OGH 13Os70/09g

OGH13Os70/09g27.8.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. August 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richters im Evidenzbüro Mag. Nowak als Schriftführer in der Strafsache gegen Frits N***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Frits N***** und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12. März 2009, GZ 041 Hv 90/08s-100, nach Anhörung der Generalprokuratur zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in allen Schuldsprüchen und demzufolge auch in den Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und in diesem Umfang eine neue Hauptverhandlung angeordnet.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte Frits N***** und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen. Dem Angeklagten Frits N***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Im ersten Rechtsgang wurden mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26. August 2008, GZ 041 Hv 90/08s-85, Frits N***** - richtig, wie der Oberste Gerichtshof sodann angesichts dessen klargestellt hat, dass sich zu einer Subsumtionseinheit nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG (wie auch nach § 28a Abs 2 Z 3 SMG) nur gleichartige Verbrechen zusammenfassen lassen, nicht aber ungleichartige wie zB hier Aus- und Einfuhr einerseits und Überlassen andererseits (13 Os 168/08t) - eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I.) sowie Jacob M***** je eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (II.) und der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (III.) schuldig erkannt. Danach haben, soweit hier von Bedeutung, in Wien und anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift, und zwar Kokain, Heroin und Morphin,

I. Frits N***** in einer insgesamt das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge aus den Niederlanden aus- und über Deutschland nach Österreich eingeführt und in Österreich einem anderen überlassen, indem er das Suchtgift im Auftrag des abgesondert verfolgten Luke Chukwaka O***** mittels PKW von den Niederlanden nach Österreich transportierte und es in Wien an Jacob M***** übergab, und zwar

1) am 15. Februar 2008 „zumindest 1 kg Heroin und/oder Kokain (Faktum 2 der Anzeige ON 10)";

2) am 28. Februar 2008 „ca 3,5 kg Heroin und/oder Kokain (Faktum 3 der Anzeige ON 10)";

3) am 11. und 12. März 2008 „8.882,80 Gramm Heroin und Morphin sowie 913,60 Gramm Kokain (Faktum 4 der Anzeige ON 10)" - an Reinsubstanz gemeint waren zumindest 207 Gramm Diacetylmorphin, 313 Gramm Kokain und 69 Gramm Monoacetylmorphin Base, die als chemisches Zerfallsprodukt von Diacetylmorphin Heroin gleichzusetzen ist" (US 8);

II. Jacob M***** in einer insgesamt das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er

1) Mitte Februar das von Frits N***** am 15. Februar 2008 übernommene Suchtgift, und zwar „zumindest 1 kg Heroin und/oder Kokain an mehrere Verteiler weitergab (Faktum 2 der Anzeige ON 10)";

2) Ende Februar „das von Frits N***** am 28. Februar 2008 übernommene Suchtgift (ca 3,5 kg Heroin und/oder Kokain)" - womit das zu I/2 genannte Heroin und Kokain gemeint ist (US 7) - „bis auf 827,10 Gramm Heroin an mehrere Verteiler weitergab (Faktum 3 der Anzeige ON 10)". Diese Entscheidung wurde mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 22. Jänner 2009, AZ 13 Os 168/08t, in den Schuldsprüchen des Angeklagten Frits N***** nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG sowie zu I/1 und 2 und des Angeklagten Jacob M***** zu II, demzufolge auch in den Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie in dem den Angeklagten Jacob M***** betreffenden Ausspruch über die Abschöpfung der Bereicherung aufgehoben und in diesem Umfang eine neue Hauptverhandlung angeordnet.

Mit dem im zweiten Rechtsgang gefällten angefochtenen Urteil wurden Frits N***** - wobei das Erstgericht abermals die gefestigte Rechtsprechung ignorierte (vgl 13 Os 168/08t) - der „Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1, 2., 3. und 5. Fall sowie Abs 4 Z 3 SMG", richtig: eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I.) und Jacob M***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG (II.) schuldig erkannt. Demnach haben in Wien und an anderen Orten vorschriftswidrig

Suchtgift

I. Frits N***** in einer insgesamt das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge aus den Niederlanden aus- und über Deutschland nach Österreich eingeführt und in Österreich einem anderen überlassen, indem er das Suchtgift im Auftrag des abgesondert verfolgten Luke Chukwaka O***** mittels PKW von den Niederlanden nach Österreich transportierte und es in Wien an Jacob M***** übergab, und zwar

1. am 15. Februar 2008 „zumindest 1 Kilogramm Heroin und/oder Kokain (Faktum 2 der Anzeige ON 10) - Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 25 % oder Heroin mit einem Reinheitsgehalt von 3 %";

2. am 28. Februar 2008 „zumindest 2 Kilogramm Heroin und/oder Kokain (Faktum 3 der Anzeige ON 10), davon 827,10 Gramm Heroin - Heroin mit einem Reinheitsgehalt von 3 % und ca 1.172,90 Gramm Heroin und/oder Kokain - Heroin mit einem Reinheitsgehalt von 3 %, Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 25 %";

II. Jacob M***** in einer insgesamt das 15-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er

1) Mitte Februar (gemeint: 2008) das von Frits N***** am 15. Februar 2008 „übernommene Suchtgift, und zwar zumindest 1 Kilogramm Heroin und/oder Kokain, an mehrere Verteiler weitergab (Faktum 2 der Anzeige ON 10) - Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 25 %, Heroin mit einem Reinheitsgehalt von 3 %";

2) Ende Februar (gemeint: 2008) das von Frits N***** am 28. Februar 2008 „übernommene Suchtgift von zumindest 2 Kilogramm Heroin und/oder Kokain bis auf 827,1 Gramm Heroin, sohin ca 1.172,90 Gramm Heroin und/oder Kokain - Heroin mit einem Reinheitsgehalt von 3 % oder Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 25 % an mehrere Verteiler weitergab".

Rechtliche Beurteilung

Das vorliegende Urteil wiederholt nicht nur - verfehlt - den bereits in Rechtskraft erwachsenen Einziehungsausspruch. Es lässt zudem, wie festzuhalten ist, gerade nicht erkennen (vgl US 4), dass sich die Schuldsprüche (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) des Angeklagten Frits N***** nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG, der zu einer dem § 29 StGB vergleichbaren Subsumtionseinheit führt (RIS-Justiz RS0117464), auch auf die im ersten Rechtsgang (zufolge der Kassation der damaligen Schuldsprüche nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG und Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht abschließend) § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG und § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG unterstellten Taten laut I.3 des Urteils des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 26. August 2008, GZ 041 Hv 90/08s-85, beziehen, was einen - von der Nichtigkeitsbeschwerde nicht aufgegriffenen - Rechtsfehler (infolge Missachtung der Subsumtionseinheit) darstellt (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO), der allerdings mit Blick auf die allein „die einschlägigen Vorstrafen" dieses Angeklagten als erschwerend wertenden Strafzumessungsgründe keinen Anlass zu amtswegigem Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO bot (vgl Ratz in WK-StPO § 290 Rz 23 f).

Der allein vom Angeklagten Frits N***** gegen das vorliegende Urteil aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu.

Zwar wird mit dem Einwand, die Feststellung, dass es sich auch bei dem Mitte Februar 2008 nach Wien gebrachten und hier weitergegebenen Suchtgift um Heroin oder Kokain handelte (US 7, zum entsprechenden Tatwillen übrigens US 9), sei vom Erstgericht „nicht näher begründet" worden, auf keine Anfechtungskategorie des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes Bezug genommen (vgl im Übrigen die Erwägungen über die nicht unbeträchtliche Entlohnung des Angeklagten für jede der beiden nun abgeurteilten Fahrten und über das aufwändig angefertigte Versteck für den zweiten Transport sowie die Erkenntnisse über Suchtgiftart und -qualität bei der sichergestellten dritten Lieferung [I.3 des Schuldspruchs im ersten Rechtsgang]; US 10 f iVm 8 oben, 12).

Zu den Konstatierungen über die Menge des Suchtgifts, nämlich beim ersten Transport „zumindest 1 kg Kokain oder Heroin" und beim zweiten „zumindest 2 kg Suchtgift Heroin und/oder Kokain, darunter 827,10 Gramm Heroin", wobei für Kokain ein Reinheitsgehalt von 25 % und für Heroin ein solcher von 3 % festgestellt wurde (US 7 f), lassen die Entscheidungsgründe jedoch (wie schon im ersten Rechtsgang) eine zureichende Begründung vermissen, indem sie sich bloß „auf die Aussagen der beiden Angeklagten" stützen, „die davon sprachen, dass bei der zweiten Fahrt 3 Päckchen (2 groß, 1 klein) geschmuggelt bzw übernommen wurden, wobei das zweite Päckchen … groß und 1 Päckchen wesentlich kleiner gewesen sein soll" (US 11 unten, 12 oben). Aus diesen Prämissen lässt sich ein aus Z 5 vierter Fall einwandfreier Schluss auf die konstatierten Suchtgiftmengen nicht ableiten. Schon dieser Begründungsmangel erforderte die Aufhebung des Urteils, und zwar in Betreff des Angeklagten Frits N***** in Stattgebung seiner Nichtigkeitsbeschwerde und hinsichtlich des Angeklagten Jacob M*****, der das Urteil unangefochten ließ, gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz zweiter Fall StPO.

Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte Frits N***** und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen. Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten Frits N***** beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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