OGH 5Ob117/09f

OGH5Ob117/09f13.10.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Höllwerth, Dr. Glawischnig, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin Marktgemeinde M*****, vertreten durch Dr. Robert Bauer, öffentlicher Notar in Aspang-Markt, wegen Einverleibung einer Dienstbarkeit und eines Vorkaufsrechts ob der Liegenschaft EZ 16 Grundbuch *****, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin und des Einschreiters Herzog P***** J*****, geboren *****, dieser vertreten durch Dipl.-Ing. Stefan S*****, geboren *****, dieser vertreten durch Dr. Robert Bauer, öffentlicher Notar in Aspang-Markt, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 20. Februar 2009, AZ 4 R 364/08s, mit dem infolge Rekurses der Antragstellerin der Beschluss des Bezirksgerichts Hartberg vom 21. Oktober 2008, TZ 5238/08, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem ordentlichen Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Herzog P***** J***** ist grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ 16 Grundbuch *****. Er schloss als Dienstbarkeitsgeber - vertreten durch den mit der am 21. 2. 2003 ausgestellten Vollmacht ausgewiesenen Vertreter Dipl.-Ing. Stefan S***** - mit der antragstellenden Marktgemeinde M***** als Dienstbarkeitsnehmerin den Dienstbarkeitsbestellungs- und Auflösungsvertrag vom 29. 7./2. 8. 2005. Der Liegenschaftseigentümer räumte der Marktgemeinde in Vertragspunkt III. die Dienstbarkeit der Errichtung, Erhaltung und des Betriebs des Schieberschachts, des Auslaufbauwerks und von Quellsammelschächten sowie der Wasserleitung ob Grundstück 175/2 wie in einer angeschlossenen Planskizze beschrieben und in Vertragspunkt IV. das Vorkaufsrecht am bezeichneten Grundstück gemäß den §§ 1072 bis 1079 ABGB mit einer hier nicht relevanten Einschränkung ein.

Die Antragstellerin begehrte mit dem am 8. 10. 2008 beim Erstgericht eingelangten Grundbuchsgesuch unter Vorlage des Dienstbarkeitsbestellungs- und Auflösungsvertrags in Papierform (in Original und Kopie) sowie der jeweils vom Liegenschaftseigentümer an Dipl.-Ing. Stefan S***** ausgestellten (allgemeinen) Vollmachten vom 21. 2. 2003 und vom 2. 5. 2008 (mit Freigabebestätigungen für die im cyber.doc Urkundenarchiv des österreichischen Notariats gespeicherten Originale) die Einverleibung des ihr eingeräumten Dienstbarkeits- und Vorkaufsrechts.

Das Erstgericht wies das Grundbuchsgesuch ab und erkannte dabei zwei Abweisungsgründe. Zum Ersten habe der Antragstellervertreter dem Gesuch den Dienstbarkeitsbestellungs- und Auflösungsvertrag in Papierform beigelegt und zwar ohne Hinweis und ohne Bestätigung, dass das Einscannen des Vertrags aus technischen Gründen nicht möglich gewesen sei. Zum Zweiten habe der Machthaber des Liegenschaftseigentümers den Dienstbarkeitsbestellungs- und Auflösungsvertrag aufgrund einer (allgemeinen) Vollmacht vom 21. 2. 2003 unterfertigt. Gemäß § 31 Abs 6 GBG könne aber eine Einverleibung gegen den Machtgeber nur dann bewilligt werden, wenn die von diesem ausgefertigte Vollmacht entweder auf das bestimmte Geschäft laute, oder doch nicht früher als drei Jahre vor dem Ansuchen um Einverleibung ausgestellt worden sei. Das Grundbuchsgesuch sei daher abzuweisen gewesen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin teilweise Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, dass es die Vormerkung des Dienstbarkeits- und des Vorkaufsrechts bewilligte, die Abweisung des Begehrens auf Einverleibung dieser Rechte dagegen bestätigte. Die Nichteinhaltung der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr (ERV 2006) - hier wegen fehlender Glaubhaftmachung im Sinn des § 11 Abs 1a ERV 2006, dass im Einzelfall die technischen Möglichkeiten, die Beilagen im elektronischen Rechtsverkehr einzubringen, fehlten - rechtfertige nicht die Abweisung des Grundbuchsgesuchs (5 Ob 227/08f; 2 Ob 251/07m). Der vom Erstgericht angeführte erste Abweisungsgrund liege somit nicht vor.

Hinsichtlich der Vollmacht des für den Liegenschaftseigentümer einschreitenden Machthabers sei von § 31 Abs 6 GBG auszugehen, wonach aufgrund von Urkunden eines Machthabers eine Einverleibung gegen den Machtgeber nur dann bewilligt werden könne, wenn die Vollmacht entweder auf das bestimmte Geschäft laute, oder doch nicht früher als drei Jahre vor dem Ansuchen um die Einverleibung ausgestellt worden sei. Der Meinung der Antragstellerin, diesem Erfordernis sei durch die zweite Vollmacht entsprochen, könne nicht gefolgt werden. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien habe in RPflSlgG 1770 die Ansicht vertreten, sollte die der Vertragserrichtung zugrunde gelegene Vollmacht im Zeitpunkt des Antrags um Einverleibung bereits älter als drei Jahre sein, könne der Mangel nicht durch Vorlage weiterer, jüngerer Vollmachten behoben werden. Es sei vielmehr die ausdrückliche Ratihabition der Urkunde durch den Machthaber erforderlich (in diesem Sinn auch RPflSlgG 378; 1636). Das Rekursgericht sei daher der Ansicht, dass die begehrten Rechte zwar nicht einverleibt, aber gemäß den §§ 35, 85 Abs 2 GBG vorgemerkt werden könnten. In diesem Sinn sei daher die angefochtene Entscheidung abzuändern gewesen.

Das Rekursgericht sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof - soweit überblickbar - noch nicht mit der erheblichen Rechtsfrage nach der richtigen Vorgangsweise befasst gewesen sei, wenn die der Vertragserrichtung zugrunde liegende Vollmacht, die nicht auf das bestimmte Geschäft laute, im Zeitpunkt des Antrags um Einverleibung bereits älter als drei Jahre sei und nunmehr eine weitere (jüngere) Vollmacht vorgelegt werde.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin und des Liegenschaftseigentümers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Einverleibung des Dienstbarkeits- und des Vorkaufsrechts der Antragstellerin. Die Revisionsrekurswerber führen aus, Dipl.-Ing. Stefan S***** habe zum Zeitpunkt der Unterfertigung des Dienstbarkeitsbestellungs- und Auflösungsvertrags über eine vom Liegenschaftseigentümer am 21. 2. 2003 beglaubigt gefertigte Vollmacht verfügt, die dem Grundbuchsgesuch auch (in Form einer Freigabebestätigung) angeschlossen gewesen sei. Diese Vollmacht sei zwar zum Zeitpunkt des Überreichens des Grundbuchsgesuchs beim Erstgericht bereits älter als drei Jahre gewesen, sodass aufgrund dieser Vollmacht die Einverleibung gemäß § 31 Abs 6 GBG nicht mehr bewilligt hätte werden können. Aus diesem Grund sei aber am 2. 5. 2008 vom Liegenschaftseigentümer eine gleichlautende beglaubigte Vollmacht an Herrn Dipl.-Ing. Stefan S***** ausgefertigt worden, welche dem Grundbuchsgesuch ebenfalls beigeschlossen gewesen sei. Der Rechtsansicht, es müsse ungeachtet dieser beiden Vollmachten eine Ratihabition erfolgen, könne nicht gefolgt werden, müsste doch dann Dipl.-Ing. Stefan S***** den Vertrag nochmals beglaubigt fertigen, obwohl er dies mit einer damals gültigen Vollmacht bereits getan habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

1. Das Rekursgericht hat zunächst zutreffend erkannt, dass die Nichteinhaltung der ERV 2006 infolge unterbliebener Glaubhaftmachung der im Einzelfall fehlenden technischen Möglichkeit zur Einbringung von Gesuchsbeilagen (hier: des Dienstbarkeitsbestellungs- und Auflösungsvertrags) im elektronischen Rechtsverkehr (§ 89c Abs 5 GOG; § 11 Abs 1a ERV 2006) keinen inhaltlichen Mangel des Gesuchs darstellt und daher nicht dessen Abweisung rechtfertigt (5 Ob 234/08k = JusGuide 2009/19/6574; 5 Ob 227/08f = NZ 2009/737 [Hoyer] = Zak 2009/38, 35; vgl ferner 2 Ob 251/07m).

2. Gemäß § 31 Abs 6 GBG kann aufgrund von Urkunden eines Machthabers eine Einverleibung gegen den Machtgeber nur dann bewilligt werden, wenn die von diesem ausgefertigte Vollmacht entweder auf das bestimmte Geschäft lautet oder nicht früher als drei Jahre vor dem Ansuchen um die Einverleibung ausgestellt ist oder eine Vorsorgevollmacht im Sinn des § 284f ABGB ist. Unstrittig ist, dass der Machthaber des Liegenschaftseigentümers den Dienstbarkeitsbestellungs- und Auflösungsvertrag aufgrund einer (bloß) allgemeinen Vollmacht unterfertigt hat, die vom 21. 2. 2003 stammte und folglich bei Einbringung des Grundbuchsgesuchs am 8. 10. 2008 bereits älter als drei Jahre war. Aus der eindeutigen Regelung des § 31 Abs 6 GBG folgt daher, dass die vom 21. 2. 2003 datierende Vollmacht bei Gesuchseinbringung ihre grundbuchsrechtliche Legitimation für die Unterfertigung eines Vertrags zum Zweck einer Einverleibung gegen den Machtgeber bereits verloren hatte. Dass der Liegenschaftseigentümer später, nämlich am 2. 5. 2008 eine weitere Vollmacht ausgestellt hat, die den zeitlichen Anforderungen des § 31 Abs 6 GBG genügt, vermag deshalb keine Sanierung zu bewirken, weil die spätere Vollmacht ja gerade nicht Grundlage für den seinerzeitigen Vertragsabschluss war und insoweit nicht zurückwirken kann. Eine nachträgliche Ratihabition (Genehmigung, Bestätigung) des Vertrags durch den (wieder) mit einer tauglichen Vollmacht ausgestatteten Machthaber oder durch den Machtgeber ist daher unumgänglich. Die Bewilligung (lediglich) der Vormerkung entspricht bei dieser Sachlage dem Gesetz (§ 35 GBG), der Rechtsprechung (5 Ob 203/04w = NZ 2005/65, 248; 5 Ob 316/00g = NZ 2001/515, 479 [Hoyer]) und Lehre (Weigand in Kodek, Grundbuchsrecht, § 31 GBG Rz 58).

3. Der Vollständigkeit halber ist letztlich noch darauf hinzuweisen, dass dem Liegenschaftseigentümer die Beschwer fehlt, weil er weder Antragsteller war, noch durch die Versagung der Einverleibung in seinen bücherlichen Rechten verletzt wird (vgl RIS-Justiz RS0006677; RS0006710); Letzteres wird im Grundbuchsverfahren regelmäßig im Rahmen der Sachentscheidung beurteilt (vgl RIS-Justiz RS0006677 [T6]; RS0006710 [T9]).

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