OGH 1Ob59/10y

OGH1Ob59/10y20.4.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kerstin T*****, vertreten durch Lippitsch Rechtsanwalt GmbH in Graz, wider die beklagte Partei Marcel ***** S*****, vertreten durch Mag. Roland Schratter, Rechtsanwalt in Wolfsberg, wegen 36.253,83 EUR sA infolge Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 20.000 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 17. Dezember 2009, GZ 2 R 115/09p-75, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 11. Mai 2009, GZ 26 Cg 125/05m-68, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.189,44 EUR (darin enthalten 198,24 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Streitteile vereinbarten telefonisch, dass der Beklagte das im Eigentum der Klägerin stehende Dressurpferd um dessen objektiven Wert ankauft. Die ziffernmäßige Höhe des Kaufpreises wurde nicht festgelegt, insbesondere wurde keine Vereinbarung über einen Preis von 30.000 EUR (oder 35.000 EUR abzüglich einer Provision in Höhe von 5.000 EUR) getroffen. Über die (bis zum Verkauf aufgelaufenen bzw bis zum Weiterverkauf durch den Beklagten bzw dessen Gattin auflaufenden) Kosten für Einstellung, Tierarzt, Hufschmied etc wurde nichts vereinbart. Es sollte österreichisches Recht zur Anwendung gelangen. Der Beklagte beabsichtigte zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses, das Pferd an seine Ehegattin weiterzuverkaufen, die einen Verkaufsstall in den Niederlanden betrieb. Nachdem er diese Absicht in die Tat umgesetzt hatte, verkaufte die Ehegattin das Pferd an italienische Kunden um 84.000 EUR zuzüglich Tierarzt- und Einstellkosten von 1.200 EUR. Bei diesem Verkauf fungierte der Beklagte als Vermittler. Nachdem der Kaufpreis bezahlt war, überwies der Beklagte an die Klägerin 30.000 EUR. Die Klägerin erhielt eine vom Verkaufsstall in den Niederlanden ausgestellte Rechnung über 5.712 EUR für Einstell- und Trainingskosten. Der objektive Wert des Pferdes zum Zeitpunkt des Verkaufs an den Beklagten betrug 50.000 EUR.

Die Klägerin begehrte letztlich den Zuspruch von 36.253,83 EUR sA, resultierend aus dem Nettoverkaufserlös des Pferdes abzüglich Aufwandsentschädigung und Provision sowie der bereits geleisteten Teilzahlung und zuzüglich ihr aufgelaufener Kosten in einem gegen den Beklagen geführten Strafverfahren.

Der Beklagte wendete im Wesentlichen ein, es sei vereinbart gewesen, dass nicht er, sondern seine Gattin als Inhaberin des in den Niederlanden gelegenen Verkaufsstalls das Pferd um 30.000 EUR ankauft. Er habe diesen Verkauf nur vermittelt. Nach Abzug der bis zum Kauf angelaufenen Kosten und Spesen sowie der Provision habe er durch Zahlung des Nettoerlöses die mit der Klägerin getroffene Vereinbarung eingehalten.

Das Erstgericht gab der Klage im Umfang von 20.000 EUR sA statt. Die Abweisung des Mehrbegehrens von 16.253,83 EUR sA erwuchs in Rechtskraft. Die Klägerin habe das Pferd zumindest um dessen objektiven Wert (an den Beklagten) verkaufen wollen, womit der Beklagte einverstanden gewesen sei. Daher gebühre ihr der noch aushaftende Teilbetrag des objektiven Werts.

Das Berufungsgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung und sprach letztlich aus, dass die Revision zulässig sei. Es fehle Rechtsprechung zu der Rechtsfrage, ob mit der Vereinbarung des „objektiven Werts“ als Kaufpreis dieser nach UN-Kaufrecht (oder allenfalls nach ABGB) ausreichend bestimmt oder bestimmbar gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision des Beklagten unzulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

1. Der Beklagte machte in seiner Berufung nur angebliche rechtliche Feststellungsmängel betreffend die bis zum Verkauf des Pferdes anerlaufenen Kosten, den Provisionsanspruch und die Mehrwertsteuer geltend. Die Rechtsansicht des Erstgerichts, der mit dem „objektiven Wert des Pferdes“ vereinbarte Kaufpreis sei ausreichend bestimmt, ließ er jedoch unbekämpft. Eine in zweiter Instanz versäumte Rechtsrüge ist nach ständiger Rechtsprechung in dritter Instanz nicht mehr nachholbar (RIS-Justiz RS0043480). Nichts anderes gilt aber für unbekämpft gebliebene selbstständige Streitpunkte (3 Ob 128/05b; Zechner in Fasching/Konecny² § 503 ZPO Rz 56). Damit kann sich aber die von der zweiten Instanz für erheblich angesehene Rechtsfrage nicht mehr stellen.

2. Auch sonst zeigt der Revisionswerber keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO auf:

Die Berufung enthält keine Rüge einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz, eine solche kann im Revisionsverfahren nicht mehr erfolgreich nachgeholt werden (RIS-Justiz RS0043111). Die Übernahme der Feststellungen des Erstgerichts durch das Berufungsgericht kann keine Aktenwidrigkeit begründen (RIS-Justiz RS0043240).

Soweit der Revisionswerber nicht von der Feststellung ausgeht, die Vereinbarung der Streitteile sei dahin gegangen, dass (zuerst) der Beklagte das Pferd ankauft, ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt. Dass der objektive Wert des Pferdes 50.000 EUR beträgt, ist eine in dritter Instanz nicht mehr bekämpfbare Tatsachenfeststellung. Auch die Schlussfolgerung von bestimmten Tatsachen auf das Vorhandensein eines gemeinsamen Willens der Parteien gehört in den Bereich der vor dem Obersten Gerichtshof unbekämpfbaren Tatsachenfeststellungen (RIS-Justiz RS0043418 [T4]). Der (neuerliche) Vorwurf eines rechtlichen Feststellungsmangels kann nicht erfolgreich erhoben werden, wenn zu einem bestimmten Thema ohnehin Feststellungen vorliegen (hier: dass die Vertragsparteien über die Tragung der „sonstigen Kosten“ keine Vereinbarung trafen; 10 ObS 325/00t; 9 ObA 92/00w).

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (RIS-Justiz RS0035979).

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