OGH 11Os48/09g (11Os49/09d)

OGH11Os48/09g (11Os49/09d)23.3.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. März 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gotsmy als Schriftführer, in der Strafsache gegen Bedri V***** und einen anderen Angeklagten wegen Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 20. September 2007, AZ 8 Bs 218/07a (= ON 106), erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In der Strafsache gegen Bedri V***** und einen anderen Angeklagten wegen Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und Abs 2 Z 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung, AZ 39 Hv 97/05i des Landesgerichts Salzburg, verletzt das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 20. September 2007, AZ 8 Bs 218/07a (ON 106), § 474 iVm § 489 Abs 1 StPO.

Text

G r ü n d e :

Im Verfahren AZ 39 Hv 97/05i des Landesgerichts Salzburg wurden Bedri V***** und Hamdija H***** mit Urteil der Einzelrichterin vom 13. November 2006 der Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und Abs 2 Z 2 StGB (A/1 und 2) und des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 2 StGB (A/3), der Angeklagte V***** außerdem des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und Abs 2 StGB (B) schuldig erkannt (ON 88).

Zur Entscheidung über die dagegen von beiden Angeklagten erhobenen Berufungen wegen Nichtigkeit sowie wegen der Aussprüche über die Schuld, die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche beraumte das Oberlandesgericht Linz einen Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung an.

In dieser Verhandlung wies der Verteidiger des Erstangeklagten ein angeblich vom Belastungszeugen und Tatopfer Senad H***** verfasstes fremdsprachiges Schriftstück vor, in dem zum Ausdruck kommen solle, dass dieser seine bisherigen Angaben widerrufe (S 165/II). Die Berufungsverhandlung wurde hierauf bis zum Eintreffen einer Dolmetscherin unterbrochen, die das Schriftstück sodann übersetzte. Darin erklärte Senad H*****, dass er seine frühere Aussage zurückziehe und die Angaben des Angeklagten Bedri V*****, wonach er in Selbstverteidigung gehandelt habe, der Wahrheit entsprächen. Hierzu wurde dieser befragt und auch der zweite Angeklagte gehört. Daraufhin beantragten die Verteidiger die Vernehmung des Zeugen Senad H***** „zum Beweis dafür, dass die im Schriftstück enthaltenen Angaben der Wahrheit entsprächen und der Genannte im bisherigen Verfahren die Unwahrheit gesagt, aber V***** Bedri damit auch in bloßer Notwehr gehandelt habe“ (S 166/II).

Über diesen Antrag wurde nicht entschieden. Vielmehr wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts Linz vom 20. September 2007, AZ 8 Bs 218/07a, den Berufungen der Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Schuld insoweit Folge gegeben, als das angefochtene Urteil in den Schuldsprüchen zu A, in den Strafaussprüchen und in der auf jene Schuldsprüche bezogenen Entscheidung über die privatrechtlichen Ansprüche aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg zurückverwiesen wurde. Den Gründen der Berufungsentscheidung zufolge sei eine Beweiswiederholung und -ergänzung unumgänglich, wobei diese fallbezogen wegen der nicht abzusehenden allfälligen Weiterungen des Verfahrens zweckmäßigerweise nicht vom Berufungsgericht, sondern vom Erstgericht zu erfolgen habe (Berufungsurteil S 5 zweiter Absatz).

Im zweiten Rechtsgang wurden die Angeklagten mit dem rechtskräftig gewordenen Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 9. Juni 2008 (ON 157) jeweils der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und des Raufhandels nach § 91 Abs 2 StGB, Bedri V***** überdies des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zu Recht aufzeigt, verletzt das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 20. September 2007, AZ 8 Bs 218/07a, das Gesetz:

Die Entscheidung, das angefochtene Urteil in Stattgebung der Schuldberufung aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen, stand dem Oberlandesgericht im gegebenen Fall nicht zu, weil es bereits mit der Beweisaufnahme begonnen hatte (vgl 13 Os 117/86; JBl 1987, 598 = SSt 57/78; Ratz, WK-StPO § 467 Rz 7, § 476 Rz 7).

Daher war gemäß § 292 StPO spruchgemäß zu entscheiden.

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