OGH 3Ob10/10g

OGH3Ob10/10g24.3.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei L*****, vertreten durch Dr. Rolf Philipp und Dr. Frank Philipp, Rechtsanwälte in Feldkirch, gegen die verpflichtete Partei Benno K*****, vertreten durch Dr. Gerhard Huber, Rechtsanwalt in Linz, als Verfahrenshelfer, wegen 27.373,20 EUR sA, über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 5. November 2009, GZ 16 R 182/09m-25, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Linz vom 10. Juni 2009, GZ 22 E 7024/07z-18, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

B e s c h l u s s

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

B e g r ü n d u n g :

Das Exekutionsgericht bewilligte in der gegen den Verpflichteten geführten Exekution nach § 294 EO der betreibenden Partei die Zusammenrechnung der Bezüge des Verpflichteten, bei der (österreichischen) Pensionsversicherungsanstalt (PV), bei der (schweizerischen) Caisse Suisse de Compensation und bei der Liechtensteinischen Alters- und Hinterbliebenenversicherung. Dazu sprach es ua aus, dass die Renten des Verpflichteten aus dem Ausland in vollem Umfang in den nach österreichischem Recht unpfändbaren Freibetrag einzurechnen seien. Weiters erfolgten Anordnungen über die Berechnung der von der PV derzeit noch zu gewährenden unpfändbaren Grundbeträge sowie darüber, dass dieser Drittschuldner die Steigerungsbeträge zu berücksichtigen habe.

Dem auf Abweisung des Antrags gerichteten Rekurs des Verpflichteten gab das Gericht zweiter Instanz teilweise dahin Folge, dass es nur den Antrag auf Zusammenrechnung der Bezüge von der PV mit denen vom Schweizer Drittschuldner bewilligte und den darüber hinausgehenden Antrag abwies. Die übrigen Aussprüche des Erstgerichts passte das Rekursgericht seiner Entscheidung insofern an, als es jeweils die Bezüge aus Liechtenstein darin beseitigte.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Bei der Zusammenrechnung mit Forderungen gegen ausländische Drittschuldner nach § 292 Abs 2 und 3 EO müsse nach herrschender Ansicht (ua 3 Ob 3/03t) auf im Ausland bestehende Pfändungsbeschränkungen Bedacht genommen werden. Wie der Oberste Gerichtshof in der genannten Entscheidung zu einer Rente der Liechtensteinischen Alters- und Hinterbliebenenversicherung [richtig wäre allerdings: Hinterlassenenversicherung] ausgeführt habe, sei diese wegen deren Unpfändbarkeit nach Art 54 Abs 1 des liechtensteinischen Gesetzes vom 14. Dezember 1952 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) nach § 291 Abs 1 Z 2 EO nicht zu berücksichtigen.

Der VwGH sei zur AbgEO abweichend von dieser Entscheidung zur Auffassung gelangt, dass in Österreich im Ergebnis eine Schweizer Invalidenrente einer beschränkt pfändbaren Forderung iSd § 292 Abs 2 EO gleich zu halten und daher bei der Bestimmung des pfändungsfreien Betrags zu berücksichtigen sei. Dem schließe sich das Rekursgericht (wie schon das Erstgericht) für die aus der Schweiz bezogene Rente des Verpflichteten an.

Dagegen sei die Rechtslage in Liechtenstein anders als die in der Schweiz. Die Systematik des liechtensteinischen Exekutionsrechts führe zum nahezu gleichen Ergebnis wie § 291 Abs 1 Z 2 EO. In beiden Ländern gebührten pfändungsfreie Einkommensteile zusätzlich zum Notbedarf; daher habe „keine Änderung zur Entscheidung des OGH in 3 Ob 3/03t einzutreten“.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil das Rekursgericht in Bezug auf die Zusammenrechnung der Schweizer und der liechtensteinischen Rente vom Grundsatz der Entscheidung 3 Ob 3/03t abgewichen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nach § 526 Abs 2 ZPO nicht bindenden Ausspruch der zweiten Instanz nicht zulässig.

Entgegen der von dieser für die Zulassung des ordentlichen Revisionsrekurses gegebenen Begründung wich sie, wie sie ohnehin in den Ausführungen zur Sache unmissverständlich zum Ausdruck brachte, in Ansehung der Rente des Verpflichteten von der Liechtensteinischen Alters- und Hinterlassenenversicherung gerade nicht von der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 3 Ob 3/03t = SZ 2003/94 ab. Dieser folgend änderte sie insoweit den Beschluss des Erstgerichts im Sinn einer Abweisung des Zusammenrechnungsantrags ab (Punkt I 6. seiner Entscheidung).

Der Verpflichtete, der durch die Bestätigung des erstgerichtlichen Beschlusses in Ansehung der Zusammenrechnung seiner österreichischen Bezüge mit denen aus der Schweiz beschwert wäre, erhob kein Rechtsmittel.

Die betreibende Partei dagegen, die den antragsabweisenden Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung bekämpft, macht als erhebliche Rechtsfrage - wie dargelegt zu Unrecht - ebenfalls nur ein angebliches Abweichen von der zitierten Entscheidung des erkennenden Senats geltend.

Damit sind aber erhebliche Rechtsfragen nach § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO konkret nicht zu beantworten. Gegen die - allenfalls aus grundsätzlichen Erwägungen in Frage zu stellende - Beurteilung, ob eine Zusammenrechnung durch die österreichischen Exekutionsgerichte nach ausländischen Normen über Pfändungsbeschränkungen zu erfolgen hat, wendet sich der Revisionsrekurswerber nicht, vielmehr billigt er diese Ansicht ausdrücklich. Demnach läuft seine Rechtsrüge darauf hinaus, die - wie dargelegt ohnehin im Einklang mit 3 Ob 3/03t vorgenommene - Auslegung ausländischen Rechts durch die Vorinstanz zu kritisieren. Dies geschieht noch dazu ohne nachvollziehbare Auseinandersetzung mit Normen des liechtensteinischen Rechts und ohne Angabe von dazu ergangener Rechtsprechung oder Lehre schlicht durch Berufung auf die Rechtsansicht des Erstgerichts. Der zitierte § 210 liechtEO sagt zur Frage der Anrechnung unpfändbarer Bezüge auf den Freibetrag nichts. Eine inhaltliche Begründung für die Annahme einer mit dem österreichischen Recht, dem die liechtEO in weiten Bereichen fast wörtlich entspricht, nicht vergleichbaren Rechtslage in Liechtenstein findet sich im Rechtsmittel der betreibenden Partei nicht.

Die Auslegung ausländischen Rechts wirft hier demnach keine erhebliche Rechtsfrage auf, ist es doch grundsätzlich nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs, einen Beitrag zur Auslegung ausländischen Rechts zu liefern (RIS-Justiz RS0042948 [T19]). Selbst wenn das Rekursgericht zu Recht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Zusammenhang mit der Bedachtnahme auf Schweizer Unpfändbarkeitsnormen in einer Entscheidung nach § 292 Abs 2 und 3 EO bejaht hätte, könnte das nicht zur Zulässigkeit des Revisionsrekurses führen, in dem - hier schon mangels Beschwer - diese Rechtsfrage nicht geltend gemacht wird (RIS-Justiz RS0080388 [T1]; RS0102059 [bes T2]).

Der Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

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