OGH 15Os13/10s

OGH15Os13/10s17.2.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Februar 2010 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Rechtspraktikantin Mag. Strohmayr als Schriftführer in der Strafsache gegen Norbert L***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB, AZ 12a Vr 539/83, HV 28/83 des Landesgerichts Feldkirch, über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 1. September 2009, AZ 6 Bs 423/09w, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Aicher, des Verurteilten und seines Verteidigers Dr. Bernhauser zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Im Verfahren 12a Vr 539/83, Hv 28/83 des Landesgerichts Feldkirch verletzt der Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 1. September 2009, AZ 6 Bs 423/09w, § 43 Abs 1 Z 1 StPO.

Dieser Beschluss wird aufgehoben und dem Oberlandesgericht Innsbruck die neuerliche Entscheidung über die Beschwerde des Norbert L***** gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 22. Juni 2009 aufgetragen.

Text

Gründe:

Im Verfahren AZ 12a Vr 539/83, Hv 28/83 des Landesgerichts Feldkirch beantragte der (damalige) Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Feldkirch Dr. Erich W***** am 7. März 1983 ua die Einleitung der Voruntersuchung gegen Norbert L***** wegen §§ 146, 147 Abs 3 StGB (S 1). Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 3. Oktober 1983 (ON 19) wurde Norbert L***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt; seine dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obersten Gerichtshof am 24. Jänner 1984, GZ 10 Os 200/83-7, verworfen (ON 23).

Nach mehrfachen vergeblichen Versuchen, die Wiederaufnahme des Strafverfahrens zu erreichen, begehrte Norbert L***** am 3. Dezember 2008 abermals die Wiederaufnahme, welcher Antrag mit Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 22. Juni 2009 (ON 57) abgewiesen wurde. Der gegen diesen Beschluss vom Verurteilten erhobenen Beschwerde (ON 58) gab das Oberlandesgericht Innsbruck mit Beschluss vom 1. September 2009, AZ 6 Bs 423/09w (ON 60), nicht Folge, wobei Vorsitzender des entscheidenden Senats der (nunmehrige) Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck, Dr. Erich W***** war.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht letztgenannter Beschluss mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Gemäß § 43 Abs 1 Z 1 StPO ist ein Richter vom gesamten Verfahren, sohin auch von der Entscheidung über einen Antrag auf Wiederaufnahme, ua dann ausgeschlossen, wenn er im Verfahren Staatsanwalt war. Dies gilt auch für Rechtsmittelrichter uneingeschränkt, wesentlich ist dabei nicht der Inhalt der in concreto entfalteten Tätigkeit, sondern die - auf die betreffende Strafsache bezogene - Prozessrolle als solche, sodass der Richter in ein und demselben Verfahren keine andere Verfahrensposition einnehmen oder eingenommen haben darf (SSt 57/74; Lässig, WK-StPO § 43 Rz 3).

Demzufolge war der im Vorverfahren als Staatsanwalt beteiligte Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck Dr. Erich W***** von der Entscheidung über die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 22. Juni 2009 ausgeschlossen.

Weil ein durch die Gesetzesverletzung bewirkter Nachteil des Verurteilten nicht auszuschließen ist (vgl RIS-Justiz RS0107372), war der Beschluss des Oberlandesgerichts aufzuheben und diesem die neuerliche Entscheidung über die Beschwerde aufzutragen (§ 292 letzter Satz StPO).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte