OGH 11Os192/09h

OGH11Os192/09h2.3.2010

Der Oberste Gerichtshof hat 2. März 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kleibel als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franz B***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Geschworenengericht vom 17. September 2009, GZ 16 Hv 6/09v-73, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Begründung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz B***** der Verbrechen des Totschlags nach § 76 StGB (1), des Mordes nach § 75 StGB (2) und der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB (3) schuldig erkannt.

Danach hat er am 3. Oktober 2008 in M*****

1. sich in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung, hervorgerufen durch einen Streit mit Hermann J*****, welchem jahrelange Nörgeleien desselben vorangegangen waren, dazu hinreißen lassen, den Genannten vorsätzlich zu töten, indem er den Inhalt einer Propangasflasche entzündete und den Feuerstrahl gegen ihn richtete, sodass Hermann J***** an einem Hitzeschock verstarb;

2. Margarete J***** vorsätzlich getötet, indem er den Inhalt einer Propangasflasche entzündete und den Feuerstrahl auch auf das Wohn-Schlafzimmer des Hermann und der Margarete J*****, in welchem die beinamputierte Margarete J***** im Bett lag, richtete, sodass diese an einem Hitzeschock verstarb;

3. an einer fremden Sache, nämlich an dem in seinem Miteigentum stehenden Wohnhaus M**********, ohne Einwilligung der Miteigentümerin Gabriele B***** vorsätzlich eine Feuersbrunst dadurch verursacht, dass er den Inhalt einer Propangasflasche entzündete und den Feuerstrahl gegen Hermann J***** und auch auf das Wohn-Schlafzimmer des Hermann und der Margarete J***** richtete.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten ausdrücklich nur gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB (2) aus den Gründen der Z 5 und 6 des § 345 Abs1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Die Verfahrensrüge (Z 5) ist unbegründet.

Weshalb der in der Hauptverhandlung zum Nachweis dafür, dass „ein untrennbarer Zusammenhang zwischen der Konfliktsituation des Angeklagten mit seinem Schwiegervater Hermann J***** einerseits und der letztlich zum Tod von Margarete J***** führenden Tathandlung andererseits“ gegeben sei, gestellte Antrag auf neuerliche Vernehmung des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. H***** - der auf das Verhältnis des Angeklagten zu dessen Schwiegermutter Margarete J***** durchaus eingegangen war (ON 42 S 25f) - einen für die Schuld- oder Subsumtionsfrage erheblichen Umstand betreffen sollte, ließ das Beweisbegehren offen. Daran ändert das zu seiner Begründung erstattete Vorbringen nichts, dass „die einzige Motivation des Angeklagten, auch Handlungen zu setzen, die zum Tod der Margarete J***** führten“, darin gelegen sei, diese zu erlösen, und die Handlungen zum Nachteil der Margarete J***** unterblieben wären, hätte es nicht die konfliktbelastete Situation mit Hermann J***** gegeben (ON 62 S 57f; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 321). Dem in der Beschwerde Nachgetragenen steht das Neuerungsverbot im Nichtigkeitsverfahren entgegen.

Auch die hinsichtlich der Hauptfrage 2 (vgl Punkt 2 des Schuldspruchs) eine Eventualfrage in Richtung des Verbrechens des Totschlags nach § 76 StGB vermissende Fragenrüge (Z 6) geht fehl.

Nach § 314 Abs 1 StPO ist eine Eventualfrage an die Geschworenen zu stellen, falls in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht werden, nach denen-wenn sie als erwiesen angenommen werden-die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat unter ein anderes Strafgesetz fiele, das nicht strenger ist, als das in der Anklageschrift angeführte.

Ein solches Vorbringen zeigt die Beschwerde mit Hinweisen auf den Antrag auf Stellung einer entsprechenden Eventualfrage, auf die Verantwortung des Angeklagten und auf das Gutachten des Sachverständigen nicht auf:

Der Inhalt von Anträgen stellt kein solches Vorbringen dar (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 42). Eine dem Gebot deutlicher und bestimmter Bezeichnung angeblich Nichtigkeit bewirkender Umstände (§§ 344, 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO) entsprechende konkrete Bezugnahme auf die Verantwortung des Angeklagten ist der Beschwerde nicht zu entnehmen. Das Gutachten des Sachverständigen allein kann nicht Grundlage für die Stellung von Eventualfragen sein (Schindler, WK-StPO § 313 Rz 15).

Anzumerken bleibt, dass der erforderliche allgemein rechtsethisch verständliche Konnex zwischen dem behaupteten Konfliktverhalten des Schwiegervaters des Angeklagten, Hermann J*****, und seiner von der in Rede stehenden Tötungshandlung betroffenen Schwiegermutter Margarete J***** bei der gegebenen Tatkonstellation nicht vorliegt (vgl 11 Os 72/07h).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - auch unter Berücksichtigung der gemäß § 24 StPO erstatteten Äußerung der Verteidigung - bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§§ 344, 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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