OGH 9Ob7/10k

OGH9Ob7/10k3.3.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil, Dr. Hopf, Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. M***** N*****, vertreten durch Mag. Georg Kampas, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. H***** R*****, öffentlicher Notar, *****, vertreten durch Dr. Manfred Steininger, Rechtsanwalt in Wien, wegen 14.714,47 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 29. Oktober 2009, GZ 37 R 97/09b-17, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 30. Dezember 2008, GZ 85 C 100/08x-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 978,84 EUR (darin enthalten 163,14 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Im Jahr 1999 beauftragte der Kläger den Beklagten mit der Errichtung von Kaufverträgen über den Verkauf von Liegenschaftsanteilen samt Nutzungsrechten an Wohneinheiten. Dabei sollten nach den Vorstellungen des Klägers seine Gewährleistungsrechte gegenüber den Professionisten an die Käufer mit schuldbefreiender Wirkung für den Kläger übertragen werden. Die vom Beklagten formulierte Klausel lautete wie folgt:

„Die Verkäuferseite überbindet alle ihr gegenüber Fachfirmen zustehenden Gewährleistungsansprüche in Ansehung des Vertragsgegenstands auf die Käuferseite. Im Übrigen leistet die Verkäuferseite keine Gewähr, ausgenommen für grundbücherliche Lastenfreiheit des Vertragsgegenstands. Weiters übergibt die Verkäuferseite sämtliche ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen, die den Vertragsgegenstand betreffen.“

In einem von einem Käufer gegen den Kläger angestrengten Gewährleistungsprozess wurde die dargestellte Vertragsklausel wegen Verstoßes gegen § 6 Abs 2 Z 2 KSchG und § 9 Abs 1 KSchG als nichtig qualifiziert. Letztlich wurde in diesem Verfahren sowie in dem von einem weiteren Käufer gegen den Kläger geführten Verfahren ein Vergleich abgeschlossen. Aus diesen Verpflichtungen leistete der Kläger insgesamt Zahlungen in Höhe des Klagsbetrags an Mängelbehebungskosten.

Der Kläger begehrte die von ihm an die beiden Käufer aufgewendeten Sanierungskosten aus dem Titel des Schadenersatzes. Die vom Beklagten formulierten Vertragsbestimmungen seien in einem gerichtlichen Verfahren als nichtig qualifiziert worden. Der Beklagte habe auch eine Beratung über die Wirksamkeitsvoraussetzungen für die gewünschte Überbindungsklausel unterlassen. Insbesondere habe er nicht darauf hingewiesen, dass eine solche Vertragsbestimmung im Einzelnen ausgehandelt werden müsse und darin die Professionisten zu nennen seien. Für ihn sei entscheidend gewesen, dass er nach dem Verkauf der jeweiligen Objekte mit Gewährleistungs- und/oder Schadenersatzansprüchen der Käufer nicht mehr konfrontiert werde. Dass die von ihm gewünschte Überbindung der Gewährleistungsrechte an die Käufer rechtlich umsetzbar gewesen sei, zeigten die von ihm nach Auftreten der Problematik abgeschlossenen Verträge (Beil ./H); mit Gewährleistungsansprüchen der Käufer sei er nicht mehr konfrontiert worden.

Der Beklagte entgegnete, dass ihm kein Beratungsfehler anzulasten sei. Aus dem Auftrag des Klägers und dessen Mitarbeit an der Formulierung habe er geschlossen, dass dem Kläger alle relevanten Verbraucherschutzbestimmungen bekannt gewesen seien. Zu einem Aushandeln der Vertragsklauseln mit den Käufern sei der Kläger gar nicht bereit gewesen. Das angebliche Vorliegen eines Fehlers in der Textierung sei für die behaupteten Schäden nicht kausal gewesen, weil die gewünschte Klausel rechtlich nicht durchsetzbar gewesen sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren - abgesehen von einem geringfügigen Zinsenmehrbegehren - statt. Der geltend gemachte Schaden folge aus der Nichtigkeit der vom Beklagten formulierten Vertragsklausel, die erst am 7. 1. 2005 festgestellt worden sei. Da eine Überbindungsklausel im Einzelnen ausgehandelt werden müsse und der Dritte, dem die Haftung überbunden werde, namentlich zu nennen sei, sei dem Beklagten eine unrichtige Formulierung anzulasten.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Ansicht, dass bei Übertragung von Gewährleistungspflichten an einen Dritten selbst bei einer nach § 6 Abs 2 Z 2 KSchG gültigen Klausel deren Rechtswirksamkeit nach § 9 KSchG zu prüfen sei. Die Einschränkung der Gewährleistungsrechte auf jene Ansprüche, die der Unternehmer selbst gegen seine Subunternehmer oder Lieferanten habe, sei nach § 9 KSchG jedenfalls unzulässig. Dass die Professionisten bereit gewesen wären, die höheren Gewährleistungsverpflichtungen des Klägers den Käufern gegenüber zu übernehmen, habe der Kläger nicht behauptet. Die Revision sei zulässig, weil keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage des Verhältnisses von § 9 Abs 1 KSchG zu § 6 Abs 2 Z 2 KSchG sowie zur Frage vorliege, dass ein Klient mit dem Wunsch an einen Notar herantrete, einen vom Gesetz grundsätzlich verpönten Erfolg zu verwirklichen.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer entscheidungsrelevanten erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

1.1 Selbst wenn das Berufungsgericht zu Recht ausgesprochen haben sollte, dass ein Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, ist das Rechtsmittel dennoch zurückzuweisen, wenn der Rechtsmittelwerber nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt (8 Ob 62/07m).

Zum Verhältnis von § 9 Abs 1 KSchG zu § 6 Abs 2 Z 2 KSchG führt der Kläger die Revision nicht aus.

1.2 In seinem Rechtsmittel vertritt der Kläger neuerlich den Standpunkt, dass Gewährleistungsansprüche mit schuldbefreiender Wirkung auf den Käufer rechtswirksam überbunden werden könnten und eine entsprechende Vereinbarung unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sei. Damit ist er nicht im Recht.

Im Hinblick auf die Bestimmung des § 6 Abs 2 Z 2 KSchG ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich die Frage nach der Zulässigkeit der Überbindung von Vertragspflichten an einen Dritten - im Weg einer Schuld- bzw Vertragsübernahme, die jedenfalls nur mit Zustimmung des Dritten möglich und wirksam wäre - nicht stellt. Vielmehr betrifft die zu prüfende Vertragsbestimmung nach dem maßgeblichen Auftrag des Klägers an den Beklagten den Vertrag zwischen dem Kläger als Verkäufer und dem jeweiligen Käufer. Mit der Klausel sollten die Gewährleistungsrechte des Verkäufers (nicht seine Pflichten) an den Käufer (nicht an einen Dritten) „überbunden“ werden. Dadurch sollte es hinsichtlich der Gewährleistungsrechte der Käufer zugunsten des Klägers zu einer schuldbefreienden Wirkung kommen. Die vom Kläger gewünschte vertragliche Konstruktion besteht somit darin, dass die Gewährleistungsrechte des Verkäufers - ohne Aufrechterhaltung seiner eigenen Gewährleistungspflichten - an die Käufer abgetreten werden.

1.3 Nach § 9 Abs 1 KSchG können Gewährleistungsrechte des Verbrauchers vor Kenntnis des Mangels nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden. Die Abtretung von Gewährleistungsrechten an den Vertragspartner findet - ebenso wie die Überbindung von Gewährleistungspflichten an einen Dritten - im Verhältnis zu Verbrauchern seine Grenze jedenfalls darin, dass die Durchsetzung der Gewährleistungsansprüche der Verbraucher nicht beschnitten bzw behindert werden darf (Krejci in Rummel³ § 9 KSchG Rz 23).

Daran, dass die vom Kläger beabsichtigte Konstruktion eine Einschränkung der Gewährleistungsrechte der Verbraucher bewirkt, besteht kein Zweifel. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Käufer anstelle des Verkäufers das Risiko der Insolvenz des mangelhaft erfüllenden Professionisten sowie der Zurechnung der auftretenden Mängel zu den einzelnen Professionisten tragen müsste. Zudem sind die aus einem Unternehmergeschäft abgetretenen Gewährleistungsrechte gegenüber den einem Verbraucher gesetzlich zustehenden Gewährleistungsrechten schon wegen der den Unternehmer treffenden Untersuchungs- und Rügeobliegenheit nach § 377 UGB eingeschränkt. Eine Diskrepanz zwischen den einem Verbraucher gesetzlich zustehenden Gewährleistungsansprüchen und den vom Verkäufer abgetretenen Ansprüchen kann sich auch aus - im Verhältnis zwischen Verkäufer und Professionisten als Unternehmer zulässigen - Abreden über die Einschränkung gesetzlicher Gewährleistungsansprüche ergeben. Die Einschränkung der Gewährleistungsrechte auf jene Ansprüche, die der Verkäufer selbst gegen seine Subunternehmer (Professionisten) oder Lieferanten hat, ist somit unzulässig (RIS-Justiz RS0065562; RS0121432; Krejci aaO Rz 24).

1.4 Soweit der Kläger in der Revision behauptet, er habe keine Einschränkung seiner Gewährleistungsverpflichtungen, sondern nur die Überbindung der gegen die Professionisten bestehenden Gewährleistungsansprüche - bei Aufrechterhaltung weiterer eigener Gewährleistungspflichten - beabsichtigt, weicht er vom festgestellten Sachverhalt ab (RIS-Justiz RS0043312).

2. Der gegenüber dem Beklagten erhobene Vorwurf bezieht sich auf die schuldhaft nichtige Formulierung der beabsichtigten Überbindungsklausel bzw auf die unterlassene Beratung über deren Wirksamkeitsvoraussetzungen. Entgegen der Ansicht des Klägers wäre das von ihm angestrebte Ergebnis auch in anderer Form, etwa mit einer nach seiner Ansicht zulässigen Klausel laut Beil ./H, nicht erzielbar gewesen. In diesem Sinn gelangte auch das Berufungsgericht zutreffend zum Ergebnis, dass die modifizierte „Überbindungsklausel“ laut Pkt IV in Beil ./Ha und Pkt VII in Beil ./Hb ebenfalls nach § 9 Abs 1 KSchG nichtig sei. Aus diesem Grund hätte die Inanspruchnahme des Klägers aus den Gewährleistungsansprüchen der Käufer nicht verhindert werden können. Der geltend gemachte Schaden wäre somit in jedem Fall eingetreten (RIS-Justiz RS0022700).

Die Ausführungen in der Revision sind damit nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision zu rechtfertigen.

3. Auch die zweite vom Berufungsgericht als erheblich qualifizierte Rechtsfrage zu dem an einen Notar erteilten Auftrag, einen vom Gesetz grundsätzlich verpönten Erfolg herbeizuführen, wird in der Revision nicht substanziell ausgeführt. Vielmehr weist der Kläger darauf hin, dass die Ansicht des Berufungsgerichts, er habe den Beklagten den Auftrag zu gesetzwidrigen Formulierungen erteilt, unzutreffend sei. Auch im erstinstanzlichen Verfahren hat er nicht schlüssig dargelegt, warum er sich im Fall der Aufklärung über die Unwirksamkeit der beabsichtigten Klausel eine Erfüllung der Gewährleistungsansprüche der Käufer erspart hätte.

Da die Revision keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, war diese als unzulässig zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO; der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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