Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 12 MRG darf der Hauptmieter, der die Wohnung verlässt, seine Mietrechte an Verwandte in gerader Linie abtreten, falls diese mindestens die letzten 2 Jahre im gemeinsamen Haushalt in der Wohnung gelebt haben. Dabei müssen die Eintrittsvoraussetzungen beim nahen Angehörigen zum Zeitpunkt des Verlassens der Wohnung durch den Hauptmieter bestanden haben; die Willensübereinstimmung über den Mietrechtsübergang kann auch später erfolgen (RIS-Justiz RS0069502), sodass das „Verlassen" und „Überlassen" zeitlich auseinander fallen können (RIS-Justiz RS0068692).
Dass zum Zeitpunkt des Auszugs der Hauptmieterin ein gemeinsamer Haushalt mit ihrer Adoptivtochter, der nunmehrigen Nebenintervenientin, bestand, wird in der Revision nicht in Zweifel gezogen. Die Revision steht jedoch auf dem Standpunkt, aufgrund des langen Zeitraums zwischen Verlassen der Wohnung und der objektiven Unmöglichkeit der Rückkehr in diese sei die vom Gesetzgeber eingeräumte Möglichkeit, die Mietrechte abzutreten, „verwirkt". Durch den sehr langen Zeitraum zwischen Verlassen der Wohnung und Überlassen der Mietrechte an die Nebenintervenientin sei der gemeinsame Haushalt aufgelöst; in diesem Fall sei maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Eintrittsrechts nicht jener des Auszugs, sondern derjenige der Weitergabe.
Dem kann nicht gefolgt werden. Dass dann, wenn „Verlassen" und das „Überlassen" zeitlich auseinander fallen, die Eintrittsvoraussetzungen zum Zeitpunkt des Verlassens der Wohnung vorliegen müssen, entspricht gesicherter Judikatur (RIS-Justiz RS0069502 [T1]). Die von der Revision angesprochene Frage der Auswirkung eines langen Zeitraums zwischen dem Verlassen der Wohnung und Abtretung der Mietrechte stellt sich im vorliegenden Fall in Wahrheit nicht, weil der gemeinsame Haushalt auch nach dem Auszug der Hauptmieterin zunächst fortbestand: Nach ständiger Rechtsprechung wird nämlich ein gemeinsamer Haushalt durch gewisse durch Lebensumstände bedingte, auf nicht allzu lange Zeit berechnete Unterbrechungen des Zusammenlebens nicht beendet. Als derartige Fälle nicht dauernder Trennung werden unter anderem auswärtige Studien, Krankheitsaufenthalte und Erholungsaufenthalte und befristete Aufenthalte im Altersheim angesehen (RIS-Justiz RS0069712). Daher wird ein gemeinsamer Haushalt nicht schon durch die Aufnahme des Hauptmieters in einem Alters- oder Pflegeheim beendet (vgl 1 Ob 79/97t). Entscheidend ist vielmehr, ob die Absicht besteht, bei Änderung der Umstände die erzwungene Trennung zu beenden (SZ 58/126; 1 Ob 578/91 = RZ 1992/91 uva). Ob die Abwesenheit als bloß vorübergehend oder ganz als dauernd anzusehen ist, hängt deshalb ganz entscheidend vom Willen der Betroffenen ab; die Verwirklichung der Rückkehr darf nur nicht schlechthin ausgeschlossen sein (1 Ob 578/91; vgl RIS-Justiz RS0069712).
Aus diesem Grund stellt das Vorliegen eines gemeinsamen Haushalts auch nach Auszug des Hauptmieters aus der Wohnung in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar und ist damit die entsprechende Beurteilung der Vorinstanzen eine Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht zugänglich, sofern das Berufungsgericht den ihm zukommenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten hat (vgl RIS-Justiz RS0107188).
Bereits in der zitierten Entscheidung 1 Ob 578/91 RZ 1992/91 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, es widerspreche den Zielsetzungen des Gesetzgebers, wollte man dem Ehegatten eines Hauptmieters, der mit diesem viele Jahre hindurch in dessen Wohnung lebte, das Eintrittsrecht bloß deshalb verwehren, weil er nach der Aufnahme in das Krankenhaus schicksalhaft nicht mehr im Stande war, für den Fall der Besserung seines Zustands seinen Willen zur Rückkehr in seine Wohnung Ausdruck zu verleihen. Habe der Mieter demnach nicht doch seinen Willen bekundet, nicht mehr in die Wohnung zurückzukehren, müsse deshalb davon ausgegangen werden, dass er so wie jeder andere Erkrankte in seine Wohnung zurückkehren wolle, sollte dies sein Gesundheitszustand wieder zulassen.
Im vorliegenden Fall zog sich die Hauptmieterin 1989 im Alter von ca 80 Jahren einen Schenkelhalsbruch zu und wurde zunächst zu Hause gepflegt. 1992 entschloss sie sich dazu, vorübergehend in ein Pensionisten-Wohnhaus zu gehen. Nach etwa 8 bis 9 Monaten erlitt sie dort eine Art Schlaganfall, der allerdings nicht genau diagnostiziert werden konnte. Sie war weiter eingeschränkt mobil und konnte sich mit einer Gehhilfe und später mit Hilfe eines Rollstuhls fortbewegen. Die Hauptmieterin wollte bis zu ihrem Tod in ihre Wohnung zurückkehren. Sie hat diesen Willen nie aufgegeben und immer wieder gefragt, wann sie nach Hause kommen kann. Eine eigene Wohnung war für sie besonders wichtig, weil sie eine Heimatvertriebene aus dem Sudetengau war. Ihre Verwandten haben ihr versprochen, dass sie in die Wohnung zurückkehren könne, sobald ein Aufzug eingebaut werde, um sie zu trösten. Die Nebenintervenientin hat bewusst nicht auf eine frühere „Umschreibung" der Wohnung gedrängt, um der Hauptmieterin nicht den Eindruck zu vermitteln, dass sie nicht mehr in ihre Wohnung zurückkehren kann.
Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage die Voraussetzungen für die Mietrechtsübertragung für den § 12 MRG bejaht haben, ist darin eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung nicht zu erblicken. Von dem der Entscheidung 7 Ob 168/06s zugrundeliegende Sachverhalt unterscheidet sich der vorliegende Fall schon dadurch grundlegend, dass dort der Revisionswerber erst mehr als 20 Jahre nach dem Auszug einen Rückkehrentschluss fasste, zu welchem Zeitpunkt jedoch die Rückkehr objektiv nicht mehr möglich gewesen wäre. Damit lässt sich schon aus tatsächlichen Gründen diese Entscheidung auf den vorliegenden Fall nicht übertragen.
Selbst wenn man aufgrund des Vorbringens der Nebenintervenientin, welchem sich die beklagte Partei allerdings nicht anschloss, davon ausginge, dass ab dem Jahr 2002 eine Rückkehr in die Wohnung nicht mehr möglich gewesen wäre, so bildete der zwischen diesem Zeitpunkt und der 2004 erfolgten Abtretung der Mietrechte liegende Zeitraum von etwa 2 Jahren keine Grundlage für die Annahme eines stillschweigenden Verzichts oder einer - im Gesetz zudem nicht vorgesehenen - „Verwirkung" des Rechts auf Abtretung des Mietrechts, zumal dieser Zeitraum deutlich kürzer als die üblichen Verjährungsfristen ist.
Damit hängt die Entscheidung des vorliegenden Falls aber nicht von der Lösung von Rechtsfragen der im § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung ab, sodass die außerordentliche Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.
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