jedenfalls seit 1999 in Tschechien in einem Verlassenschaftsverfahren tätig gewesen sei, und sie aufgrund der von ihm gelieferten Informationen habe annehmen können, der Erwerb von zur Verlassenschaft gehörenden Liegenschaften sei möglich, weshalb Täuschungsvorsatz (jeweils) im Zeitpunkt der Darlehensgewährungen nicht vorgelegen sei (ON 51 S 41 ff), nicht beeinträchtigt. Betrug setzt nämlich keinen dauerhaften Schaden, sondern bloß eine vorübergehende Vermögensverminderung für einen wirtschaftlich nicht ganz bedeutungslosen Zeitraum voraus (RIS-Justiz RS0094383; Kirchbacher in WK² § 146 Rz 74). Weshalb aus der Aussage des beantragten Zeugen über - jahrelang erfolglose - Bemühungen um den Erwerb von Liegenschaften im Restitutionsweg im Hinblick auf den mit deren (erst dann möglicher) Verwertung jedenfalls verbundenen Zeitaufwand abzuleiten sei, die Beschwerdeführerin habe damit gerechnet, die Darlehen innerhalb der vereinbarten, jeweils sehr kurzen Fristen (vgl US 5) zurückzahlen zu können, ließ das Vorbringen des solcherart auf unzulässige Erkundungsbeweisführung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330) gerichteten Antrags nicht erkennen. Zudem war die Brauchbarkeit des geforderten Verfahrensschritts auch unter Berücksichtigung der aktenkundigen, im Antrag zitierten Korrespondenz, wonach die Beschwerdeführerin für den Erwerb der Liegenschaften die tschechische Staatsbürgerschaft benötigt hätte, fraglich (RIS-Justiz RS0107040 [T1]).

Die Mängelrüge (Z 5) kritisiert die Feststellungen zum auf Zufügung eines 3.000 Euro übersteigenden Vermögensschadens gerichteten Vorsatz als unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall). Der vom Erstgericht aus dem äußeren Geschehensablauf - insbesondere der Art der Tatbegehung und der Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin (US 8) - gezogene Schluss auf die Erfüllung des subjektiven Tatbestands insgesamt (also auch des Vermögensschädigungsvorsatzes) ist jedoch rechtsstaatlich ohne weiteres vertretbar und bei leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch gar nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0098671).

Zur Subsumtionsrüge (Z 10) ist festzuhalten, dass allein die Verwendung der verba legalia die Wirksamkeit von Tatsachenfeststellungen nicht beeinträchtigt, sofern diese den notwendigen Sachverhaltsbezug aufweisen (RIS-Justiz RS0119090; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 8). Diesen enthalten aber die Entscheidungsgründe, indem das Erstgericht die Urteilskonstatierungen zum Schädigungsvorsatz im Sinn des § 147 Abs 2 StGB und zur Gewerbsmäßigkeitstendenz in Bezug auf jeweils schwere Betrugshandlungen (§ 148 zweiter Fall StGB) in einen Zusammenhang mit dem Herauslocken der einzeln angeführten (teilweise 3.000 Euro übersteigenden) Darlehensbeträge stellt (US 4 ff und 8 f). Weshalb eine rechtliche Beurteilung auf dieser Sachverhaltsgrundlage nicht möglich sein soll und weitere Feststellungen zu den „wirklichen Absichten der Angeklagten zur Tatzeit“ erforderlich seien, legt die Subsumtionsrüge prozessordnungswidrig nicht im Einzelnen dar (RIS-Justiz RS0099620).

Das auf die urteilsfremde Sachverhaltsannahme gestützte Vorbringen, eine allfällige Bereicherung sei nicht bei der Beschwerdeführerin, sondern im Vermögen eines Dritten eingetreten, weshalb Gewerbsmäßigkeit nicht vorliege (Z 10), verfehlt schließlich - abgesehen davon, dass diese den tatsächlichen Eintritt der angestrebten Bereicherung gar nicht voraussetzt - den gesetzlichen Bezugspunkt des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0099810) und entzieht sich deshalb einer inhaltlichen Erwiderung.

Aus der Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde schon bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285d Abs 1 StPO) folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs1 StPO.

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