Spruch:
Im Verfahren AZ 1 St 157/09m der Staatsanwaltschaft Linz verletzt der Beschluss des Landesgerichts Linz vom 8. April 2010, AZ 25 Bl 9/10t, das Gesetz in § 44 Abs 2 JGG.
Dieser Beschluss wird aufgehoben und der Antrag des Kemal S***** vom 3. Februar 2010 zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit Schriftsatz vom 14. September 2009 übermittelte Kemal S*****, der sich unter einem als Privatbeteiligter anschloss, der Staatsanwaltschaft Linz eine als Sachverhaltsdarstellung bezeichnete Anzeige gegen Melanie A*****, geboren am 29. Jänner 1992, wegen des Verdachts einer am 8. Februar 2009 und am 12. August 2009 begangenen Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Strafsatz StGB (ON 2).
Das aufgrund dieser Anzeige eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen Melanie A*****, AZ 1 St 157/09m der Staatsanwaltschaft Linz, wurde am 19. Jänner 2010 gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt (S 2 in ON 1).
Dem daraufhin vom Anzeiger eingebrachten Antrag auf Fortführung des Verfahrens gemäß § 195 StPO (ON 5) gab das Landesgericht Linz mit Beschluss vom 8. April 2010, AZ 25 Bl 9/10t (ON 7), statt.
Rechtliche Beurteilung
Dieser Beschluss des Landesgerichts Linz vom 8. April 2010 verletzt - wie die Generalprokuratur in der von ihr erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt - das Gesetz in § 44 Abs 2 JGG:
Nach § 44 Abs 2 JGG steht das in § 195 Abs 1 StPO einem Opfer iSd § 65 Z 1 StPO eingeräumte Recht, die Fortführung eines von der Staatsanwaltschaft gemäß §§ 190 bis 192 StPO beendeten Ermittlungsverfahrens zu begehren, einem Privatbeteiligten (sowie - argumento a maiori ad minus - sämtlichen zu einer Antragstellung berechtigten Opfern; vgl Schroll in WK² JGG § 44 Rz 7; 11 Os 91/08d, JBl 2009, 463) dann nicht zu, wenn das Verfahren gegen einen jugendlichen Beschuldigten geführt wird. Dies gilt per analogiam auch in einem Verfahren wegen einer Jugendstraftat bei einem inzwischen schon erwachsenen Beschuldigten (vgl Schroll in WK² JGG § 44 Rz 4; RIS-Justiz RS0123607).
Da dem Ermittlungsverfahren gegen Melanie A***** der Verdacht eines vor Vollendung des 18. Lebensjahres begangenen Verbrechens der Verleumdung, also einer Jugendstraftat (§ 1 Z 3 JGG), zugrunde liegt, kam eine Fortführung des Verfahrens gemäß § 196 StPO nicht in Betracht.
Da sich diese Gesetzesverletzung zum Nachteil der Beschuldigten auswirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, den Beschluss aufzuheben und den Antrag des Anzeigers Kemal S***** vom 3. Februar 2010 zurückzuweisen.
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