OGH 12Os73/10t

OGH12Os73/10t10.6.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Juni 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gotsmy als Schriftführer in der Strafsache gegen Fidan K***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Fidan K*****, Sula K***** und Fadil K***** gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Jugendgeschworenengericht vom 4. März 2010, GZ 9 Hv 184/09f-125, sowie über die Beschwerde des Angeklagten Fidan K***** gegen den unter einem gefassten Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten Fidan K*****, Sula K***** und Fadil K***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurden Besart K*****, Fidan K***** und Sula K***** des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB sowie Fadil K***** des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 12 (dritter Fall), 87 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach haben am 21. Juli 2009 in L*****

Besart K*****, Fidan K***** und Sula K***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit bislang unbekannten Mittätern den Trimor B***** durch massive Schläge mit einer Eisenstange, einem Holzprügel sowie einem Hammer, wodurch dieser schwere Körperverletzungen, nämlich zwei offene Schädelbrüche, Rissquetschwunden im Gesicht und Prellungen sowie Abschürfungen im Bereich des Rückens erlitt, absichtlich schwer verletzt und

Fadil K***** dadurch, dass er mit seinem Fahrzeug zum Tatort fuhr, während der Tathandlung im Fahrzeug wartete und schließlich Besart K***** auf der Rückfahrt vom Tatort mitnahm, zur oben angeführten Tat von Besart K*****, Fidan K***** und Sula K***** beigetragen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die von den Angeklagten Fidan K*****, Sula K***** und Fadil K***** gemeinsam ausgeführte und auf § 345 Abs 1 Z 8 und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Die pauschal eine unvollständige, undeutliche und widersprüchliche Rechtsbelehrung vorbringende Instruktionsrüge (Z 8) behauptet zunächst eine unzureichende Erläuterung der zur Verwirklichung des § 87 StGB geforderten subjektiven Tatseite, übergeht dabei aber die Ausführungen zu einer bei diesem Tatbestand geforderten Absicht, einen qualifizierten Verletzungserfolg herbeizuführen (S 8 der Rechtsbelehrung), wobei diese besondere Vorsatzform zum einen - entgegen der Beschwerde - vorweg nicht bloß mit der Wiedergabe des Gesetzestextes erklärt (vgl S 1 der Rechtsbelehrung) und zum anderen bei der Vorsatzdarstellung zur Eventualfrage nach § 87 Abs 1 StGB auf diese vorangestellte Instruktion zu den Erfordernissen absichtlichen Handelns verwiesen (S 8 der Rechtsbelehrung) wurde.

Mit der weiteren Kritik, zur „Vollständigkeit und Klarheit der Rechtsbelehrung“ hätte es einer Abgrenzung zwischen Absichtlichkeit und bedingtem Vorsatz bedurft, stellt die Rüge nicht dar, weshalb die vorangestellte Abgrenzung zwischen diesen beiden Vorsatzformen (S 1 f der Rechtsbelehrung) unrichtig oder undeutlich bzw in sich widersprechend wäre.

Soweit die Nichtigkeitswerber eine Unvollständigkeit der Belehrung zu den solcher Art (im Ergebnis) nicht gestellten (§ 317 Abs 3 StPO) Eventualfragen IV./, X./, XVI./ und XXII./ jeweils nach dem Vergehen der schweren Körperverletzung gemäß § 84 Abs 1 und Abs 2 Z 1 StGB monieren, fehlt es an einem Vorbringen, wonach sich dieses behauptete Manko auf die Beantwortung der dem Schuldspruch nach Verbrechens der absichtlich schweren Körperverletzung gemäß § 87 Abs 1 StGB zugrunde liegenden und bereits bejahten Eventualfragen III./, IX./, XV./ und XXI./ ausgewirkt habe (vgl Ratz, WK-StPO § 345 Rz 63).

Aus der stichwortartigen Niederschrift der Geschworenen lässt sich - dem Rechtsmittelvorbringen zuwider - eine unzureichende Kenntnis der Geschworenen über die rechtlichen Grundlagen nicht ableiten, kann doch von den Laienrichtern nicht erwartet werden, dass sie in den nach § 331 Abs 3 StPO zu verfassenden kurzen Erwägungen eine begründete Subsumtionstätigkeit entfalten. Im Übrigen übergehen die Beschwerdeführer, dass die Geschworenen gerade zur Absicht der Angeklagten, das Opfer schwer zu verletzen, ausdrücklich Stellung nahmen und diese besondere Vorsatzform in Bezug auf die Verletzungsfolgen ausdrücklich als bei allen Angeklagten gegeben anführten (S 172 und 175 in ON 124).

In der Tatsachenrüge (Z 10a) versuchen die Nichtigkeitswerber unter isolierter Betrachtung einer aus dem Zusammenhang gerissenen Äußerung des medizinischen Sachverständigen beweiswürdigend abzuleiten, dass auf Trimor B***** nicht mit einem Hammer eingewirkt worden sein konnte. Sie übergeht aber, dass der Gutachter lediglich bestimmte Verletzungen, die charakteristisch bei einem Schlag mit der Hammerfläche gegen den Kopf zu erwarten gewesen wären, im Kopfbereich als nicht feststellbar erachtete, im Übrigen aber erklärte, dass einzelne Verletzungen auch durch Einwirken mit einem Hammer hervorrufbar seien (S 49 f in ON 124). Welche konkrete Verletzung mit welchem der zum Schlagen verwendeten Gegenstände (Eisenstange, Holzprügel, Hammer) hervorgerufen wurde, kann allerdings mangels Entscheidungsrelevanz dahingestellt bleiben. Solcherart vermögen die Rechtsmittelwerber keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde (§§ 285i, 344, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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