OGH 7Ob179/09p

OGH7Ob179/09p16.12.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*****, vertreten durch MMag. Ewald Lichtenberger und Dr. Marc Schütze, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Hopmeier & Wagner Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 6.539,06 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 17. April 2009, GZ 1 R 316/08d-31, womit das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 26. August 2008, GZ 1 C 161/08w-27, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Das Erstgericht stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die Klägerin ist in Österreich Dienstenetzbetreiberin, das heißt, sie bietet einen öffentlichen Telefondienst mittels Diensterufnummern an. Diese sind entweder Rufnummern für Dienste mit geregelter Entgeltsobergrenze (zB 0810, 0820) oder für frei kalkulierbare Mehrwertdienste (zB 0900). Jede dieser Diensterufnummern hat einen vom Dienstenetzbetreiber festgelegten Preis/Tarif (entweder pro Minute oder einmalig als Eventtarifierung für den Endkunden). Dieser Preis wird für den Endkunden (Endnutzer) jeweils nach der Wahl der Diensterufnummer automatisch und entgeltfrei angesagt. Danach hat der Endkunde die Möglichkeit, eine weitere Telefonnummer, „welche sich im In- oder Ausland befindet", zu wählen.

Die Beklagte ist „Teilnehmernetzbetreiberin". Sie betreibt ein eigenes Endkundentelefonnetz und stellt direkt oder in Kooperation mit einem Dritten einem Endkunden einen physischen Telefonanschluss zur Verfügung.

Bei einer direkten Zusammenschaltung sind der Teilnehmernetzbetreiber und der Dienstenetzbetreiber mittels Zusammenschaltungsleitungen (direkte Telefonleitungen) miteinander verbunden. Bei einer indirekten Zusammenschaltung - wie hier - wird für die Übermittlung der Gespräche von einem Netz zum anderen ein drittes Telefonnetz als Transitnetz benötigt. In Österreich ist das Transitnetz das Telefonnetz der Telekom Austria AG. Die Telekom Austria AG vermittelt ein Gespräch, welches aus dem Netz der Beklagten kommt („Originierung"), durch ihr Netz an das Netz der Klägerin. Sobald eine direkte Zusammenschaltung der jeweiligen Netze der Klägerin und der Beklagten mit dem Transitnetz der Telekom Austria AG erfolgt, ist es den Kunden der Beklagten möglich, ins Netz der Klägerin zu telefonieren. Wählt der österreichische Endkunde über ein Endgerät die Mehrwertdiensterufnummer der Klägerin, kommt er auf eine Plattform und kann dann eine Endnummer wählen. Dies ist aber technisch nur möglich, wenn der Teilnehmernetzbetreiber die Rufnummer im Vermittlungsrechner eingetragen hat. Wenn dies der Fall ist, dann ist auch „in aller Regel" diese Rufnummer mit dem Endkundentarif eingetragen.

Der Teilnehmernetzbetreiber stellt dem Endkunden die Kosten für den Anruf zu Diensterufnummern in Rechnung. Er hat das Diensteentgelt an den Dienstenetzbetreiber unter Abzug der ihm zustehenden Entgeltsteile weiterzuleiten. Der Anbieter der Diensterufnummer muss dem Teilnehmernetzbetreiber hiefür eine Rechnung stellen. Die Telekom Austria AG übermittelt monatlich an die Klägerin eine Übersicht in „agregierter Form" über alle jene Telefonate, die aus dem Netz der Beklagten „orginieren". Auf Basis der von der Telekom Austria AG zur Verfügung gestellten Daten erstellt die Klägerin die an die Beklagte ausgestellten monatlichen Rechnungen.

Falls Zusammenschaltungsverträge, also Verträge zwischen den Betreibern der öffentlichen Telefonnetze, bestehen, erfolgt die Abrechnung nach den dort festgelegten Bedingungen. Ist die Inanspruchnahme eines Dienstenetzes nur gering, wird nicht immer ein Zusammenschaltungsvertrag abgeschlossen.

Am 27. 10. 1999 erließ die österreichische Regulierungsbehörde einen Bescheid betreffend die Bedingungen für die Zusammenschaltung und die Abrechnung von Mehrwertdiensten zwischen Telekommunikationsunternehmen. Der „telekommunikationsbetreiberübergreifende Arbeitskreis Telekommunikation" hat eine Zuordnung von Rufnummernbereichen zu Tarifstufen festgelegt. Diese Aufstellung in Tabellenform mit allen Rufnummern und die dazugehörigen Tarifstufen ist auf der Homepage der Behörde veröffentlicht. Der Beklagten wäre es möglich gewesen, jeder Diensterufnummer einen Tarif zuzuordnen. Das „Handbuch" stellt eine geübte Praxis in der Telekommunikationsbranche dar. Zwischen den Parteien besteht kein Zusammenschaltungsvertrag. Es wurde auch kein Einrichtungsauftrag erteilt. Die Mehrwertdiensterufnummern der Klägerin waren jedoch aus dem Netz der Beklagten erreichbar. Die Klägerin übermittelte der Beklagten keine Tarife zur Abrechnung. Sie verrechnet monatlich Interconnect-Gebühren an die Beklagte entsprechend den Angaben der Telekom Austria AG. Diesen Rechnungen liegen die tarifmäßig verrechneten Leistungen der Klägerin zu Grunde. Dass die Abrechnung von den vorhin genannten verlautbarten Tarifstufen abgewichen wären, kann nicht festgestellt werden. Verrechnet die Beklagte bei sogenannten Pre-Paid-Karten (Telefonwertkarten) den Kunden einen geringeren Tarif als von der Klägerin später begehrt, so ist eine Nachverrechnung an die Kunden nicht möglich, weil sie anonym sind.

Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte haben jeweils mit der Telekom Austria AG den sogenannten „Anhang 17 - Regelungen betreffend Dienste mit geregelten Entgeltobergrenzen und frei kalkulierbaren Mehrwertdiensten" und den sogenannten „Anhang 26 - Regelungen betreffend Transit und direkte Abrechnung des indirekten Verkehrs" vereinbart. Deren Inhalt bezeichnete das Erstgericht als einen „Bestandteil" seiner Feststellungen.

Gemäß dem „Anhang 26" verpflichtet sich der jeweilige Vertragspartner der Telekom Austria AG (Zusammenschaltungspartner), der Telekom Austria AG nur Verkehr zu senden, für dessen Übernahme eine Terminierungsvereinbarung oder Originierungsvereinbarung zwischen dem Zusammenschaltungspartner und dem Drittnetzbetreiber besteht (Punkt 1. Abs 3). Fehlt die Terminierungsvereinbarung, wird nach Punkt 1.1.1 vereinbart, dass der Zusammenschaltungspartner dem Drittnetzbetreiber für tatsächlich in dessen Netz terminierten Verkehr die Terminierungsentgelte in Höhe des jeweils zwischen der Telekom Austria AG und dem Drittnetz vereinbarten bzw angeordneten Terminierungsentgelts zuzüglich eines Aufschlags schuldet, wobei klargestellt wird, dass diese Regelung keine Vereinbarung nach § 48 TKG (Zusammenschaltungsvereinbarung) darstellt. Für den Fall des Fehlens der Originierungsvereinbarung wird in Punkt 1.1.2 vereinbart, dass der Zusammenschaltungspartner dem Drittnetzbetreiber (Dienstenetzbetreiber) für tatsächlich zu Diensten in dessen Netz zugestellten Verkehr die vom Drittnetzbetreiber tarifierten Endkundenentgelte schuldet. In Punkt 1.1.3 wird erklärt, dass die Bestimmungen Punkt 1.1.1 und 1.1.2 echte Verträge zu Gunsten Dritter im Sinne des § 881 Abs 2 ABGB sind und der Drittnetzbetreiber daher gegen den Zusammenschaltungspartner einen eigenen, klagbaren, vertraglichen Anspruch auf Bezahlung der nach dieser Vereinbarung geschuldeten Entgelte hat.

Die Klägerin begehrt als Dienstenetzbetreiberin von der Beklagten als Teilnehmernetzbetreiberin das Entgelt für Mehrwertdienstleistungen, nämlich für die Zurverfügungstellung von Interconnection-Verbindungen. Grundlage für die Verrechnung seien die jeweils zwischen den Zusammenschaltungspartnern und der Telekom Austria AG abgeschlossenen Vereinbarungen über die Regelung betreffend Transit und direkte Abrechnung des indirekten Verkehrs. Die Abrechnung des Diensteentgelts habe direkt zwischen der Beklagten und der Klägerin zu erfolgen. Gemäß Punkt 1.1.2 des Anhangs 26 schulde der Zusammenschaltungspartner (die Beklagte) dem Drittnetzbetreiber (der Klägerin) für tatsächlich zu Diensten in deren Netz zugestellten Verkehr die vom Drittnetzbetreiber tarifierten Endkundenentgelte. Dieser Vertrag sei ausdrücklich als Vertrag zu Gunsten Dritter gemäß § 881 Abs 1 ABGB bezeichnet worden. Da die jeweiligen Verträge der Klägerin und der Beklagten mit der Telekom Austria AG gleichlautend seien, habe die Klägerin einen klagbaren, vertraglichen Anspruch auf Bezahlung der nach dieser Vereinbarung geschuldeten Entgelte gegen die Beklagte. Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin habe ihrer Verpflichtung, der Beklagten die Höhe der Mehrwerttarife mitzuteilen, bevor sie deren Weiterverrechnung an die Kunden der Beklagten verlange, verletzt. Der „springende Punkt" in diesem Verfahren sei, dass die Klägerin als Betreiberin der Mehrwertnummern das Diensteentgelt der Beklagten nicht so rechtzeitig mitgeteilt habe, dass sie diesen Tarif auch ihren Kunden, die Pre-Paid-Cards benutzt hätten und bei denen wegen ihrer Anonymität eine Nachverrechnung ausgeschlossen sei, hätte verrechnen können. Zwischen den Parteien selbst bestehe kein Vertrag. Die Behauptung der Klägerin, dass ein Vertrag zu Gunsten Dritter vorliege, ändere nichts an der grundsätzlichen Obliegenheit der Klägerin, der Beklagten die Höhe des dem Kunden zu verrechnenden Diensteentgelts mitteilen zu müssen. Die Klägerin habe an die Beklagte nicht einmal einen Einrichtungsantrag gestellt, sodass ihr weder bekannt sei, welche Rufnummernbereiche der Klägerin zugeteilt seien, noch, welche Tarifstufe für die verwendeten Rufnummernbereiche anzuwenden seien. Es würde ein Vertrag zu Lasten Dritter vorliegen, wenn die Beklagte verpflichtet wäre, ein ihr zuvor nicht bekannt gegebenes Entgelt zu entrichten, nachdem sie ihre Dienste dem Endkunden gegenüber erbracht habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Nach den zitierten Bestimmungen des Anhangs 26, die in den Zusammenschaltungsverträgen sowohl der Klägerin als auch der Beklagten mit der Telekom Austria AG ident seien, habe die Verrechnung und Betreibung der Forderungen nach Entgelten aus indirekten Zusammenschaltungsverhältnissen zwischen dem Zusammenschaltungspartner und dem Drittnetzbetreiber direkt zu erfolgen. Die Rechnungen basierten auf den bekannt gegebenen Tarifen. Das Klagebegehren sei der Höhe nach nicht substantiiert bestritten worden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und änderte das Ersturteil in eine gänzliche Klagsabweisung ab. Es verneinte zwar den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund, ließ aber im Übrigen die Berufungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz und der mangelhaften Beweiswürdigung aus rechtlichen Erwägungen unbehandelt. Es liege ein Fall der indirekten Zusammenschaltung nach § 3 Z 25 TKG vor, wobei zwischen den Parteien kein Zusammenschaltungsvertrag abgeschlossen worden sei. Nach der Rechtsprechung seien bei den Mehrwertdiensten zwei Verträge zu unterscheiden, nämlich der Vertrag des Anschlussinhabers mit dem Netzbetreiber und der Vertrag mit dem Mehrwertdiensteleister, dessen Partner der jeweilige Benutzer des Anschlusses sei. Die Inanspruchnahme des Mehrwertdienstes erfolge auf Basis eines eigenen Vertragsverhältnisses, das zwischen dem Kunden und dem Anbieter des Mehrwertdienstes geschlossen werde. Daraus ergebe sich, dass mangels anderer Vereinbarung lediglich der Mehrwertdiensteleister einen Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Entgelts vom Benutzer des Anschlusses als seinen Vertragspartner haben könne. Mit Punkt 1.1.2 des Anhangs 26 verpflichte sich der jeweilige Vertragspartner der Telekom Austria AG zur Zahlung zukünftiger tarifierter Endkundenentgelte für die Inanspruchnahme von Mehrwertdiensten unbekannter Dienstenetzbetreiber für den Fall der Weiterleitung von Anrufen aus dem Quellnetz durch die Telekom Austria AG, die auf zukünftig abgeschlossenen Verträgen mit beliebigen Nutzern eines Quelltelefonanschlusses basierten. Dabei stünden zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags zu Gunsten eines unbekannten Dienstenetzbetreibers als Begünstigten weder die Vertragspartner (unbekannter Mehrwertdiensteleister eines Dienstenetzbetreibers, der mit einem unbekannten Anschlussnutzer, der nicht mit dem Anschlussinhaber identisch sein müsse, kontrahiere), noch der Inhalt des Vertrags (vereinbarte Mehrwertdiensteleistung), noch die Höhe des vom Mehrwertdiensteleister zukünftig tarifierten und nach Zeiteinheiten abzurechnenden Endkundenentgelte fest. Bestimmt im Sinn des § 869 ABGB sei eine Erklärung, wenn ihr die wesentlichen Rechtsfolgen, die der Erklärende anstrebe, und der Inhalt der essentialia negotii des von ihm angestrebten Rechtsgeschäfts zu entnehmen seien. Zumindest letztere müssten eindeutig bestimmbar sein. Die Erklärung der Beklagten im Zuge der Vereinbarung mit der Telekom Austria AG, hinsichtlich ihr unbekannter zukünftiger Vertragspartner im Fall der Vertragsvermittlung durch Zurverfügungstellung von Telekommunikations- dienstleistungen ohne Zusammenschlussvereinbarung für unbestimmte zukünftige Mehrwertdienste vertraglich nicht näher bestimmte zukünftig tarifierte Endkundenentgelte zu zahlen, entspreche nicht dem Bestimmtheitsgebot des § 869 ABGB. Hinsichtlich des in Punkt 1.1.3 des Anhangs 26 mit der Telekom Austria AG enthaltenen Vertrags zu Gunsten Dritter liege mangels Bestimmtheit Dissens wegen Unvollständigkeit vor, sodass sich die Klägerin als Begünstigte darauf nicht berufen könne. Da dem Mehrwertdiensteanbieter aus dem Vertrag mit Nutzern der Telefonanschlüsse von Anschlussinhabern der Beklagten ein direkter Vertragsanspruch zustehe, seien auch bereicherungsrechtliche Ansprüche oder Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag auszuscheiden. Ebenso wenig müsse auf die Frage der Rechtsnatur eines Inkassos der Beklagten bei Vorliegen einer Zusammenschaltungsvereinbarung mit dem Mehrwertdiensteanbieter eingegangen werden.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage des Verhältnisses zwischen „Quellnetzbetreiber" und „Mehrwertdienstenetzbetreiber" im Fall einer indirekten Zusammenschaltung ohne Zusammenschaltungsvereinbarung keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sie ist auch im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.

Offenbar nur präventiv, ohne Angabe von Gründen, behauptet die Beklagte, die Revision sei verspätet. Dies ist nicht zu erkennen. Obwohl die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren als „springenden Punkt" angibt, dass die Klägerin der Beklagten entgegen einer Mitteilungsobliegenheit vor den Telefonaten nicht den vom Endkunden zu verlangenden Tarif mitgeteilt habe, sodass es der Beklagten nicht möglich gewesen sei, das entsprechende Diensteentgelt bei ihren Endkunden einzuheben, setzt sich das Berufungsgericht nur mit der Frage auseinander, ob die genannten Vertragsklauseln im Anhang 26, die ausdrücklich als Verträge zu Gunsten Dritter bezeichnet wurden, ausreichend bestimmt sind. Es verneinte diese Frage. Dieser Rechtsansicht kann nicht gefolgt werden.

Die Beklagte erklärte im Vertrag mit der Telekom Austria AG, in dem Fall, dass keine Originierungs- oder Terminierungsvereinbarung zwischen der Beklagten und dem Drittnetzbetreiber besteht, diesem für tatsächlich über sein Netz geleiteten Verkehr die dafür anfallenden Entgelte zu schulden. Dies wird in der Vereinbarung ausdrücklich als Vertrag zu Gunsten Dritter im Sinn des § 881 Abs 2 ABGB bezeichnet und es wird festgehalten, dass damit dem Drittnetzbetreiber ein eigener klagbarer vertraglicher Anspruch auf Bezahlung der geschuldeten Entgelte zusteht.

Um grundsätzlich dem Bestimmtheitserfordernis des § 869 ABGB zu entsprechen, muss aus der Vereinbarung nicht nur der Wille der Parteien hervorgehen, den Vertrag wirklich schließen zu wollen, sondern die Leistungen müssen auch in einer Art und Weise bestimmt sein, dass sie sich aus dem Vertrag selbst bestimmen lassen, wobei „bestimmt" nach ständiger Lehre und Rechtsprechung stets als „bestimmbar" verstanden wird (RIS-Justiz RS0014010, RS0014693). Die Erklärung muss so sein, dass aus ihr die wesentlichen Rechtsfolgen, die der Erklärende anstrebt, entnommen werden können (7 Ob 227/06t mwN).

Bei der Auslegung der Vereinbarung ist zu berücksichtigen, dass im Fall einer indirekten Zusammenschaltung mit Hilfe eines Transitnetzes - wie hier - mit mehreren nicht von vornherein bestimmten, aber durch die tatsächliche Inanspruchnahme (durch den Transitnetzbetreiber = Telekom Austria AG) bestimmbaren Drittnetzen gearbeitet wird. Es ist auch noch nicht ein bestimmtes Ausmaß der Inanspruchnahme der Leistungen vereinbart, doch ist deren Ausmaß genau so bestimmbar durch die tatsächliche Inanspruchnahme des Netzes durch die Endkunden des Zusammenschaltungspartners (Beklagte). Die Leistungen sind also danach bestimmbar, welche Drittnetze in welchem Ausmaß vom Zusammenschaltungspartner der Telekom Austria AG in Anspruch genommen werden. Die Leistung wird durch die Telekom Austria AG ermittelt. Sie übersendet monatlich eine Übersicht in aggregierter Form über alle jene Telefonate, die aus dem Netz der Beklagten originieren und ins Netz der Klägerin weitergeleitet werden. Die Höhe des Entgelts ist laut dieser Regelung entweder vereinbart (was hier nicht der Fall ist) oder „angeordnet". Wurde das Entgelt angeordnet, ist das Entgelt des Drittnetzbetreibers danach bestimmbar.

Anhang 26 bezieht sich ausdrücklich auf die Fälle, in denen zwischen den Parteien keine Zusammenschaltungsverträge (Terminierungs- oder Originierungsvereinbarung) bestehen. Es soll damit ganz offensichtlich erreicht werden, dass kein „vertragsfreier Zustand", in dem die Abrechnung erschwert oder unmöglich wäre, entsteht, wenn indirekte Zusammenschaltungen ohne Zusammenschlussverträge erfolgen. Der Drittnetzbetreiber soll daher direkt seine bestimmbaren Ansprüche gegen den Zusammenschaltungspartner der Telekom Austria AG geltend machen können.

Damit erweist sich das von der Beklagten als „springender Punkt des Verfahrens" bezeichnete Thema tatsächlich als entscheidungsrelevant. Wesentlich ist, ob für die von der Klägerin erbrachten Leistungen ein „angeordneter" Tarif besteht, der handelsüblich der Abrechnung zugrundegelegt wird und ob auf diesem auch die Rechnungen der Klägerin basieren. Bejahendenfalls hätte die Beklagte diesen zunächst, wenn sie die Rufnummern freischaltet, ihren Kunden verrechnen können. Nur wenn die Klägerin ihr allfälliges Recht, einen höheren Tarif zu verlangen, in Anspruch hätte nehmen wollen, hätte sie eine Mitteilungsobliegenheit, weil der Beklagten ihre Entscheidung nicht von vornherein bekannt sein kann. Die entsprechenden Feststellungen des Erstgerichts sind bekämpft. Die Beweisrügen der Beklagten wurden vom Berufungsgericht bisher ebenso wenig erledigt wie die Rüge der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz. Erst nach Absicherung der Tatsachengrundlage kann über den Klagsanspruch abschließend entschieden werden. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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