OGH 9Ob12/10w

OGH9Ob12/10w24.3.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil, Dr. Hopf, Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef K*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Hans Peter Just, Rechtsanwalt in Eferding, gegen die beklagte Partei Silvia B*****, Angestellte, *****, vertreten durch Dr. Roland Gabl und andere, Rechtsanwälte in Linz, wegen Löschung eines Veräußerungs- und Belastungsverbots (Streitwert 5.500 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 4. November 2009, GZ 23 R 172/09x-19, womit das Urteil des Bezirksgerichts Eferding vom 31. Juli 2009, GZ 3 C 140/08x-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 556,99 EUR (darin 92,83 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger ist Alleineigentümer der Liegenschaft EZ *****. Seit Jahrzehnten führte die Gattin des Klägers (= Mutter der Beklagten) auf dieser Liegenschaft ein Gasthaus mit angeschlossenem Campingbetrieb. Mit Ende 1998 schied sie aus dem Betrieb aus, der von der Beklagten weitergeführt wurde. Der Steuerberater der bisherigen Betriebsführerin erhielt vom Finanzamt die Auskunft, dass im Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe eine Steuernachzahlung drohe, wenn die Liegenschaft von Betriebs- in Privatvermögen umgewandelt werde. Es sei möglich, diese Nachzahlung zu umgehen, indem der Kläger entweder das Eigentum an der Betriebsliegenschaft auf die Beklagte übertrage oder zu deren Gunsten ein Veräußerungs- und Belastungsverbot einverleiben lasse. Der Kläger entschied sich für Letzteres, wobei sein Motiv war, die Steuernachzahlung zu sparen. Der Steuerberater nahm auch mit der Beklagten, für die er nunmehr ebenfalls tätig war, Kontakt auf und erklärte dieser, was ein Belastungs- und Veräußerungsverbot bedeute und weswegen es notwendig sei. Die Beklagte war der Meinung, dass dieses Belastungs- und Veräußerungsverbot auch zur Absicherung ihrer mittlerweile auf der Liegenschaft des Klägers getätigten Investitionen dienen sollte und war aus diesem Grunde einverstanden. Das Erstgericht konnte weder feststellen, dass diese Absicht der Beklagten in die Vertragsverhandlungen eingeflossen, noch, dass der Beweggrund des Klägers als wesentliches oder einziges Motiv für die Vereinbarung des Veräußerungs- und Belastungsverbots genannt worden sei. In der Folge kam es zur Einverleibung des Veräußerungs- und Belastungsverbots im Grundbuch.

Der Kläger begehrte - soweit im Revisionsverfahren noch relevant - die Beklagte schuldig zu erkennen, der Löschung des auf der Liegenschaft EZ ***** einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbots zuzustimmen. Der Kläger begründete dies im Wesentlichen damit, dass nunmehr auch die Beklagte die Führung des Gast- und Campingplatzbetriebs aufgegeben habe und somit die Geschäftsgrundlage in Form der Vermeidung von Steuernachteilen weggefallen sei.

Dies bestritt die Beklagte insbesondere mit dem Vorbringen, dass Gegenstand der Vereinbarung des Veräußerungs- und Belastungsverbots auch der Erhalt der Liegenschaft im Familienkreis gewesen sei.

Das Erstgericht gab dem Löschungsbegehren statt. Es vertrat die Rechtsansicht, dass mit dem Wegfall drohender Steuernachforderungen die Geschäftsgrundlage für das Belastungs- und Veräußerungsverbot weggefallen sei.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer Klagsabweisung ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass weder eine allgemeine noch eine im Speziellen vereinbarte Geschäftsgrundlage weggefallen sei. Insbesondere seien die Erklärungen bei Vertragsabschluss nicht ausreichend deutlich gewesen, um Steuervorteile als das einzige Motiv für die Vereinbarung des Veräußerungs- und Belastungsverbots zu sehen. Es sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil zu den Voraussetzungen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage eines vereinbarten Belastungs- und Veräußerungsverbots keine unmittelbar übertragbare Judikatur des Obersten Gerichtshofs bestehe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragte die Zurückweisung der Revision mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage, in eventu, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch ist die Revision nicht zulässig.

Wie vom Berufungsgericht zutreffend aufgezeigt, ist die Erzielung von Steuervorteilen keine geschäftstypische (objektive) Voraussetzung, für die Vereinbarung und Einverleibung eines Veräußerungs- und Belastungsverbots, weil dies nicht allgemein bei Abschluss eines solchen Geschäfts vorausgesetzt wird. Zwar kann auch eine individuelle Voraussetzung (Geschäftsgrundlage), von der beide Parteien bei Vertragsschluss ausgegangen sind, von Bedeutung sein, dies ist jedoch davon abhängig, dass die Parteien durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung die Wirkungen des Geschäfts vom Vorhandensein der vorausgesetzten Sachlage abhängig gemacht haben (RIS-Justiz RS0017394). Ob eine solche Voraussetzung Vertragsinhalt geworden ist, kann nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden, was in der Regel das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage verhindert (RIS-Justiz RS0017394 [T3]). Bloß individuelle Voraussetzungen, die nur die Interessensphäre einer Partei betreffen, sind in der Regel unbeachtlich (Bollenberger in KBB² § 901 ABGB Rz 9 mit zahlreichen Judikaturzitaten). Nach den Feststellungen erklärte der Steuerberater, von dem auch der Vorschlag für das Veräußerungs- und Belastungsverbot stammte, der Beklagten, was ein solches bedeutet (S 5 in ON 15). Der eigentliche Zweck eines nur im Angehörigenkreis wirksam zu vereinbarenden Veräußerungs- und Belastungsverbots liegt im Schutz und Erhalt des Familienbesitzes (1 Ob 630/94 uva). Das Berufungsgericht gelangte daher zur jedenfalls vertretbaren Rechtsauffassung, dass aus den maßgeblichen Parteierklärungen keine Absicht in der Richtung zum Ausdruck gekommen ist, dass ausschließlich die Erzielung von Steuervorteilen die Grundlage für die Einverleibung des Veräußerungs- und Belastungsverbots sein sollte, daher die Geschäftsgrundlage nicht zur Gänze weggefallen ist und der Vertrag somit noch Bestand hat. Somit stellt sich weder das vom Berufungsgericht aufgezeigte Problem, noch vermag der Kläger eine darüber hinausgehende Rechtsfrage von der im § 502 Abs 1 ZPO genannten Bedeutung aufzuzeigen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass dieser Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung diente.

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