OGH 10ObS51/10p

OGH10ObS51/10p13.4.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Schramm, sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Gabriele Griehsel (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Stefan Jöchtl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A***** K*****, vertreten durch Dr. Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in Enns, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Jänner 2010, GZ 7 Rs 31/09v-63, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Frage, ob die Klägerin als Endkontrollorin von Leiterplatten einen angelernten Beruf (§ 255 Abs 2 ASVG) ausübte, ist nicht präjudiziell, steht doch die berufungsgerichtliche Beurteilung der Verweisbarkeit der Klägerin unter Annahme eines Berufsschutzes mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Einklang.

Für die Beurteilung der Verweisbarkeit kommt es auf den tatsächlichen Inhalt der erlernten oder angelernten Tätigkeit an (RIS-Justiz RS0084441). Bei der Prüfung der Verweisbarkeit ist davon auszugehen, dass einem überwiegend in einem erlernten oder angelernten Beruf tätig gewesenen Versicherten nicht zugemutet werden kann, Kenntnisse und Fähigkeiten in einem wegen unähnlicher Ausbildung und anderer zur Ausübung erforderlicher Kenntnisse und Fähigkeiten fremden Beruf zu erwerben, weil es sich dann um die Ausbildung für einen neuen Beruf (Umschulung) handeln würde; geht es hingegen bloß um eine Nachschulung, so beziehen sich deren Maßnahmen nur auf die Weiterentwicklung der Spezialisierung im bisherigen Beruf. Eine Nachschulung, um die Kenntnisse an die sich ändernden Berufsanforderungen, insbesondere an die Arbeitsmethoden, Werkstoffe, Verfahrensmethoden, Apparate und Instrumente anzupassen, muss aber gefordert werden, weil dies der Hebung der beruflichen Leistungsfähigkeit durch Vervollkommnung der Fachkenntnisse (auf einem Teilgebiet) dient (10 ObS 172/89 = SSV-NF 3/79; RIS-Justiz RS0050891). Bei durch Nachschulungsmaßnahmen erwerbbaren Kenntnissen und Fähigkeiten handelt es sich um solche, die bei Versicherten, die im selben erlernten oder angelernten Beruf tätig sind und ihre Fachkenntnisse an die sich ändernden Berufsanforderungen angepasst haben, vorhanden sein müssen und auf dem Arbeitsmarkt von solchen Facharbeitern üblicherweise verlangt werden (10 ObS 271/92 mwN). Es ist ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 255 Abs 1 und 2 ASVG, dass eine betriebsinterne Zusatzausbildung von sechs Wochen bis drei Monaten sich im Rahmen dessen hält, was einem versicherten Dienstnehmer als Nach- und nicht als Umschulung zugemutet werden kann (RIS-Justiz RS0050891). Nach den Feststellungen kann die Klägerin bei der Ausübung von qualifizierten Tätigkeiten der Qualitätsprüfung (Verweisungstätigkeiten) den Kernbereich ihrer im bisherigen Beruf erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwerten; sie benötigt nur eine betriebsinterne Zusatzausbildung von sechs Wochen bis drei Monaten, um die qualifizierten Tätigkeiten ausüben zu können.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs reicht eine Anzahl von zumindest 100 Arbeitsplätzen in einer Verweisungstätigkeit in Österreich für die Annahme eines Arbeitsmarkts (RIS-Justiz RS0084743 [T4]).

Auch in Sozialrechtssachen kann ein vom Berufungsgericht verneinter Mangel des Verfahrens erster Instanz (hier: unterbliebene Einholung eines Berufsqualifikationstests) nicht mit Revision geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042963; RS0043061).

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