OGH 15Os188/09z

OGH15Os188/09z17.2.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Februar 2010 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Strohmayer als Schriftführer in der Strafsache gegen Ersin C*****, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 7. Juli 2009, GZ 27 Hv 10/09w-73, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Begründung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ersin C***** „der Verbrechen" des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I./1./ bis 9./) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (II./) schuldig erkannt.

Danach hat er - zusammengefasst - zwischen Anfang 2006 und 6. Dezember 2008 im Großraum I***** und an anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift

I./ in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge aus Italien aus- und nach Österreich eingeführt, und zwar

1./ bis 9./ teilweise im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Mittätern (§ 12 StGB) in mehreren Angriffen insgesamt 41,5 kg Cannabisharz mit einem Reinheitsgehalt von ca 6 %, sohin ca 2.490 Gramm THC als Reinsubstanz, und ca 1,23 kg Kokain mit einem Reinheitsgehalt von ca 15 %, sohin ca 184 Gramm Kokain als Reinsubstanz (s US 7);

II./ teils durch Entgegennahme als Entlohnung für die unter I./ angeführten Schmuggelfahrten, teils durch Kauf unbestimmter Mengen an Cannabisharz und Kokain für den Eigengebrauch erworben und besessen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl.

Die Verfahrensrüge (Z 4) erachtet die Verteidigungsrechte des Angeklagten dadurch verletzt, dass sein Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens nicht erledigt worden sei. Dem ist zum einen zu entgegnen, dass der in der Hauptverhandlung vom 14. April 2009 vorgetragene schriftliche Beweisantrag (ON 45/S 23 iVm ON 29) nicht unerledigt geblieben, sondern abgewiesen worden ist (neuerlich ON 45/S 23), zum anderen ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen, die ausschließlich Folgen eines Verkehrsunfalls betreffen, keine Anhaltspunkte für eine Diskretions- und Dispositionsunfähigkeit des Angeklagten. Symptome von „Affektlabiliät, verminderter Aufmerksamkeit und Konzentrationsleistung, Stimmungsschwankungen, zum Teil verlangsamter Gedankenductus sowie eine erhöhte Beeinflussbarkeit aufgrund kognitiver Einbußen" (ON 29/S 1, 25) vermögen uU eine Therapiebedürftigkeit zu begründen, stellen aber keine Indizien für das Vorliegen von Zurechnungsunfähigkeit in Bezug auf die vorgeworfenen Suchtgifttaten dar. Darüber hinaus stützt sich das Antragsvorbringen, auch vor dem Verkehrsunfall habe der Angeklagte an einer psychischen Erkrankung gelitten, auf keinerlei Unterlagen oder sonstige Verfahrensergebnisse, sodass sich der Beweisantrag als bloße Erkundung darstellt (RIS-Justiz RS0097641).

In seiner eine bloße Verurteilung nach § 28a Abs 1 SMG anstrebenden Subsumtionsrüge (Z 10) behauptet der Beschwerdeführer unsubstanziiert, eine Addition der Mengen unterschiedlicher Suchtgifte sei nicht zulässig, vermag diesen Rechtsstandpunkt jedoch weder methodengerecht aus dem Gesetz abzuleiten, noch beruft er sich auf ein Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588, 590). Im Übrigen findet das Vorbringen in der Rechtsprechung keine Stütze, zumal das Erstgericht den für die Zusammenrechnung von Suchtgiftmengen erforderlichen Vorsatz des Angeklagten zur kontinuierlichen Tatbegehung festgestellt hat (US 7 f; RIS-Justiz RS0087874; Fabrizy, Suchtmittelrecht [2009] § 28a Rz 2). Indem der Beschwerdeführer einerseits diesen Vorsatz unzulässig bestreitet und andererseits bei der Berechnung der Suchtgiftreinsubstanzen ausschließlich das tatverfangene Kokain, nicht jedoch (auch) das Cannabis berücksichtigt, ist die Rüge nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581).

Eine amtswegige Maßnahme im Hinblick auf die zu Unrecht angenommene, jedoch ungerügt gebliebene Annahme mehrfacher Begehung des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (vgl hiezu RIS-Justiz RS0117464, hier insbesondere T12 ff; Fabrizy, Suchtmittelrecht [2009] § 28a Rz 14 mwN) ist nicht geboten, weil dem vorliegenden Fehler im Rahmen der Berufungsentscheidung Rechnung getragen werden kann (Ratz, WK-StPO § 290 Rz 29; RIS-Justiz RS0090885).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Innsbruck zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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