OGH 5Ob134/09f

OGH5Ob134/09f1.9.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. DI Mircea M*****, 2. Dr. Andrea R*****, 3. Mag. Nicole H*****, alle vertreten durch Brandstetter, Pritz & Partner Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagte Partei Vinzenz B*****, vertreten durch Dr. Horst Auer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 24. März 2009, GZ 40 R 285/08w-21, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Döbling vom 7. August 2008, GZ 20 C 7/08h-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision des Beklagten wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Kläger haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Der am 9. Juli 2009 eingelangte Schriftsatz der Kläger wird zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit die Parteien einen Vertragsabschluss von der Einhaltung einer bestimmten Form abhängig gemacht haben, stellt stets eine Einzelfallbeurteilung dar, die regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO bildet (RIS-Justiz RS0042936 [T19]). Ob auch eine andere Auslegung der Erklärungen der Parteien vertretbar wäre, ist hier nicht zu prüfen (RIS-Justiz RS0042776; RS0042936; RS0112106 ua). Die einzelfallbezogene Beurteilung rechtsgeschäftlicher Erklärungen rechtfertigt eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs nur dann, wenn aus Gründen der Rechtssicherheit die Korrektur einer unhaltbaren, durch die Missachtung fundamentaler Auslegungsregeln zustande gekommenen Entscheidung geboten ist (RIS-Justiz RS0042776 [T22] = 7 Ob 27/02z).

Haben die Parteien für einen Vertrag die Anwendung einer bestimmten Form vorbehalten, so wird vermutet, dass sie vor Erfüllung dieser Form nicht gebunden sein wollen (§ 884 ABGB). Die Entkräftung dieser Auslegungsregel erfolgt durch Nachweis gegenteiligen Parteiwillens, also vorliegenden Bindungswillens (Rummel in Rummel ABGB³, § 884 Rz 2; 6 Ob 191/65 = JBl 1966, 142; 5 Ob 57/66 = JBl 1967, 84; 1 Ob 118/74 = JBl 1975, 369). Die Beweislast dafür trifft denjenigen, der sich auf das Zustandekommen des Vertrags berufen will (7 Ob 776/78 = MietSlg 31.098).

Die Auslegung der Vorinstanzen, dass dem Vermieter vor Unterfertigung des vereinbarten schriftlichen Mietvertrags noch kein Bindungswille zu unterstellen ist, wenn sich die Parteien auf eine wesentliche Vertragsklausel geeinigt haben, die zu ihrer Wirksamkeit von Gesetzes wegen der Schriftform bedarf, ist jedenfalls nicht unvertretbar. Auch aus den vom Revisionswerber zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs ist im Ergebnis nichts anderes abzuleiten (immolex 2000/77 = 7 Ob 179/99w, immolex 2005/93 [Weixelbaum/Prader] = 7 Ob 62/05a; wobl 2002/119 [Vonkilch] = 3 Ob 43/99s).

Auf das schlüssige Zustandekommen eines Mietvertrags durch Übergabe der Wohnung und Annahme der Kaution hat sich der Beklagte in erster Instanz nicht berufen; die darauf gerichteten Revisionsausführungen verstoßen daher gegen das Neuerungsverbot.

Kosten für die Revisionsbeantwortung der Kläger waren gemäß § 508 Abs 5 ZPO mangels zweckentsprechender Rechtsverfolgung nicht zuzuerkennen. Die nachträgliche Urkundenvorlage der Kläger verstößt gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels. Jeder Partei steht nur eine einzige Rechtsmittelschrift oder Rechtsmittelgegenschrift zu. Weitere Rechtsmittelschriften und Rechtsmittelgegenschriften, Nachträge oder Ergänzungen sind unzulässig (RIS-Justiz RS0041666 mit mehr als 150 Fundstellen).

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