OGH 13Os116/09x

OGH13Os116/09x19.11.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. November 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Annerl als Schriftführer in der Strafsache gegen Robert G***** wegen Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 27. Mai 2009, GZ 410 Hv 1/09t-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Robert G***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen zweier Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 5. September 2008 in Wien

1. Karl F*****, indem er mit einem Messer quer über dessen Hals schnitt und

2. Richard P*****, indem er ihm ein Messer in die linke Brustkorbhälfte stieß,

vorsätzlich zu töten versucht.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten aus Z 6 und 8 des § 345 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

Die Fragenrüge (Z 6) kritisiert das Unterbleiben von Zusatzfragen nach Notwehr und Putativnotwehr aufgrund irrtümlicher Annahme eines rechtfertigenden Sachverhalts nach § 8 StGB (vgl Lewisch in WK2 § 3 Rz 189 ff), ohne sich an den Kriterien des beanspruchten Nichtigkeitsgrundes zu orientieren:

Die begehrte Fragestellung setzt voraus, dass in der Hauptverhandlung entsprechende Tatsachen vorgebracht worden sind (§ 313 StPO). Darunter ist nichts anderes zu verstehen als das Vorkommen einer erheblichen Tatsache, einer solchen also, die, wäre sie im schöffengerichtlichen Verfahren vorgekommen, bei sonstiger Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO erörterungsbedürftig gewesen wäre (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 42). Demgemäß bedarf es zur prozessordnungskonformen Darstellung einer Rüge aus Z 6 des konkreten Hinweises auf derartige Tatsachen. Mit der Bezugnahme auf die Verantwortung des Angeklagten („Ich habe dann meine Zeche bezahlt und wollte gehen. Die beiden sind auch aufgestanden, sind um den Tisch herumgegangen, vor mir stehen geblieben und haben mich nicht gehen lassen. Die beiden sind vor mir gestanden und haben gegrinst. Ich habe gesagt, sie sollen mich vorbei lassen, was sie aber nicht getan haben." [ON 38 S 4] und weiters „Ja die Männer haben mich nicht gehen lassen, ich habe keine andere Möglichkeit gesehen das Lokal zu verlassen. Ich habe mich dann gewehrt [ON 38 S 8].") spricht die Rüge kein die begehrte Fragestellung nach gesicherter allgemeiner Lebenserfahrung ernsthaft indizierendes Verfahrensergebnis (konkret: zum Vorliegen oder zur irrtümlichen Annahme eines unmittelbar drohenden rechtswidrigen Angriffs auf Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit, Freiheit oder Vermögen des Angeklagten oder eines Anderen, und zwar eines solchen Angriffs, zu dessen Abwehr der gegenständliche Einsatz eines Messers als Waffe gegen die [vermeintlichen] Angreifer notwendig, also das unter den verfügbaren Mitteln das Schonendste gewesen wäre) an (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 23).

Die Instruktionsrüge (Z 8), die entgegen dem Wortlaut sowie Erscheinungsbild (Hervorhebung durch Unterstreichung) der Rechtsbelehrung behauptet, diese habe „sich nicht schon bei der Belehrung zur Hauptfrage (nach Mord) mit dem für die Beurteilung der Tat wesentlichen Tatbestandsmerkmal, nämlich dem Vorsatz auseinandergesetzt", wird den prozessualen Anforderungen gleichfalls nicht gerecht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§§ 344, 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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