Spruch:
Die Arbeitsrechtssache wird an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht überwiesen.
Text
Begründung
Die in Wien ansässige Klägerin begehrt mit ihrer beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebrachten Klage vom Beklagten die Zahlung von 2.799,05 EUR sA (Rückzahlung von Provisionsvorschüssen). Der Beklagte ist im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz wohnhaft.
Mit Schriftsatz vom 17. 11. 2009 beantragte der Beklagte die Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht. Von den neun einzuvernehmenden Zeugen seien sechs - so wie der Beklagte selbst - im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz ansässig. Die Delegierung werde daher zu einer wesentlichen Verkürzung und Verbilligung des Prozesses führen.
Die Klägerin sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus. Der Beklagte habe die Einvernahme der von ihm ins Treffen geführten Zeugen erst nach Durchführung zweier Verhandlungen und damit verspätet geltend gemacht. Zudem beziehe sich der Beweisantrag nur auf die von ihm eingewendete Gegenforderung. Die angestrebte Übertragung der Zuständigkeit liege ausschließlich im Interesse des Beklagten und könne daher die Delegierung nicht rechtfertigen. Das Arbeits- und Sozialgericht Wien legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Delegierungsantrag des Beklagten vor.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist gerechtfertigt.
Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Richtig ist, dass eine Delegierung nur den Ausnahmefall darstellen darf und nicht zu einer Durchbrechung der an sich maßgeblichen gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen soll. Gegen den Willen der anderen Partei kann die Delegierung daher nur dann ausgesprochen werden, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zugunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589 ua). Davon ist aber hier auszugehen. Nicht nur der Beklagte, sondern sechs der neun einzuvernehmenden Zeugen haben ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz. Zielsetzung der Delegierung ist eine wesentliche Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit. Das wird hier durch eine Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz erreicht, weil in diesem Fall der absolut überwiegende Teil des Beweisverfahrens vor dem dann erkennenden Gericht durchgeführt werden kann, ohne dass die zum weitaus größten Teil aus dem Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz stammenden Zeugen eine weite und kostspielige Anreise in Kauf nehmen müssen. Von der damit erreichbaren Verfahrenskonzentration, Kosten- und Zeitersparnis profitieren beide Parteien.
Dass der Beklagte die von ihm nun ins Treffen geführten Zeugen erst im Verlauf des Verfahrens beantragt hat, steht der Delegierung nicht entgegen, zumal das Beweisanbot nicht zurückgewiesen wurde und mit der Zurückweisung des Beweisantrags wegen Verspätung unter den gegebenen Umständen - bislang wurden nur die vorgelegten Urkunden verlesen, aber noch keine Einvernahmen durchgeführt - nicht zu rechnen ist.
Ob die in der Steiermark wohnhaften Zeugen zum Nachweis der Klageforderung oder der vom Beklagten eingewendeten Gegenforderung beantragt wurden, ist für die Frage der Delegierung ohne jede Relevanz.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)